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Dauer-Baustelle: Thema Schule

Die Radeberger SPD hatte auf Schloss Klippenstein zur Diskussion über Probleme beim Thema Bildung eingeladen. Mit durchaus überraschenden Ansichten.

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© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Radeberg. Gleich zu Beginn sorgte einer für Aufregung, der gar nicht da war. Weil er nicht da war. Mathias Peter, Chef der auch für Radeberg zuständigen Bildungsagentur Bautzen. Auch er war Donnerstagabend zum „Radeberger Gespräch“ auf Schloss Klippenstein eingeladen, das die SPD organisiert hatte, um über Bildung zu diskutieren. „Herr Peter hat mit dem Hinweis abgesagt, er sei der politischen Neutralität verpflichtet“, so Radebergs OB Gerhard Lemm (SPD), der das Forum moderierte. Was ihn an dieser Antwort nervte, war zum einen der Fakt, „dass wir hier ja nicht nur über, sondern eben auch mal mit der Behörde reden wollten“ – zum anderen ging ihm über die Hutschnur, dass Mathias Peter erst im August auf einer CDU-Veranstaltung in Bautzen aufgetreten war, wie er erläuterte.

Nun gut, eine muntere Debatte wurde es dennoch. Mit durchaus überraschenden Sichtweisen zum Lehrermangel und zur finanziellen Ausstattung der Schulen. Diskutiert wurde gleich mit zwei Landtagsabgeordneten – mit Sabine Friedel von der SPD und Marion Junge von der Linken – sowie zwei Praktikern: Peggy May, Chefin der Ludwig-Richter-Oberschule Radeberg, und Andreas Känner, dem neuen stellvertretenden Schulleiter des Radeberger Humboldt-Gymnasiums.

Fehlen aktuell an den Schulen in Radeberg Lehrer?

Während die beiden Landtagspolitikerinnen durchaus kritisch auf die Ausstattung der sächsischen Schulen mit Lehrern blickten, sorgte Richter-Schulchefin Peggy May mit ihrer Aussage für einige Überraschung, sie habe in Sachen Lehrern kaum Probleme. „Wir haben auch immer die notwendige Unterstützung von der Bildungsagentur bekommen“, fügte sie an. Was Lemm einerseits freute, andererseits dennoch wunderte: „Da höre ich in Gesprächen mit Bürgern immer etwas anderes.“ Wobei der OB damit wohl auch darauf anspielte, dass eine Beschwerde über massiven Stundenausfall an der Richter-Schule zum Schuljahresbeginn jüngst sogar im Stadtrat eine Rolle gespielt hatte. Sabine Friedel verwies dann darauf, „dass es in Sachsen Lehrermangel gibt, der aber noch nicht gleichmäßig überall angekommen ist“. Heißt, besonders im „Speckgürtel“ um Dresden ist es derzeit noch weniger schwierig, Lehrkräfte zu bekommen. Anders im „flachen Land“ …

Werden demnächst Lehrer auch in Radeberg fehlen?

Davon ist auszugehen, wenn sich nicht grundsätzlich etwas ändert, war Marion Junge überzeugt. „Junge Lehrer gehen in andere Bundesländer, weil sie dort besser bezahlt werden.“ Auch Andreas Känner sah am gar nicht so weit entfernten Horizont, wie er sagte, „Probleme auf uns zukommen“. Die Lösung könnten dabei auf Dauer aber keinesfalls sogenannte Seiteneinsteiger sein, war man sich grundsätzlich einig.

Wälzt Sachsen zu viele Kosten auf die Kommunen ab?

Arnsdorfs Bürgermeisterin Martina Angermann (SPD) saß im Publikum und ärgerte sich, dass der Freistaat massiv beim Thema Ganztagsangebote kürzt. „Dann springen wir Gemeinden ein …“ Sabine Friedel –  die ja als SPD-Bildungsexpertin quasi mit in Regierungsverantwortung steht – verwies darauf, dass die SPD für das Thema zwei Millionen Euro mehr herausgehandelt habe. Das reiche dennoch nicht, mahnte Marion Junge an. Wobei Arnsdorfs Bürgermeisterin Angermann ein generelles sächsisches Problem sieht: „Hier bestimmt nicht die Kultusministerin, sondern hier entscheidet alles der Finanzminister!“ Und der spare.

Statt Schul-Neubauten lieber Reaktivierung alter Standorte?

Radeberg wird im kommenden Jahr Geld in die Hand nehmen, um einen Anbau an die Pestalozzi-Oberschule zu planen. „Aber 2020 soll gebaut werden, denn dann reicht der Platz in beiden Radeberger Oberschulen nicht mehr aus“, so OB Lemm. Wobei aus dem Publikum durchaus die Frage kam, warum nicht „einfach“ vor Jahren geschlossene Schulstandorte in Wachau oder in Arnsdorf wieder als eigenständige Schulen eröffnet würden. „Weil das Kultusministerium das nicht zulässt“, stellte Lemm klar. Er habe gemeinsam mit Bürgermeisterin Angermann vor der Schließung versucht, den Standort zumindest als Außenstelle der Pestalozzi-Schule zu retten, „aber auch das wurde nicht genehmigt“. Nun mache es keinen Sinn, solchen Ideen nachzujagen, „wir müssen in die Standorte investieren, die wir noch haben“, bleibt Lemm realistisch. Zudem es für das Gebäude in Arnsdorf längst andere Ideen gibt. Eine Hälfte soll abgerissen werden und Platz für eine neue Sporthalle machen –  und im „Rest“ wird eine Art Bürgerhaus entstehen.

Weitere Diskussionsthemen des Abends – wie Inklusion oder die Abschaffung von Unterrichtsfächern – wird die SZ in den kommenden Tagen aufarbeiten.