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Das wahre Gesicht von Dresden?

Eine Welle der Hilfsbereitschaft hat Teile der Bürgerschaft erfasst, während Asylgegner gegen Flüchtlinge hetzen.

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© Robert Michael

Von Alexander Schneider und Tobias Wolf

Die Entschuldigung von Dresdens neuem Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) kam per Facebook-Mitteilung. Weil er im Urlaub nur sporadisch online sei, habe er den Aufbau des Zeltlagers für Flüchtlinge in der Friedrichstadt nicht mitbekommen, ebenso die „unsäglichen NPD-Gegendemonstrationen“ vor dem Camp, so Hilbert.

Keiner verlasse ohne Not Heimat und Familie. „Sie sind uns in Dresden herzlich willkommen“, schreibt Hilbert weiter. Er wünsche, dass alle Dresdner, Unternehmen, Vereine, Verbände und die Stadt ihren Beitrag leisten. „Zeigen wir, dass wir uns dankbar erinnern, als sowohl vor dem Mauerfall wie auch während der Nazizeit uns und unsere Vorfahren andere Nationen bei der Flucht selbstlos unterstützt haben.“ Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) sekundiert: „Diese Welle der Hilfsbereitschaft zeigt das wahre Gesicht unserer Stadt.“ Verunglimpfungen und Angriffe auf Zeltstadt und Flüchtlinge würden nicht geduldet. Dies sei beschämend für Dresden. Die Polizei sieht sich derweil einer unübersichtlichen Lage gegenüber. Rechtsextreme Übergriffe bei Demonstrationen am Freitag, Angriffe auf eine noch nicht bewohnte Asylbewerberunterkunft in Dresden-Stetzsch am Wochenende. In der Nacht zum Montag dann haben Unbekannte einen Sprengsatz im Auto eines Linken-Stadtrats in Freital gezündet. Polizeisprecher Thomas Geithner nannte das Wochenende einen Höhepunkt solcher fremdenfeindlicher Übergriffe. Die Polizei bewache das Zeltlager seit Freitag rund um die Uhr, könne jedoch nicht überall sein. „Es ist illusorisch, alle Unterkünfte von Asylbewerbern gleichzeitig abzusichern“, sagte er. Nicht alle Übergriffe seien zudem polizeibekannt, weil manche Sachverhalte schlicht nicht angezeigt wurden.

Am Montag sind noch einmal 48 Flüchtlinge im Zeltcamp an der Bremer Straße im Stadtteil Friedrichstadt angekommen, teilt Kai Kranich mit, der Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes. Damit leben dort jetzt 830 Menschen, darunter 30 Familien mit 90 Kindern.

Unterdessen versammelte sich Montagabend Pegida zu einer weiteren Kundgebung auf dem Dresdner Altmarkt. Von dort aus liefen die geschätzten 3 000 Teilnehmer am Haus der Presse und dem Landtag vorbei und skandierten „Lügenpresse“, „Volksverräter“ und „Wir sind das Volk“. Zur selben Zeit trafen sich am Bahnhof Mitte deutlich mehr als 2 000 Menschen zu einer Demo für die Flüchtlinge in der Zeltstadt. Auf beiden Seiten blieb bis zum später Abend alles ruhig.