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Das schweigende Klassenzimmer

Viele Probleme oder viel heiße Luft? Was an den Görlitzer Innenstadt-Schulen derzeit wirklich los ist, lässt sich schwer rausfinden.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Susanne Sodan

So richtig können Josephine und Oliver Tiedtke die Berichte über Probleme an der Oberschule Innenstadt gerade nicht nachvollziehen. „Es fällt manchmal Unterricht aus, das stimmt. Aber an welcher Schule ist das gerade nicht so?“, fragt Josephine Tiedtke, Elternsprecherin an der Oberschule Innenstadt. Derzeit besucht ihr großer Sohn die Oberschule. „Und ihm geht es dort gut“, sagen Josephine Tiedtke und ihr Mann. Vor allem das Engagement der Lehrerschaft sei groß. „Die Lehrer geben sich richtig Mühe.“Wenn ein Kind Nachhilfe benötige, sei das kein Problem. „Wenn Arbeiten anstehen, dann lernen die Lehrer auch noch mal extra mit den Kindern und wenn man wirklich ein Problem hat, lässt sich das klären.“ Die Probleme, die in der noch vertraulichen Studie der Stadt anklingen, kann sie so jedenfalls nicht bestätigen.

Im heutigen Stadtrat wird die Studie zur Görlitzer Schulsituation Thema sein. „Aktueller Stand Planung Kita und Schule“, so heißt es zumindest auf der Tagesordnung. In dieser Studie, die die Stadt erarbeitet hat, werden verschiedene Problemlagen dargelegt, mit denen manche Görlitzer Einrichtungen derzeit zu kämpfen haben. Vor allem gehe es um Kitas und Schulen im Innenstadtbereich. Eine der Schwierigkeiten: In einzelnen Schulen sei der Migrantenanteil und der Anteil von Schülern stark gestiegen, die im Fach „Deutsch als Zweitsprache“ zunächst die deutsche Sprache gut genug lernen müssen, um am Unterricht teilnehmen zu können. Außerdem ist die Rede von zunehmenden Spannungen zwischen Schülern mit problematischem sozialem Hintergrund und zwischen Schülern verschiedener Nationalitäten. Lehrer und Erzieher würden mit der Situation teils nicht zurechtkommen, mahnen Unterstützung an. Dazu kommen Schwierigkeiten, die viele sächsische Schulen zu beklagen haben: „Keine Entspannung beim Unterrichtsausfall“, steht in der Studie, und: „keine Entspannung in der Lehrerversorgung erkennbar.“ Man kann das alles noch so oft zitieren, konkreter und greifbarer werden die Ausführungen aber trotzdem nicht. Worum konkret geht es eigentlich, was ist derzeit los an den Innenstadtschulen, hätte man gerne gewusst. Oder ist manches auch heiße Luft, worauf die Aussagen der Elternvertreter schließen lassen?

Eine Zeile in der Studie lässt erahnen, dass zumindest die Lehrer der Oberschule Innenstadt nicht zu hundert Prozent zufrieden sind. Es ist die Rede von einem Lehrerschreiben, das an die Stadt und auch an den sächsischen Ministerpräsidenten ging. „Das von Ihnen angesprochene Lehrerschreiben der Oberschule Innenstadt Görlitz ist unserem Haus bekannt“, bestätigt auch Angela Ruscher, Sprecherin des Landesamtes für Schule und Bildung in Bautzen. Aber zum Inhalt hält sich das Amt bedeckt. Gemeinsam mit der Stadt Görlitz und dem Kollegium der Schule sei man „im Konsens, die nicht immer leichten Aufgaben des Schulalltages unter Beachtung aller regionalen Begebenheiten zu meistern“. Es wird aber um Verständnis gebeten, „dass dienstliche Angelegenheiten hierbei nicht näher benannt werden“.

An der Oberschule Innenstadt hatte erst vor einem reichlichen Jahr, im Februar 2017, Constanze Groß die Schulleitung übernommen. Nun, ein Jahr später, hat sie diesen Posten schon nicht mehr inne, seit Februar ist Constanze Groß nicht mehr Schulleiterin der Innenstadt-Oberschule, bestätigt Angela Ruscher. „Sie hat ihr Dienstverhältnis beendet“, erklärt Frau Ruscher. Die Schulleiter-Stelle werde jetzt neu ausgeschrieben. Bis sie besetzt ist, ist Angelika Hahn die kommissarische Schulleiterin. Aber ein Gesprächstermin mit ihr klappt nicht. Die momentane Arbeitssituation lasse eine Führung durch die Schule derzeit nicht zu, teilt Angelika Hahn mit. „Der hohe Krankenstand verschärft die Situation noch“, schreibt sie. Aber immerhin, zu einem späteren Zeitpunkt seien ein Gespräch und ein Besuch möglich.

Auch in der Grundschule am Fischmarkt ist derzeit wohl viel zu tun, ein Gespräch nicht möglich. „Wir sind aktuell mit der Planung des neuen Schuljahres voll ausgelastet und haben aufgrund von Erkrankungen eine sehr hohe zusätzliche Arbeitsbelastung“, teilt Schulleiter Thomas Grahle mit. Er nimmt aber doch kurz Stellung zur Situation an seiner Schule: Allgemein könne er sagen, dass das Schulleben an der Fischmarkt-Grundschule sehr gut funktioniere. „Kinder mit Migrationshintergrund lernen in der Regel sehr schnell die deutsche Sprache und sind absolut integriert“, so Thomas Grahle. Bei den Grundschulen hat die am Fischmarkt in diesem Schuljahr den höchsten Anteil von Schülern ohne deutschen Pass: 56 Prozent. Dass es trotzdem gut laufe, habe vor allem mit der aufopferungsvollen Arbeit der Lehrkräfte, der Schulhelfer, der Schulsozialarbeiterin, der Leiter der Ganztagsangebote zu tun. „Insbesondere durch die vielen, speziellen Förderstunden und den engen Kontakt zu den Elternhäusern sind die Lernerfolge enorm.“