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Das teure Heiratsversprechen

Eine Berlinerin soll einen Klingenberger abgezockt haben.

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© Frank Baldauf

Von Stephan Klingbeil

Klingenberg/ Dippoldiswalde. Der Schmerz sitzt noch immer tief, die Enttäuschung ist groß. Ein 59-Jähriger aus Klingenberg dachte, er hätte im Sommer 2013 die Frau fürs Leben gefunden. Bei einem Alkoholentzug in einer Klinik nahe Schwerin lernte er die Berlinerin kennen.

Nun, mehr als drei Jahre später, ist der Frührentner nur noch schlecht auf die Frau zu sprechen. „Diese Person ist eine gnadenlose Heiratsschwindlerin. Sie hat mir den allerletzten Cent aus der Tasche gezogen“, sagt der gefrustete Klingenberger vor Kurzem am Amtsgericht in Dippoldiswalde.

Dort musste sich die 52-Jährige wegen Betrugs verantworten. Die Strafrichterin sollte klären, ob die Angeklagte ihren ehemaligen Verlobten tatsächlich und vorsätzlich getäuscht hat, um an dessen Geld zu kommen. Die Anklage ging davon aus, dass die Frau den heute 59-Jährigen, um mindestens 11 640 Euro geprellt hat. Insgesamt war sogar die Rede von rund 18 000 Euro.

Der Mann habe der Angeklagten mehrmals Geld überwiesen, damit sie Schulden begleichen kann, damit der Gerichtsvollzieher ihr nicht die Wohnung ausräumt. Er habe der Frau und ihrer damals minderjährigen Tochter zudem im Zeitraum von September 2013 bis März 2014 Kleidung, Möbel, Lebensmittel und anderes bezahlt.

„Ich habe das gemacht, weil das in einer Familie so üblich ist“, erklärt der Mann. „Sie hat mir doch versichert, dass sie mich heiraten will und sie mit ihrer Tochter und mir in eine Wohnung nach Dresden zusammenziehen will.“ Doch daraus wurde nichts. „Ich habe das Geld leider in den Sand gesetzt“, fährt der Frührentner fort. Außer einer Einmalzahlung von 1 000 Euro habe die Berlinerin nichts zurückgegeben.

Eigentlich war die Angelegenheit schon geklärt. Der vermeintliche Betrugsfall beschäftigte schon mal das Amtsgericht Dippoldiswalde. Im September 2015 wurde das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt. Als Auflage dafür sollte die Frau dem Mann 2 000 Euro geben. Doch sie zahlte nicht. Der Prozess wurde so neu aufgerollt.

„Ich hatte kein Geld“, erklärt die arbeitslose Berlinerin. Vor dem Dippoldiswalder Gericht versicherte sie: „Es war Liebe, ich habe ihn nicht betrogen.“ Vielmehr, so sagt die Beschuldigte, habe er sie mit Geschenken überhäuft, von sich aus.

Unangekündigte Besuche im Suff

Die beiden ehemaligen Alkoholiker hatten sich im Sommer 2013 kennen und lieben gelernt. Sie besuchte ihn im Elternhaus in Klingenberg. Er fuhr mehrmals – oft unangekündigt – nach Berlin zu der Angeklagten und ihrer Tochter. Am 12. September 2015 machte er ihr einen Heiratsantrag, im Auto vor ihrem Haus. Sie stimmte später auch schriftlich, per E-Mail, zu. Da es ihrem Verlobten immer mal wieder schlechtging, besorgte sie die Trauringe – für 99 Euro.

Aus der im Februar 2014 in Wien geplanten Hochzeit wurde nichts. Obendrein meldete sich die Frau wochenlang nicht. Er drängelte, wollte wissen, woran er ist. Als er ihr schrieb, dass er von seinem Arbeitgeber eine satte Abfindung erwarte, hatten beide wieder Kontakt. Als er sie dann aber anrief und sagte, sie sei „die teuerste Hure Deutschlands“, war die Beziehung zu Ende.

„Er hat meine Mutter eingeengt und er war bei Besuchen auch besoffen“, sagt ihre Tochter. Seine Rückfälle seien der Grund gewesen, wieso sie mit dem Klingenberger nichts mehr zu tun haben wollte. Sogar von Stalking seinerseits war vor Gericht die Rede. „Ich hatte Angst, selber wieder rückfällig zu werden“, erklärt die Angeklagte.

Vor Gericht gab der Mann zu, dass er im Dezember 2013 nach einem Rückfall psychologisch behandelt wurde. Am liebsten hätte er schon nach dem ersten Prozess mit „der Sache abgeschlossen“. Doch sein Geld will er zurück. Und seien es nur 2 000 Euro.

Aus strafrechtlicher Sicht liege hier jedoch kein Betrug vor: Da waren sich Staatsanwalt, Verteidigerin und auch das Gericht einig. Eine vorsätzliche Täuschung könne nicht nachgewiesen werden. Die Berlinerin wurde deshalb freigesprochen. Allerdings: Der Klingenberger sagte der SZ, er will nun zivilrechtlich gegen die Frau vorgehen.