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Dauerbaustelle nervt Anwohner

Seit Monaten gleicht die Kirchstraße einer Kraterlandschaft. Nun droht wegen eines Streits sogar der Baustopp.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Der Paketbote kommt schon seit Wochen nicht mehr bei Müllers vorbei. „Wenn wir ein Paket bekommen sollen, dann nimmt der Bote es mit nach Merzdorf und schreibt einen Zettel. Den bringt die Briefträgerin dann zwei Tage später mit“, sagt Axel Müller.

Die Paketdienste sind nicht die einzigen, für die derzeit am Ende der Kirchstraße kein Durchkommen ist. Seit Monaten schauen Axel Müller und seine Mutter Regina aus dem Fenster auf eine Kraterlandschaft. Auch ihre Einkäufe muss Regina Müller ein gutes Stück zu Fuß ins Haus tragen – und dabei auch noch vorsichtig sein. Der Absatz zwischen Fußweg und der aufgegrabenen Straße sei eine Gefahr – besonders nachts. „Eine gewisse Zeit nimmt man ja alles in Kauf“, seufzt sie. Aber mittlerweile werden die Anwohner unruhig. Denn nachdem die Kanalarbeiten im vorderen Teil der Straße in Rekordtempo vorangingen, tut sich seit Mitte Oktober so gut wie nichts. Mittlerweile könne man fast nur noch in Gummistiefeln rausgehen, klagt Regina Müller.

Besonders beunruhigend war aber aus Sicht der Anwohner ein Gerücht, das mittlerweile die Runde macht: „Ein Arbeiter hat mir kürzlich gesagt, dass hier erst mal gar nichts mehr passieren wird“, ärgert sich Axel Müller. Grund seien Streitigkeiten zwischen der Baufirma heißt Wolff & Müller und der Stadt. Niederlassungsleiter Frank Schubert bestätigt das auf Anfrage der Sächsischen Zeitung. Es gehe um Geld, konkret um eine „Forderung aus dem Vertrag heraus in sechsstelliger Höhe“. Ehe sein Unternehmen am Ende auf der Rechnung sitzenbleibe, sei das Bautempo gedrosselt worden. „Wir werden uns das nicht gefallen lassen“, so Schubert. Man habe die vereinbarten Leistungen baulich in hoher Qualität umgesetzt. Aus Schuberts Sicht zeigt das nicht zuletzt auch das schnelle Vorankommen am vorderen Ende der Straße. „Wir hatten eigentlich auch vor, die Arbeiten bis Ende 2017 fertigzustellen.“ Das wäre fast ein Jahr früher gewesen, als ursprünglich von der Stadt geplant.

Im Riesaer Rathaus hält man sich mit Details zurück. Allerdings weist Stadtsprecher Uwe Päsler die Anschuldigung zurück, die Stadt bezahle ihre Rechnungen nicht. „Die Stadt hat alle von ihr beauftragten Arbeiten bezahlt.“ Was konkret beauftragt war und bezahlt werden muss, darüber gibt es offenbar Streit. Schon bei der Auftragsvergabe hatte die Stadtverwaltung unter anderem Bedenken, was die Kostenkalkulation des Bauunternehmens angeht. Diese seien ein „nicht annehmbares Risiko“, heißt es in einer Vorlage für den Stadtrat Mitte Dezember. Nachdem die Verwaltung das Angebot abgelehnt hatte, habe die Baufirma wiederum bei der Landesdirektion Sachsen protestiert und Recht bekommen. Am Ende erhielt heißt Wolff & Müller den Zuschlag für das Vorhaben.

Trotz des Streits hoffen beide Seiten nun auf einen Kompromiss. Wie der aussehen kann, ist aber noch unklar. „Die Baufirma ist zwischenzeitlich zur Wiederaufnahme der Arbeiten aufgefordert worden“, erklärt der Stadtsprecher. „Wir gehen deshalb von einer reibungslosen Fortführung der Baumaßnahme aus.“ Frank Schubert ist da etwas zurückhaltender. Es gebe zwar noch alle Möglichkeiten, einen Baustopp abzuwenden und sich zu einigen. „Zu einem Kompromiss gehört aber, dass beide Seiten aufeinander zugehen.“ Es könne nicht sein, dass das Bauunternehmen einen großen Schritt mache, und die Stadt Riesa auf der Stelle stehenbleibe.

Die Stadtverwaltung zeigt sich noch zuversichtlich, die Arbeiten tatsächlich bis Ende Dezember abschließen zu können. „Bis zum Abschluss stehen noch einige Leitungsverlegungen, der restliche Teil der Auskofferung und schließlich die Herstellung des Planums und der Deckschicht der Straße an“, so Uwe Päsler. Noch lasse sich der Baustopp auffangen. „Zumindest soweit, dass die Straße nutzbar ist und nur noch einige Restarbeiten verbleiben.“ Das hoffen auch die Anwohner – auch wenn ihr Glaube daran mit jedem Tag kleiner wird.