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Das Treffen der alten Amerikaner

Oliver Krug ist ein echter Sonntagsfahrer. Aber keiner mit Cordhut und Wackeldackel.

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© Eric Münch

Von Nadja Laske

Liebe – Zuneigung – Pflege. Diesen Hinweis hat Oliver Krug mit auf den Weg bekommen. Vor zwölf Jahren, als er seinen Chrysler kaufte, standen die Worte im Online-Angebot. Eine Art Gebrauchsanweisung. Schließlich erwarb er ein seltenes Stück. Wie selten, das merkte er erst, als er Ersatzteile für seinen Imperial LeBaron zu suchen begann.

Denn für den Zweitürer, Baujahr 1969, gab es keine. Jedenfalls keine Karosserieteile, nichts, was zur Ausstattung des amerikanischen Straßenkreuzers gehört. „Motoren- oder Getriebeteile konnte ich noch kaufen, die wurden auch in anderen Modellen verbaut und sind auf dem Ersatzteilmarkt zu finden“, sagt der 47-Jährige. Für den großen Rest musste sich der gelernte Koch etwas einfallen lassen.

Gestern glänzte sein dunkelblauer Liebling vor der Käseglocke auf dem Postplatz. Um für die US Car Convention, das große Dresdner Autotreffen, zu werben, hatte nicht nur Oliver Krug seinen sechs Meter langen Schlitten aus der Garage rollen lassen. Auch andere Sonntagsfahrer waren mit ihren Schmuckstücken ins Zentrum gekommen. „Sunday-Cruiser“ nennen sie sich, ein Freundeskreis, der sich regelmäßig zu Stammtischen und gemeinsamen Ausfahrten trifft. Oliver Krug hat ihn gegründet und eine Handvoll Gleichgesinnter zu sich ins Familien-Lokal „Zur Post“ in Langebrück eingeladen, als die Tinte unter dem Kaufvertrag seines allerersten Amerikaners trocken war. Den hatte er ein Jahr vor dem Chrysler gekauft. Einen Chevrolet Camaro, der jedoch zu klein war, als Krugs Tochter geboren wurde. Bald parkte an jedem ersten Freitag des Monats ein Dutzend Straßenkreuzer vor der „Post“, und heute kommen bis zu 70 Liebhaber dorthin – mit oder ohne eigenes Auto.

Ein Leben ohne kann sich Oliver Krug nicht vorstellen. Die Oma im Westen war für ihn als Knirps die Beste, wenn sie ihrem Enkel Matchbox schickte. Mindestens 50 davon schob er im Kinderzimmer-Fuhrpark hin und her. „Als ich zehn Jahre alt war, ist uns mal ein Chevrolet Corvette auf der Straße begegnet, der hat mit Lichthupe gegrüßt und die Schlafaugen hoch- und runtergeklappt, das war das Größte“, erinnert sich Oliver Krug. Mit 18 machte er den Führerschein und kaufte sich sein erstes Auto: einen Trabant Kombi. Rot lackiert. In Serie gab es den nicht. Zum Glück kannte sich sein Vater als Karosseriebauer aus. Ein glücklicher Umstand, der Oliver Krug bis heute wirtschaften hilft. „Mein Bruder hat Sattler gelernt und mir eine schöne schwarz-rote Innenausstattung für meinen Trabi gebaut.“ Darauf war er besonders stolz. Später fuhr er Wartburg und schließlich einen Golf. Über Genex, den Geschenkdienst- und Kleinexport, der es DDR-Bürgern erlaubte, Produkte aus dem Westen zu ordern. Auch da half die West-Oma.

US-amerikanische Fernsehserien wie „Ein Colt für alle Fälle“, „The Duke of Hazzard“ und „American Gothic“ waren Vorbilder und nährten den Traum von der großen Freiheit. Am Rande des Tals der Ahnungslosen wohnend konnte Oliver Krug Westfernsehen empfangen. „Wir hatten zwar kein super Bild, aber immerhin.“

Nun holt er den Imperial ans Tageslicht, wenn das Wetter stimmt und sich die US-Car-Freunde zur Spritztour finden. Dann gondeln sie gemächlich zur nächsten Eisdiele und freuen sich, wenn Spaziergänger die Kameras zücken. Auch auf dem Postplatz blieben gestern Vormittag genügend Bewunderer stehen. Ein Vater hob seinen Sohn von den Schultern, der wollte so gern mal in Krugs Auto sitzen. Kein Problem, bereitwillig hielt er die Wagentür auf und der Dreikäsehoch strahlte.

Dabei war das nur ein kleiner Vorgeschmack. Vom 11. bis zum 13. Juli werden bis zu 1 000 US Cars alten und neueren Baujahrs in der Flutrinne parken. Im vierten Jahr der Convention soll das Treffen noch größer werden als bisher, kündigen die Veranstalter Matteo Böhme und Mathias Lindner an. Die Dresdner Sunday-Cruiser haben dafür wohl den kürzesten Weg. Bei 20 Liter Verbrauch ein angenehmer Heimvorteil. Doch ums Vielfahren geht es den wenigsten Teilnehmern. Manche kommen von so weit her, dass sie ihre Oldtimer lieber auf Anhängern transportieren. Allerdings spielen Baujahre keine Rolle. Hauptsache aus Amerika, das Alter ist egal.

Bands werden spielen und shoppen können die Besucher gehen. Nicht nur Ersatzteile, sondern auch stilechte Klamotten. Eine Modenschau ist geplant, Friseure und Tätowierer bieten ihre Dienste an. Und auf die Fußball-WM muss auch im Ostragehege kein Fan verzichten: Das Endspiel als Wunschkonzert wäre dann wohl Deutschland gegen USA.

US Car Convention: Eröffnung am 11. Juli, 18 Uhr in der Flutrinne; 12. Juli Programm ab 8 Uhr; 13. Juli, 13 Uhr Start zur großen Ausfahrt. Tagesticket 6 Euro, Wochenendticket 10 Euro

www.us-car-convention.de