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Das Rudel schrumpft, aber es lebt

Die Bedeutung des Public Viewing lässt nach. Dennoch gucken Fans die WM immer noch gern gemeinsam – auch im großen Rahmen.

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© dpa

Von Thomas Weitekamp

Totgesagte leben länger. Das gilt auch für das Rudelgucken. Rund um den Weltmeisterschafts-Auftakt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Mexiko waren zumindest die großen Fanzonen des Landes gut gefüllt. Das Public Viewing erfreut sich weiter einiger Beliebtheit – auch zwölf Jahre nach dem Sommermärchen bei der Heim-WM 2006 und trotz des Fehlstarts in die Endrunde 2018.

„Zuletzt wurde ja schon einige Male das Ende des Public Viewings verkündet“, sagte Urs Pfeiffer von der Commerzbank-Arena in Frankfurt am Main. „Die Leute, die zu uns kommen, beweisen das Gegenteil.“ Auch Anja Marx von der Fanmeile in Berlin konnte „keinen Rückgang im Vergleich mit den Vorjahren feststellen. Es ist richtig voll.“ Mehr als 10 000 Anhänger verfolgten den holprigen Beginn am Brandenburger Tor. In der Hauptstadt richtet die Ausrichter sich erneut auf bis zu 300 000 Menschen bei den Spielen des Titelverteidigers ein. In Hamburg kickte Bürgermeister Peter Tschentscher auf dem Heiligengeistfeld im Stadtteil St. Pauli 15 Minuten vor dem Anpfiff einen Ball in die Menge und eröffnete damit das Public Viewing. Das etwa 40 000 Zuschauer fassende Areal füllte sich mit rund 20 000 Fans zirka zur Hälfte. An der Galopprennbahn in Köln-Weidenpesch versammelten sich außerdem etwa 11 000 Menschen zum gemeinsamen Mitfiebern.

15 000 zahlende Fans verfolgten das erste Spiel beim Turnier in Russland im Stadion des DFB-Pokalsiegers Bundesligisten Eintracht Frankfurt. „Verglichen mit anderen Auftaktspielen sind wir sehr zufrieden. Wir erleben einen richtig schönen Start in die WM“, sagt Pfeiffer. So sei der Andrang in der Vergangenheit häufig erst „im Lauf des Turniers richtig groß geworden“.

Dass das Rudel in den vergangenen Jahren geschrumpft ist, steht allerdings außer Frage. „Viele andere Anbieter können nichts mehr machen oder mussten deutlich einschränken“, sagt Pfeiffer. Auch in den Ballungsräumen beschränken sich die Übertragungen zumindest in der Vorrunde auf die deutschen Spiele.

Die Gründe dafür sind vielschichtig. Scheinbar Banales spielt da eine Rolle. Beispielsweise werden Großbildfernseher immer erschwinglicher und machen auch privates Gemeinschaftsschauen eher zum Erlebnis. Es wuchs aber auch die Sorge vor Terroranschlägen immer mehr und ist nicht zu unterschätzen. Massive Sicherheitsvorkehrungen kosten Geld. Geht der Andrang zurück, dann muss sich ein Public Viewing eben erst mal rechnen.

„Die Sicherheitsmaßnahmen verändern sich. Das ist auch bei uns nicht anders“, sagt Pfeiffer: „2016 haben wir das schon gemerkt. Jetzt haben wir zusätzlich Lastkraftwagen-Sperren und auch verstärkte Einschränkungen bei den Taschenkontrollen.“ In Berlin gehörten Betonpoller schon bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren zum Bild. Außerdem überprüft das Landeskriminalamt im Vorfeld alle Mitarbeiter auf dem Gelände.

Auch die Fans müssen ausführliche Einlasskontrollen durchlaufen. Das Verständnis dafür ist allerdings groß. Es geht schließlich um ihre Unversehrtheit. „Die Fanmeile ist doch der sicherste Ort, um öffentlich Fußball zu schauen“, sagt Marx. „Im Biergarten wird nichts überprüft, bei uns alles kontrolliert und bedacht.“ (sid)