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DDR-Anhänger kehrt zurück

Das Retro-Modell HP 450 soll in Großenhain wieder in Serie gehen. Bis Ende März läuft dazu eine Kundenbefragung.

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© Anne Hübschmann

Von Jörg Richter

Großenhain. Nicht alles, was die Menschen im real existierenden Sozialismus zustande brachten, war schlecht. Manchmal wurde aus der Not sogar eine Tugend. Bestes Beispiel sind die Pkw-Anhänger, die zu DDR-Zeiten im VEB Stema Großenhain gebaut wurden. „Die konnte man gnadenlos belasten“, erinnert sich Matthias Kieslich lächelnd. Der heutige Chefkonstrukteur von Deutschlands erfolgreichstem Anhängerproduzenten arbeitet seit 1982 bei der Stema. Er weiß noch genau, wie die Großenhainer in Zeiten der Mangelwirtschaft die heute kultigen Pkw-Anhänger zusammenschraubten. „Es gab ja nichts in der DDR“, erzählt Kieslich. Die Blinkleuchten waren vom Robur, die Kennzeichenleuchten vom Barkas, die Form war an die Karosserie des Wartung 353 angelehnt. Und die Deichsel war deshalb so kurz, damit der Anhänger in die Garage vom Typ Dresden passte, wenn man ihn senkrecht hochstellen wollte, um Platz zu sparen.

Der Urvater aller Stema-Anhänger war der HP 280. So ein Exemplar steht im kleinen Museum, das sich die Stema in ihrem Verwaltungsgebäude eingerichtet hat. Mehrere Modelle von damals und heute stehen hier nebeneinander, um zu zeigen, dass die Großenhainer jahrzehntelange Erfahrungen mit Pkw-Anhängern haben.

Das neueste Exemplar, das man hier sieht, hat große Ähnlichkeit mit den älteren Modellen und ist noch gar nicht auf dem Markt. Der „Stema Retro“ – so heißt die vorläufige Designstudie – ist angelehnt an dem HP 450. „Er ist für Liebhaber in Ost und West gedacht“, sagt Stema-Geschäftsführer Michael Jursch. Denn die beliebten Hänger wurden vor der Wende auch ins nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet (NSW) exportiert. Mit jährlich 11 000 Stück war Frankreich einer der Hauptabnehmer, erinnert sich Kieslich. Die eckige Form kam gut bei den Franzosen an, passte wohl gut zum Kultauto „Ente“.

Dass der „Stema Retro“ mit solchen großen Produktionszahlen aufwarten kann, glaubt Jursch allerdings nicht. „Dieses Modell lebt von Emotionen, die wir hauptsächlich in Ostdeutschland erwarten“, sagt der Stema-Chef. „Wir gehen aber realistisch an die Sache.“ Er glaubt, dass die jährliche Produktion des „Stema Retro“ eher im kleinen dreistelligen Bereich liegen wird. „Vielleicht auch mehr“, hofft Jursch.

Auf alle Fälle sei der „Stema Retro“ ein weiteres Alleinstellungsmerkmal innerhalb einer großen Produktpalette, so der Stema-Chef. Und sein Chefkonstrukteur pflichtet ihm bei: „Wir sind die Einzigen, die sich so eine exklusive Kleinserie leisten können.“ Immerhin hat die Stema Großenhain im vergangenen Jahr rund 46 000 Hänger verkauft und damit Platz eins in Deutschland verteidigt.

Der „Stema Retro“ glänzt von Haus aus mit farbig pulverbeschichteten Seitenwänden einschließlich Deckel, der mit Gasdämpfer geöffnet und geschlossen werden kann. Die Winkelmaße der Seitenwände sind original. Um jedoch den heutigen Ansprüchen gerecht zu werden, wurden die Außenmaße in Länge und Breite vergrößert. Damit erhält er ein zulässiges Gesamtgewicht von 750 Kilogramm. Bei einem Eigengewicht von etwa 150 Kilogramm bekommt man also allerhand weg. Auch das hat der „Stema Retro“ mit den DDR-Modellen gemeinsam. Und wie das Original soll der „Stema Retro“ ebenfalls senkrecht hochgestellt werden können.

Der neue Anhänger soll nicht teurer als 1 290 Euro werden. Die Stema führt bis Ende März per Internet eine Umfrage durch, wie der „Stema Retro“ bei Kunden ankommt. Rund 600 Leute haben sich bereits daran beteiligt. Die Auswertungen der bisherigen Meinungen sind vielversprechend. 78 Prozent der Befragten finden den „Stema Retro“ gut und sehr gut. 77 Prozent könnten sich vorstellen, diesen Anhänger zu kaufen. 75 Prozent wären sogar bereit, für ihre Wunschfarbe einen Aufpreis von 260 Euro zu bezahlen. Die beliebtesten Farben sind Anthrazitgrau (36 %) und Schwarz (25 %). 60 Prozent der Befragten waren 45 bis 66 Jahre alt. „Das ist sehr interessant für uns und bestätigt eine Umfrage der Uni“, sagt Jursch. 2009 hatte die TU Dresden im Auftrag der Stema schon mal eine allgemeine Verbraucherumfrage durchgeführt. Sie ergab, dass mehr als die Hälfte aller Stema-Kunden 50 Jahre und älter ist.

Umfrage unter: www.stema-retro.de