Merken

Das sagen Straßenbauer zum Plossen

Viele Fragen zum Ausbau der S 177 in Meißen sind noch offen. Die Verantwortlichen scheuen die öffentliche Debatte nicht.

Teilen
Folgen
© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Eine Wortmeldung jagt die nächste. Seit dem die etwa 1 000 Seiten zum Planfeststellungs-verfahren „Ausbau Plossenkurve/S 177“ öffentlich ausliegen, vergeht kaum ein Tag, an dem sich nicht mehr oder weniger bekannte Personen aus Kultur, Kunst, Politik oder Wirtschaft äußerten. Meistens kritisch. Mal wird die Notwendigkeit eines grundhaften Ausbaus samt neuem Geh- und Radweg bezweifelt oder die geplante Vollsperrung von zwei Jahren genauso scharf kritisiert, wie die Umleitungsstrecke durch Siebeneichen oder die mangelnde Informationspolitik gegenüber den 3 000 Anwohnern am Plossen.

Die Kritik ist im Wesentlichen immer an die gleichen Adressaten gerichtet: Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) sowie die Meißner Stadtverwaltung mit Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) an der Spitze. Zu den wichtigsten Punkten, die öfter zu Missverständnissen führen, nimmt nun das Lasuv Stellung. Unter anderem erklärt Pressesprecherin Isabel Siebert, wieso eine Tonnage-Begrenzung am Plossen unrealistisch ist. Weitere wichtige Fragen zum Thema Plossen-Ausbau beantwortet die SZ.

Warum soll unter Vollsperrung und in diesem Umfang saniert werden?

Grundsätzlich, so Holger Wohsmann, Niederlassungsleiter des Lasuv in Meißen, halte man sich bei der Ausbau-Planung am Plossen an ein technisches Regelwerk, die sogenannte Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (Rast). Demnach sei eine umfassende Sanierung wegen der schlechten Straße und der schlechten Qualität des Hangs absolut notwendig. „Es ist unstrittig, dass der Innenradius der Haarnadelkurve zu klein, die Straße zu schmal und die Längsneigung der Straße viel zu hoch ist“, so Wohsmann.

Wie im Planfeststellungsverfahren vermerkt, könne dieses Problem baulich gelöst werden: Durch den Bau einer Stützmauer und die Verbreiterung der Fahrbahn auf circa elf Meter. Eine andere Variante sei hinsichtlich der zu gewährleistenden Sicherheit nicht möglich. „Wenn wir Geld in die Hand nehmen, dann auch für einen grundhaften Ausbau. Anders geht es nicht, sonst würde sich der Bundesrechnungshof bei uns melden. Schließlich geht es um Steuergelder“, sagt Isabel Siebert. Eine kurzzeitige oder nur einseitige Sperrung mit Ampelregelung sei bei der notwendigen Ausbauvariante samt Eingriff in den Hang durch eine Stützwand und den Bau einer sogenannten Lehnbrücke unmöglich.

Warum gibt es keine Tonnage-Begrenzung für Lkw bis 7,5 t?

Dazu sagt Lasuv-Sprecherin Siebert: „Gemäß Paragraf 3 Absatz 1, des sächsischen Straßengesetzes sind Staatsstraßen öffentliche Straßen, die untereinander oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und dem Durchgangsverkehr dienen. Staatsstraßen sind daher dazu bestimmt, regionalen und auch überregionalen Lkw-Verkehr aufzunehmen. Eine Tonnagebegrenzung würde grundsätzlich der Widmung der Staatsstraßen widersprechen.“

Heißt: Das Lasuv darf keinen Abschnitt der S 177 und somit auch nicht die Plossenkurve für Lkws sperren. Damit das möglich würde, müsste die Straße – wie vor 2009 als Meißen noch mehr als 30 000 Einwohner hatte – wieder zu einer städtischen Straße umgewidmet werden. Ein nicht realistisches Szenario. „Außerdem“, betont Holger Wohsmann, „ist der Bau der Stützmauer nach außen und die Verbreiterung der Straße völlig unabhängig von der Menge der Lkw am Plossen.“ So haben die Brummis keinen Einfluss auf den Umfang des Bauwerks.

Was und wann wird etwas für eine verständliche Bürger-Info getan?

Das Lasuv tendiert zu einem Bürgerforum im kommenden Jahr. Bei dem sollen sowohl Holger Wohsmann als auch Isabel Siebert mit dabei sein. Veranstaltungsort könnte etwa das Meißner Rathaus sein. „Das Treffen soll zur Verbesserung der Kommunikation auf allen Seiten beitragen. Derzeit bereite ich eine Präsentation samt Visualisierung dafür vor“, sagt Wohsmann. Eine erste, allgemeine Info zu den Straßenbauplänen werde er womöglich schon im Rahmen des September-Stadtrates geben. Wann genau die Bürgerinformation stattfindet, soll zeitnahe bekannt gegeben werden.

Dass die Anregungen ernst genommen werden, unterstreicht Wohsmann: „Wir wären ja verrückt, wenn wir planen würden, was die Bürger nicht wollen. Aber dabei haben wir uns an Gesetze zu halten.“ Im Übrigen habe es bereits im November 2010 eine Bürgerveranstaltung zum Thema Plossenausbau in Meißen gegeben. „Mich irritiert, dass jetzt von einigen Stellen so getan wird, als wäre alles neu. Dabei haben sich die Herausforderungen im Vergleich nicht verändert.“ Ausführliche Gespräche zu den Planungen habe er sowohl mit einigen Bewohnern des Plossen als auch mit Kritikern wie Walter Hannot geführt. Ihm habe er zugesagt, eine neue Auswertung zum Verkehrsfluss am Plossen in vier bis acht Monaten vorzulegen.

Wer entscheidet über die Einsprüche von Bürgern oder Institutionen?

Bis zum 26. August kann jedermann seine Einwände gegen das Planfeststellungsverfahren schriftlich oder mündlich vorbringen. Die Prüfung erfolgt ab dem Herbst. Die Behörde, die letztlich die Entscheidungen trifft, ist die Landesdirektion. „Allerdings kann die Landesdirektion nichts vorgeben, sondern nur Beantragtes genehmigen oder ablehnen“, sagt Holger Wohsmann. Für diese Anträge – etwa aufgrund einleuchtender Einwände von Bürgern – ist das Lasuv zuständig. Es könnte Korrekturen vornehmen und die Pläne anschließend erneut auslegen. Gegen Genehmigungen der Landesdirektion können Bürger über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgehen.

Wann könnte der Bau frühestens beginnen und wie teuer wird er?

Je nachdem, wie sich die Landesdirektion zu möglichen Einsprüchen verhält, könnte ein Beschluss zur Planfeststellung 2019 erfolgen. Wahrscheinlicher ist, dass es 2020 wird. Baurecht dürfte es nach vorsichtiger Schätzung frühestens in drei bis vier Jahren geben. „Eine verlässliche Prognose ist zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich. Es werden auf jeden Fall noch viele Jahre vergehen, bevor die Vollsperrung in Kraft tritt“, sagt Isabel Siebert. Eine Sperrung vor 2025 hält sie eher für unwahrscheinlich. Die Kosten für den Bau der Lehnbrücke mit der Verbreiterung der Straße samt neuem Geh- und Radweg dürften circa 8,5 Millionen Euro betragen.

Sollen die geplante Umleitung durch das Naturschutzgebiet alle nutzen?

„Nein“, sagt Wohsmann. „Sie soll ausschließlich für Krankenwagen, Müllautos, Polizei und stark frequentierte Busverbindungen nutzbar sein.“ Pkw und Lkw müssten während der zweijährigen Bauzeit über die B 101 oder B 6 ausweichen. Im Endeffekt sollen also nur Anlieger die Umleitung nutzen können. Dass Unbefugte die Strecke entlang fahren, könnte z. B. durch Verkehrsschilder oder eine Schranke mit Berechtigungskarte verhindert werden. Dass die Umleitung umwelttechnisch machbar ist, ist übrigens bereits festgestellt worden. „Die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde durchgeführt und liegt den Planungsunterlagen bei“, erklärt Wohsmann.

Rollt nach dem Ausbau mehr Verkehr durch die Meißner Innenstadt?

Damit sei nicht zu rechnen, sagt Isabel Siebert. Die Verkehrsentwicklung auf der S 177 sei rückläufig, gleichwohl die Straße insgesamt überdurchschnittlich befahren werde. Im Jahr 2000 wurden am Abzweig Reichenbach noch 7 147 Kfz pro Tag gezählt (davon zehn Prozent Schwerlaster), 2015 dagegen nur noch 5 074 (fünf Prozent Schwerlaster). Für die Kreuzung der S 177 mit der Gellertstraße wird mit einem Rückgang von derzeit 7 500 auf 7 300 Kfz pro Tag gerechnet. Dafür würde sich die Situation für alle Verkehrsteilnehmer, inklusive Radfahrer und Fußgänger, stark verbessern.