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„Das werden drei, vier harte Jahre“

Justus Strelow läuft seine letzten Biathlon-Rennen als Junior. Eine Medaille bei der WM könnte den Umstieg erleichtern.

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© Egbert Kamprath

Von Daniel Klein

Es ist eine Art Abschied und das slowakische Osrblie die Bühne. Das letzte Mal wird Justus Strelow als Junior bei einem Biathlon-Wettkampf antreten. Die WM für die Unter-21-Jährigen, die an diesem Donnerstag für ihn mit dem Einzelrennen über 15 Kilometer beginnen, sind enorm wichtig für die weitere Karriere. „Eine Medaille ist mein Ziel“, erklärt der in Hermsdorf im Osterzgebirge aufgewachsene Strelow. „Aber das wird sehr schwer.“

Steht er in den kommenden Tagen einmal auf dem Podium, gehört er im nächsten Winter sicher zum B-Kader. Das würde den Übergang wesentlich erleichtern. Der Deutsche Skiverband (DSV) kleidet seine Besten kostenlos ein. Wichtiger als der finanzielle wäre jedoch ein anderer Vorteil: „Ich könnte mich im Materialpool des DSV mit Skiern, Schuhen und Stöcken eindecken“, erzählt er. „Sonst müsste ich mich um das ganze Equipment selbst kümmern, in Eigenregie herausfinden, was am besten zu mir passt.“ Außerdem werden die B-Kader zu mehreren Lehrgängen eingeladen.

Der Wechsel zu den Erwachsenen wird ohnehin schwer genug. „Es ist der größte Sprung in einer Biathlon-Karriere“, ahnt der 20-Jährige. Die Konkurrenz ist plötzlich viel zahlreicher, viel stärker, viel älter, viel erfahrener. „In meiner ersten Saison kann es nur mein Ziel sein, mich für den IBU-Cup zu qualifizieren“, erklärt er. Die zweite Liga im Biathlon ist schon eine gewaltige Hürde, der Weltcup ein Fernziel.

In Deutschland ist er zusammen mit drei gleichaltrigen Skijägern „ungefähr auf einem Leistungsniveau“. Die Erfahrung lehrt, dass nie ein Quartett eines Jahrgangs den Sprung schafft. Wenn eines der Talente durchkommen würde, wäre das schon ein Erfolg. Und dann ist Geduld gefragt. Von den weltbesten Männern ist derzeit nur einer jünger als 25: Johannes Thingnes Bö. „Das werden drei, vier harte Jahre“, erklärt Strelow.

Den ersten großen Schritt hat er bereits hinter sich. Im Vorjahr wechselte er von Altenberg an den Bundesstützpunkt nach Oberhof, startet aber weiter für Schmiedeberg. Am Rennsteig trainiert er in einer Gruppe mit anderen Junioren, aber auch mit den drei Weltmeistern Erik Lesser, Arnd Peiffer und Benedikt Doll. „Allein deshalb hat sich der Wechsel schon gelohnt. Ich sehe nun täglich, wie groß der Abstand noch ist.“ Der sei jedoch einholbar, findet er. „Sie sind immer noch schneller als ich, schießen aber nicht mehr an mir vorbei.“ Ein Rückstand in Reichweite. In Oberhof hat der Sportsoldat ein Zimmer in der Wintersportkaserne der Bundeswehr bezogen und von dort kurze Wege.

Um in den Kraftraum oder die Turnhalle zu gehen, muss er nicht einmal das Haus verlassen. Stadion, Rollerstrecke, Schießhalle und die Ganzjahres-Skihalle – alles ist in Laufweite zu erreichen. „Es ist noch kompakter als in Altenberg“, vergleicht er. Hinzu kommt, dass in der Kaserne auch der Waffenmeister des DSV seine Werkstatt hat. Und im sogenannten Kompetenzzentrum lagern nicht nur sämtliche Skier der Spitzenathleten, dort wird auch ständig an neuen Schliffen geforscht. „Das Know-how kann ich natürlich nutzen“, sagt Strelow. Er ist der älteste Biathlet aus Sachsen, der den Sport auf Leistungssportniveau betreibt – abgesehen von Michael Rösch, der jedoch für Belgien startet.

Auf die Biathlon-Karriere will er sich nicht alleine verlassen. Sein Abitur hat er mit 1,6 bestanden und wollte in Ilmenau Maschinenbau studieren. Dort sind im ersten Semester jedoch zwölf Praktikumswochen gefordert. Das sei nicht zu schaffen, sagt er. Als Alternative könnte er sich ein Wirtschaftsingenieur-Fernstudium vorstellen. Womöglich wird daraus auch mal die Erstbeschäftigung.

So jedenfalls sieht sein Plan B aus, wenn es nicht klappen sollte mit der großen Biathlon-Karriere. „Das Problem ist dabei nur: Wann geht man diesen Schritt, wann zieht man den Schlussstrich?“, fragt er und gibt die Antwort selbst: „Auf jeden Fall, wenn ich meine Stelle bei der Bundeswehr verliere. Denn wenn man sich allein durchkämpfen müsste, würde es ganz, ganz schwierig.“ Eine Medaille bei der Junioren-WM könnte helfen, das zu verhindern. Vergangenes Jahr wurde er im Einzel Siebenter, einen Tag später lag er mit 39 Grad Fieber im Bett, verpasste die restlichen Rennen. Zum Abschied soll es besser laufen.