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Das ungebaute Dresden

Immer wieder hat es in der Geschichte der Stadt Projekte gegeben, aus denen nichts geworden ist. Eine Auswahl.

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© Postkarte: Sammlung Naumann

Von Philipp Eller

Manchmal dauert es etwas länger, bis gebaut wird. Bei der Waldschlösschenbrücke etwa vergingen von den ersten Ideen bis zum Bau mehr als einhundert Jahre. Andere Vorhaben gelangten nie über Planungen hinaus oder wurden abgebrochen. Hier eine unvollständige Liste solcher Projekten, die das Bild der Stadt teilweise verändert hätten – wären sie denn Realität geworden.

Porzellanmodell August III. für ein Denkmal.
Porzellanmodell August III. für ein Denkmal. © Karpinski/Porzellansammlung SKD

Ein neues Residenzschloss

Als August der Starke (1670–1733) sächsischer Kurfürst und polnischer König wurde, war das Dresdner Schloss schon vollkommen veraltet. Der Bau ging vor allem auf die Um- und Ausgestaltung unter Kurfürst Moritz in der Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. Nachdem der Ostflügel und das Georgentor 1701 abgebrannt waren, sah August der Starke die Chance, sich ein angemessen repräsentatives Schloss bauen zu lassen. Landesbaumeister Conrad Dietze schlug einen 520 Meter langen Neubau aus Staats-, Wohn- und Festgebäuden vor. Das Schloss hätte sich von der Augustusbrücke bis hinter die Semperoper erstreckt.

Nachdem 1706 schwedische Truppen Sachsen besetzt hatten, wurde das Vorhaben fallengelassen. August der Starke konzentrierte sich auf den Ausbau des bestehenden Gebäudes. 1710 ging der Architekt Matthäus Daniel Pöppelmann (1662–1736) zu Recherchen nach Wien und Rom. Dessen Pläne sahen einen Ostflügel mit monumentaler Schauseite zur Stadt hin vor. Um für die Hochzeit des Kurprinzen mit einer Habsburgerin angemessene Räume zu haben, wurde nach 1717 jedoch erst einmal begonnen, das 16 Jahre zuvor abgebrannte Schloss wieder aufzubauen. Der König gab zwar die Neubaupläne nie ganz auf. Doch sind diese weder unter ihm noch seinen Nachfolgern Wirklichkeit geworden.

Der weltgrößte Porzellankönig

Der Sohn August des Starken ist nicht annähernd so populär wie der Vater. Dabei war er als August III. (1696–1763) der zweite sächsische Kurfürst auf dem polnischen Königsthron und zudem ein wichtiger Kunstmäzen. Dem heimischen Kurfürstentum hinterließ er jedoch bei seinem Tod 1763 unter anderem einen Berg Schulden. Drei Mal wurde Sachsen unter seiner Regentschaft in die damaligen Kriege zwischen Preußen und Österreich hineingezogen mit regelmäßig unglücklichem Ausgang und großen Schäden. In der Folge versank das völlig ruinierte Land in der politischen Bedeutungslosigkeit.

Dennoch meinte der kunstsinnige Monarch, ein Denkmal verdient zu haben. Wie der Vater wollte auch er sich in römischer Rüstung auf einem Pferd darstellen lassen. Der Bildhauer Johann Joachim Kändler (1706–1775) sollte ihn elf Meter hoch aus Porzellan formen. 1755 konnte der König das lebensgroße Gipsmodell im Hof der Albrechtsburg Meißen betrachten. Einzelne Teile des Reiterstandbildes waren schon fertig als 1756 der Siebenjährige Krieg ausbrach. Preußische Truppen rückten in Sachsen ein. Der König floh zusammen mit seinem Premierminister Heinrich von Brühl (1700–1763) nach Warschau. Nach dem Krieg stand der Wiederaufbau des Landes im Vordergrund, der Bau der wahrscheinlich größten Porzellanfigur der Welt gehörte nicht dazu. Das Gipsmodel wurde 1779 vernichtet, der bereits gefertigte Kopf gilt seit 1945 als verschollen. Nur noch das 1,23 Meter ‚kleine‘ Modell in der Porzellansammlung gibt heute eine Vorstellung vom Aussehen des geplanten Denkmals.

Die Gehhilfe für Sommerfrischler

Die Hügel über dem Blauen Wunder in Loschwitz bieten einen tollen Blick auf Stadt und Natur. Verkehrstechnisch hat die Berglage jedoch Nachteile. Um den Aufstieg zu erleichtern, wurde 1895 die Standseilbahn zum Weißen Hirsch eröffnet. Ab 1901 verband die Schwebebahn Oberloschwitz mit der Stadt. Wer aber vom einen auf den anderen Berg will, muss durch den Loschwitzgrund. Zu weit und anstrengend für die Sommerfrischler und Kurgäste auf dem Weißen Hirsch, befanden um 1900 die Bewohner von Neurochwitz.

Die Gastwirte in Rochwitz und Oberloschwitz wollten auch von den wohlhabenden Gästen auf der anderen Seite des Grundes profitieren. Der Architekt Paul Marcus entwarf deshalb 1911 eine kühne Metallkonstruktion von der Weißer-Hirsch-Straße über die Grundstraße hinweg zur Straße Am Weißen Adler. Die damals selbstständigen Gemeinden Rochwitz, Weißer Hirsch und Loschwitz unterstützten das Vorhaben. Die Finanzierung war noch nicht gesichert als der Erste Weltkrieg ausbrach und es andere Probleme als fußfaule Sommerfrischler gab.

Platz für Hunderttausende

Nicht nur für Berlin hatten die Nationalsozialisten große Pläne. Auch die sächsische Hauptstadt wollten sie umgestalten. Zwischen Hygienemuseum und Großem Garten sollte ein pompöses neoklassizistisches Gauforum mit Aufmarschplatz, Parteigebäuden und Versammlungshalle – größer als das dortige Stadion – entstehen. 1937 wurde der Architekt von Hygienemuseum und neuer Augustusbrücke, Wilhelm Kreis, mit den Planungen beauftragt.

Der Grundstein für das ‚Gauhaus‘ wurde im März 1939 gelegt. Das Aufmarschgelände davor hätte 200 000 Menschen Raum geboten, in der ‚Halle der Volksgemeinschaft‘ auf der anderen Seite des Platzes wären 40 000 Menschen untergekommen. Für diese Menge sollte die gesamte Verkehrsinfrastruktur der Stadt umgebaut und für Prachtstraßen große Teile der bestehenden Bebauung abgerissen werden. Dann begann der Zweite Weltkrieg. 1941 wurden die Arbeiten eingestellt.

Eine neue Neustadt

In den 1980ern war die Äußere Neustadt schon lange nicht mehr neu. Der größte Teil der Häuser war vor dem Ersten Weltkrieg errichtet worden und musste saniert werden. Den Wohnungen fehlten Toiletten, Bädern und Heizungen. Dennoch wohnten 1990 noch immer 18 000 Menschen dort. Schon 1976 gab es einen städtebaulichen Wettbewerb.

Passiert ist jedoch nichts. Die Baukombinate hatten wenig Interesse, Altbauten zu sanieren und Lücken zu schließen. Mit Neubausiedlungen am Stadtrand ließen sich die Planvorgaben leichter erfüllen. Die Stadt sah die Lösung deshalb 1987 in einer Kahlschlagsanierung. Vor allem zwischen Alaunplatz und Louisenstraße sollten ganze Straßenzüge dem Bagger zum Opfer fallen. Mittlerweile sind nur noch wenige Häuser in dem Gebiet nicht saniert.