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Dauer-Unterricht im Container

In Görlitz nutzen seit dem Sommer 2016 Rauschwalder Oberschüler die neuen Räume auf dem Schulhof. Kalt sind sie nicht – aber laut.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Beim ersten Hören klingt es nicht nach einem großen Vergnügen: Unterricht im Container auf dem Schulhof, während die Temperaturen draußen deutlich unter null Grad liegen. Schon im Sommer klagten die Schüler, dass es in den damals noch ganz neuen Containern viel zu warm ist. „Inzwischen haben wir uns aber gut an die Situation gewöhnt“, sagt Claudia Müller aus der Klasse 10c. Am Morgen sei es manchmal noch ein bisschen kalt in den Containern: „Aber dass wir in Jacken dasitzen, kommt nur ganz selten vor.“

Ihre Mitschülerin Elisa Wolff bestätigt, dass die Heizung gut funktioniert: „Wenn wir die hochdrehen, wird es in den Containern ganz schön warm.“ Verantwortlich für die Heizung sind die Hausmeister, sagt Schulleiter Volker Rienäcker: „Die Heizung ist äußerst leistungsfähig, man muss sie aber richtig einstellen.“ Das sei stark von den Außentemperaturen abhängig. Jeden Tag die gleiche Einstellung funktioniert also nicht. Und einfach abends zudrehen und morgens wieder anstellen gehe auch nicht. Am Anfang hätten die Hausmeister erst einmal probieren müssen: „Aber inzwischen haben sie die Situation gut im Griff.“

Sechs bis acht Unterrichtsstunden pro Woche verbringen die Zehntklässler in den Containern, auch Klassenarbeiten schreiben sie hier. Und so ganz hundertprozentig glücklich sind sie nicht damit: „Man hört nach wie vor sehr deutlich, was im Nachbarcontainer passiert, das kann störend sein“, sagt Paul Adam. In dieser Frage habe sich seit dem Sommer nichts verbessert. Lärm von draußen hingegen ist im Winter nicht das Problem: Die Kindergartenkinder von nebenan sind im Winter kaum draußen. Schulleiter Rienäcker kennt das Lärmproblem: „Mit der Kita haben wir im Gespräch eine Lösung gefunden“, sagt er.

Wegen der Lautstärke von Raum zu Raum habe er eine Anfrage beim Hersteller beziehungsweise Vermieter der Container gestellt, ob ein Schallschutz möglich ist. Eine Antwort liegt noch nicht vor. „Allerdings haben wir die Frage erst kürzlich gestellt“, so der Schulleiter. Anfangs hieß es ja, die Container seien nur für ein Schuljahr da. Doch nun steht fest, dass sie mindestens noch ein zweites Schuljahr bleiben werden. Das ist der Grund, weshalb sich die Schule jetzt um den Schallschutz bemüht.

Andere Probleme haben sich mittlerweile gelöst – etwa, dass es im Container kein Wasser gab, um die Tafeln abzuwaschen. „Wir brauchen kein Wasser mehr“, sagt Claudia Müller. Jetzt schreiben die Lehrer mit Stiften, sogenannten Boardmarkern. Um die Schrift wegzuwischen, ist kein Wasser nötig. Der Schulleiter hatte eine ganz andere Wassersorge: Dass im Winter an den Schuhen viel Feuchtigkeit in die Container geschleppt wird: „Zum Glück ist das aber nicht der Fall“, sagt Rienäcker.

Er habe keine weiteren Beschwerden zu den „Hofklassenzimmern“ erhalten. Nach Aussage von Jens Eisoldt, Klassenlehrer der 10c, ist die Situation für die Lehrer am Schwierigsten: „Wenn wir etwas vergessen haben, müssen wir noch mal zurück zur Schule.“ Außerdem müssen sich die drei Containerräume einen Beamer teilen: „Da sind immer gute Absprachen nötig.“

Das wird noch eine Weile so bleiben. OB Siegfried Deinege hatte vor zehn Tagen gegenüber der SZ erklärt: „Wir werden diese Container auf jeden Fall für ein zweites Schuljahr verlängern.“ Die genauen Schülerzahlen stehen zwar noch nicht fest, aber er will nicht ausschließen, dass auch noch ein vierter Container benötigt wird.

Über kurz oder lang aber soll der Bau einer fünften Oberschule die Situation an den bisher vier staatlichen Oberschulen in Görlitz entspannen. Hintergrund sind die gestiegenen Schülerzahlen. An der Oberschule Rauschwalde lernten im Vorjahr 370 Schüler, Anfang dieses Schuljahres schon 401. An den drei anderen staatlichen Görlitzer Oberschulen sieht es ganz ähnlich aus. An der Oberschule Innenstadt lernen 451 (voriges Jahr 429), in der Melanchthon-Oberschule 420 (voriges Jahr 389) und an der Scultetus-Oberschule 336 (voriges Jahr 300). Bis zum Jahr 2021 rechnet die Stadt bei den Oberschulen mit weiteren 250 zusätzlichen Kindern.

Wer sich von der Oberschule Rauschwalde – und den Containern – selbst ein Bild machen will, hat dazu am Freitag beim Abend der offenen Tür Gelegenheit. Der Schulleiter wird um 17.30 Uhr interessierte Schüler der jetzigen 4. Klassen und deren Eltern in der Sporthalle begrüßen. Anschließend können alle die Schule besichtigen. Schüler und Lehrer stehen bis 19.30 Uhr bereit, um Fragen zu beantworten.