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Das Vermächtnis eines Genies

Es gibt einen Film, Bücher, ein Theaterstück und nun auch in Großenhain eine Ausstellung über den Erfinder Karl-Hans Janke.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Das Elektrocello gibt ungewöhnliche, rätselhafte Klänge von sich – wie nicht von dieser Welt. Passende Musik für einen Mann wie Karl-Hans Janke, der auch für Fachleute wie den Psychoanalytiker und Wermsdorfer Klinikchefarzt Dr. Peter Grampp ein erstaunlicher Mensch war. „Was wäre Großenhain heute, wenn Janke hier geblieben wäre und alle seine Erfindungen funktioniert hätten“, fragt er ernsthaft. Vielleicht das Silicon Saxony überhaupt? Tatsächlich hat jener schizophrene Janke, der 1988 in der Anstalt gestorben ist, 1936 ein Patent auf den Hubschrauber erreicht. Er erfand den glasummantelten Tauchsieder oder den Tintenstift, dachte das Elektrofahrrad oder die Solarenergie voraus. Und konstruierte einen Beamer, lange bevor andere es taten. Doch weil er als krank galt, merkte keiner, dass er seiner Zeit weit voraus war. In der DDR wurde keiner seiner Patentanträge genehmigt.

Seine Vorstellung von einem Atomfahrrad für eine Geschwindigkeit von 30 km/Stunde wurde Wirklichkeit: Es heißt heute Elektrofahrrad.
Seine Vorstellung von einem Atomfahrrad für eine Geschwindigkeit von 30 km/Stunde wurde Wirklichkeit: Es heißt heute Elektrofahrrad. © Anne Hübschmann
Auch einen Musik-Trabant hat sich der wahnhafte Erfinder, der von 1945 bis 1949 in Großenhain lebte, einfallen lassen: Einen Welt-Atomkraftwagen.
Auch einen Musik-Trabant hat sich der wahnhafte Erfinder, der von 1945 bis 1949 in Großenhain lebte, einfallen lassen: Einen Welt-Atomkraftwagen. © Anne Hübschmann

Als Flüchtling in Großenhain

Für Großenhain wird an der am Freitag eröffneten Sonderausstellung nicht nur das große Raum-Trajekt spektakulär sein, das alle Blicke auf sich zieht. Von Bedeutung ist vor allem die Veröffentlichung einer ganzseitigen Fachanzeige für Ipagit Hartpapier. Diese ließ Janke, der in Berlin das Abitur gemacht hatte und als Flüchtling nach Großenhain gekommen war, über seinen Montagebaukasten drucken. In einem damaligen SZ-Artikel ist sogar von „auswärtigen Bauunternehmen“ die Rede, die mit Janke Häuser aus Papier bauen wollten. Allein durch Verleimen und Vernieten. Janke experimentierte mit Kunstharz als Baustoff.

Doch die früheren Großenhainer Behörden erregten sich nur an einem Protestplakat, mit dem Janke die Mangelwirtschaft anprangerte. Er wurde nach dem Tod seiner Mutter nach Arnsdorf eingeliefert, kam 1950 dann nach Wermsdorf. An die 39 Jahre lebte und arbeitete er in der Psychiatrie, war der Anstaltskünstler, der eine Unmenge an genialen Zeichnungen schuf. Die Originale sind nun hier zu sehen.

Ein Medienstar

Es ist kein Wunder, merkt der Besucher schnell, dass Janke nach der Entdeckung seines Nachlasses im Jahr 2000 zum Medienstar geworden ist. Denn bei ihm ist viel zu holen. Es gab einen MDR-Film, der in der begleitenden Vortragsreihe am 29. Oktober gezeigt wird. Ebenfalls 2007 kam ein Theaterstück auf die Bühne, Dresdner TU-Forscher gaben eine Broschüre über ihn heraus, die im Museum erhältlich ist. Auch sie sprechen noch einmal in Großenhain über Jankes wahnhaftes Erfinden – am 10. November. Dies alles greift die Fähigkeiten eines Autisten auf, der zu Unrecht in einer Anstalt festgehalten wurde. „Heute würde er vielleicht bei einer großen Firma arbeiten“, sagt Chefarzt Grampp. Als Genie.

Die Ausstellung mit umfangreichem Begleitprogramm ist bis 22. November geöffnet.