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Das verbotene Fenster

Ein Hellerauer will den Dachboden seines Hauses bewohnbar machen. Doch der Denkmalschutz stellt sich quer.

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© Norbert Millauer

Von Marcus Herrmann

Freude und Zufriedenheit über das eigene Familiendomizil will bei Claudia und Robert Poppe nicht so recht aufkommen. Derzeit sind die Hellerauer mit ihren drei ein- bis vier Jahre alten Kindern zwar häufig im denkmalgeschützten Drei-Parteien-Wohnhaus Am Grünen Zipfel, um nach und nach den Umzug aus den Hellerbergen zu organisieren. Doch seit Monaten ärgert sich die junge Familie, weil der beabsichtigte Ausbau des Dachgeschosses zu einem bewohnbaren Raum stockt.

„Ohne Nutzung des Dachbodens wird es zu eng. Deshalb möchten wir ausbauen“, sagt der 40-jährige Robert Poppe. Der Knackpunkt dabei ist, dass das Dach der Poppes nicht über ein ausreichend großes Dachflächenfenster verfügt. „Das wollen wir ändern, haben bereits die laut Sächsischer Bauordnung nötige Unbedenklichkeitsbescheinigung für Standsicherheit und Brandschutz eingeholt“, sagt Poppe. Voraussetzung dafür ist allerdings eine minimale Breite des Fensters von 66 Zentimetern sowie ein Austritt für einen zweiten Rettungsweg. „Genau das wird aber seit Monaten vom Amt für Denkmalschutz abgelehnt“, sagt er.

Aufgrund städtebaulicher Kriterien seien maximal 55 Zentimeter genehmigungsfähig, heißt es in einem Schreiben des Amtes. Für einen ausreichenden Brandschutz wäre das zu wenig. „Richten wir uns nach der Denkmalschutzbehörde, können wir den Boden nur als Lager nutzen. Oder wir verstoßen gegen Auflagen, wie es hier im Kleinhausviertel häufiger vorkommt“, sagt Poppe. Vonseiten des Denkmalschutzes sei der Familie sogar nahegelegt worden, die kleineren Fenster im Dachgeschoss einfach einzubauen und dieses illegal als Wohnraum zu nutzen. „Davon sind wir schockiert. Anstatt mit solchen Ratschlägen zu kommen, die im Brandfall Leben gefährden, erwarten wir vom Amt Alternativen“, so Poppe.

Schließlich gebe es im Viertel bereits genehmigte Rettungsfenster mit einer Breite von über 60 Zentimetern. „Das liegt aber an den verschiedenen Gebäudetypen in Hellerau, die sich in Volumen und Höhe ihrer Dächer unterscheiden“, heißt es in einer Stellungnahme der Denkmalbehörde. Größere Dachflächen könnten unter Umständen größere Fenster vertragen. Für Robert Poppe ist die strikte Haltung des Denkmalschutzes kleinkariert. „Es muss doch eine Möglichkeit zur Einigung geben. Sonst müssten wir im Ernstfall den Einzug abblasen“, sagt er.

Der Architekt Clemens Galonska kennt das Dilemma, vor dem die Poppes stehen. Seit Jahren führt Galonska Touristen durch Hellerau, wohnt selbst am Grünen Zipfel. „Früher waren die Dächer der Häuser als Lagerräume angelegt, die nur eine Öffnung für den Schornsteinfeger brauchten. Das hat sich im Laufe der Jahre und der Nutzung als Wohnraum geändert“, sagt Galonska. Das Problem in den zweigeschossigen Häusern sei der relativ kleine Wohnraum. „Das ist für Familien ungünstig.

Deswegen müssen sie im Normalfall den Dachboden wohnlich nutzen. Allerdings kollidieren bei der Genehmigung oft die Vorschriften von Brandschutz und Denkmalpflege“, so Galonska. Während das Amt für Brand- und Katastrophenschutz meist den Einbau größerer Fenster mit einer Fläche von mindestens 66 mal 140 Zentimetern fordere, sei aus Sicht des Amtes für Denkmalschutz im Kleinhausviertel bei 55 mal 78 Zentimetern Schluss.

„Größere Fenster zerstören nach deren Dafürhalten das äußere, einheitliche Erscheinungsbild der Häuser“, so der Architekt. Er weiß, dass sich nicht alle Bewohner an die Genehmigungspflichten des Denkmalschutzes halten. „Diejenigen, die es tun, sollte man dafür nicht bestrafen“, sagt er. Immerhin gibt es positive Signale aus dem Amt für Denkmalschutz: „Mittlerweile wurden Gutachten durch unsere Mitarbeiter zur Situation eingeholt. Diese sollen noch in diesem Jahr zu einem Besprechungstermin aller Beteiligten im Amt für Kultur- und Denkmalschutz führen“, so ein Mitarbeiter der Behörde. Eine für alle Seiten akzeptable Lösung werde angestrebt. „Das wird auch Zeit“, findet Robert Poppe. „Die Bauaufsicht hat uns die Genehmigung ja schon erteilt. Jetzt liegt es am Denkmalamt, dass wir endlich ausbauen können.“