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Debatte um neue Bahnhaltestelle

Der Verkehrsverbund will mit einer Verlegung die Müglitztalbahn attraktiver machen. Doch es gäbe auch Verlierer.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Schlottwitz. Noch schleicht sich die Müglitztalbahn am Schlottwitzer Bahnübergang an der Straße der AWG vorbei. Und das muss auch so sein, sagt Holger Dehnert. Er ist Abteilungsleiter Verkehr beim Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und kennt die Strecke aus dem Effeff. Diesem Bahnübergang fehlen die Schranken. Deshalb muss die Bahn hier langsam fahren. Aus Sicht des VVO ist das nicht optimal. Denn so gehen der Bahn wertvolle Sekunden verloren. Das mag viele überraschen, sagte Dehnert. Aber Verkehrsplaner rechnen so, erklärte er den Glashütter Stadträten am Dienstag.

© SZ

Bei Bus und Bahn geht es um Sekunden und Minuten. Denn viele Fahrgastbefragungen haben eins gezeigt: Die meisten Fahrgäste sind zufrieden, wenn sie schnell von A nach B kommen. Im Fall der Müglitztalbahn ist Heidenau ein kritischer Punkt. Denn hier steigen viele Bahnfahrer um. Die einen kommen mit der S-Bahn aus Dresden, Pirna oder Meißen, um weiter ins Müglitztal zu fahren. Die anderen kommen von da, um via Bahn zu den Städten im Elbtal zu gelangen. In Normalfall bleiben den Pendlern fünf bis sechs Minuten zum Umstieg. „Das ist nicht viel. Doch Pendler wollen es kurz“, sagt Dehnert. Dennoch kann es durch Verspätungen dazu kommen, dass man dort seinen Anschlusszug verpasst. Um dieses Risiko zu minimieren, muss die Müglitztalbahn fixer werden. So kommt sie schneller nach Heidenau, es bleibt mehr Zeit für den Umstieg.

Deshalb möchte der VVO nach und nach die verschiedenen Langsamfahrstrecken beseitigen. Dazu zählt auch die in Oberschlottwitz. Bei den Überlegungen, wie dies am Günstigsten zu erreichen ist, kam den VVO-Leuten eine geniale Idee. Da der Zug hier langsam fahren muss, könnte er hier in unmittelbarer Nähe zu den vielen Mehrfamilienhäusern auch halten. Im Gegenzug könnte die Haltestelle in Oberschlottwitz wegfallen, die vergleichsweise wenig frequentiert und weit ab vom Ort ist. Wenn es die nicht mehr gibt, könnte der Zug hier schneller durchfahren als am besagten Teilstück an der Straße der AGW. Mit der Verlegung der Haltestelle würde man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der VVO könnte die Fahrzeit verkürzen und die Bahn für die Oberschlottwitzer attraktiver machen, sagt Dehnert.

Doch es würde auch Verlierer geben. Die haben sich bei Stadtrat Franz Brand (CDU) gemeldet, nachdem die SZ die Überlegungen vor einer Woche erstmals öffentlich machte. „In Neudörfel herrschte helle Aufregung“, sagte der Schlottwitzer. Denn mit der Verlegung der Haltestelle würde sich der Weg für die Kinder aus dem Dorf zur Haltestelle verlängern. „Neudörfel liegt schon jetzt ab vom Schuss.“ Deshalb sieht auch er die Pläne kritisch. Bürgermeister Markus Dreßler (CDU) zeigte Verständnis für die Sorgen. Auch für die Mitarbeiter der Firma Fewes und die Beschäftigten, die am früheren Söhner-Standort arbeiten, würde die Verlegung nicht gerade Vorteile bringen. Dennoch sollte man den Vorschlag genau prüfen, auch in der Hinsicht, wie viele Neudörfler und Mitarbeiter der Firmen die Bahn überhaupt nutzen. „Wir werden die Vor- und Nachteile abwägen und dann entscheiden.“

Denn die Stadt muss sich an einer Verlegung von Haltestellen nicht nur finanziell beteiligen. Sie darf auch mitentscheiden. Das animierte Stadtrat Udo Herm (Wählervereinigung Johnsbach) einen Kompromissvorschlag zu machen. Er regte an, an der Straße der AWG wie vorgeschlagen einen zusätzlichen Haltepunkt zu schaffen und den jetzigen Halt in Oberschlottwitz zu einer Bedarfshaltestelle zu machen. Holger Dehnert lehnt das ab. Zum einen kostet ein weiterer Halt zusätzliches Geld, weil er auch unterhalten werden muss. Zudem widerspricht dieser Vorschlag dem Ziel, die Bahn schneller zu machen. Denn auch für einen Bedarfshalt muss Zeit im Fahrplan eingeplant werden. Von daher wird der Kompromissvorschlag keine Chance auf eine Realisierung haben. Offen ließ Dehnert, wann die Pläne so weit gereift sind, um über sie abstimmen zu lassen.