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Das rollende Automobil-Museum

Unterwegs in der Knutschkugel oder einem Studebaker Commander? In Ottendorf-Okrilla gab es genau das zu sehen.

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Ottendorf-Okrilla.Für Oldtimerfreunde aus Sachsen und Brandenburg war Ottendorf Okrilla am Sonntag die „Hauptstadt ihrer Leidenschaft“. Von Unkenrufen, wegen des Straßenbaus an der B 97 würden diesmal weniger Teilnehmer starten, blieben die erfahrenen Veranstalter unbeeindruckt. Wie die Starterliste zeigt, waren diesmal sogar mehr Teilnehmer am Start als beim letzten Mal. Darüber freut sich Toni Richter von den Oldtimerfreunden natürlich. Doch bis die Startflagge hochgeht, dauert es noch einen Moment. Hans Uwe Walter füllt diese Minute. Und jeder kann es miterleben: Dieser Mann ist ein wandelndes Lexikon der Automobilgeschichte. Zu jedem der 122 Fahrzeuge weiß er interessante Details zu berichten. Das beeindruckt die vielen Besucher, die schon zum Ausfahrtsstart an die Ottendorfer Kühnmühle gekommen waren. Helmut Noack steht zu diesem Zeitpunkt noch im Schatten. Er ist mit seinem Dixi DA 1 aus dem brandenburgischen Tettau angereist. Die Begrüßung dauert. Er ist ist hier ein alter Bekannter. „Ich bin ein Fan der Ottendorfer Zuverlässigkeitsfahrten. Erstens sind die Veranstalter mehr als professionell. Die Strecken sind liebevoll zusammengestellt und vorbereite, falls notwendig steht auch ein Pannenservice bereit. Außerdem kann man hier viele Gleichgesinnte treffen.“ Eberhardt Zirrgiebel aus Dresden begleitet seinen Kumpel auf dieser Ausfahrt. Wer glaubt, dass Autos reine Männersache sind, wird von Irene Wünsche widerlegt. Die Radeburgerin ist mit einer BMW Isetta aus dem Jahre 1956 nach Ottendorf gekommen. Dieser Wagen wurde im Volksmund auch Knutschkugel genannt. Von Bernd Fehrmann aus Dresden ist vieles aus der Deutschen Automobilgeschichte zu erfahren. Mit seinem Protos C1 fährt er ein Auto, dass auf den Straßen höchst selten zu sehen ist. Grund: Dieses Protos Model soll nämlich nur 6 000 Mal hergestellt worden sein. In den Jahren 1918 und 1924. In der automobilen Weltgeschichte hat die 1898 gegründete Firma ebenfalls Fourore gemacht. Legendär wurden die Berliner Autobauer als Teilnehmer der damals längsten Autoreise der Welt. Im Jahre 1908 fuhr man von New York nach Paris. Die Route ging durch Kanada, Alaska, China, die Mongolei, Sibirien und Russland. Von sechs teilnehmenden Startern erreichte der Protos mit Oberleutnant Hans Koeppen am Lenkrad am 26. Juli 1908 als Erster das Ziel in Paris. Zuerkannt wurde aber nur Platz zwei, da die Crew nicht in Alaska war... Großes Aufsehen erregte gestern auch der Studebaker Commander von Johann Zschornack aus Schmeckwitz. Dieser US-amerikanische Pkw war eine Augenweide. In den 20er Jahren lief er in Hamilton (Ontario) vom Band. Vielleicht war er etwas zu extravagant, wegen unzureichender Verkaufszahlen blieb das Model nicht lange in der Produktpalette. Wie der Wagen nach Deutschland kam ist nicht bekannt. Begeisternd aber ist es zu sehen, wie liebevoll Johann Zschornack das Fahrzeug wieder hergerichtet hat.

Bilder vom Ottendorfer Oldtimertreffen

Fest steht: Auch die Zuverlässigkeitsfahrt hat einmal mehr gezeigt, welchen Stellenwert die engagierten Oldtimerfreunde Ottendorf-Okrilla haben. Zahlreiche Geschichten hinter den Geschichten legendärer Fahrzeugkarossen sind an der Ottendorfer Kühnmühle wachgeworden. Auch die vom Auf und Ab des sächsischen Automobilbaus. „Für mich ist Ottendorf- Okrilla ein Ort mit einem besonderen Zauber. Das kommt von den zahlreichen Aktivitäten der hiesigen Oldtimerfreunde. Ich bewundere sie, weil sie den enormen Aufwand für diese Veranstaltungen meisterlich bewältigen. Dafür haben sie höchsten Respekt verdient“, macht Manfred Erler aus Dresden klar.