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Das quirlige Leben in der Festung

Vor 425 Jahren wurde Dresdens Schutzsystem noch einmal erweitert. Gefeiert wurde darin ordentlich.

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© Wikimedia/W. Bässler

Von Monika Dänhardt

Das laue Wetter ist der Kälte gewichen, Flanieren auf der Brühlschen Terrasse bereitet jetzt nicht mehr den richtigen Genuss. Eine gute Zeit, um sich unter dem „Balkon Europas“ umzuschauen: in der Renaissance-Festung Dresdens. Die Brühlsche Terrasse befindet sich auf ihrem Elbwall. Betritt man ihn und damit das Innere der nördlichen Stadtmauer, so finden sich viele Zeugnisse vergangener Verteidigungsgeschichte: Wachstuben, Geschützhöfe, Wehrgänge, Kanonenhöfe. Mit ein bisschen Fantasie sieht man die über den Hof marschierenden Soldaten, die Befehle gebenden Offiziere, die Würfel spielenden Wachleute in den Stuben. In diesen Mauern spielten sich Schicksale ab. Auch zwei, die nichts mit Kanonen und Schießpulver zu tun hatten. In einem der Gewölbe befand sich das Labor, in dem Johann Friedrich Böttger und Ehrenfried Walter von Tschirnhaus das „Weiße Gold“, europäisches Hartporzellan, erfanden. Doch dies war erst Anfang des 18. Jahrhunderts und hat seine eigene Geschichte.

Die der Festung beginnt in vollem Ausmaß Mitte des 16. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit residierte der spätere Kurfürst, Herzog Moritz, in Dresden und herrschte über sein reiches Herzogtum. Ein kluger Mann, der für Fachfragen auch Fachleute an den Hof holte. Im Bauwesen war dies Herzog Caspar Vogt von Wierandt. Der damals etwa 40-jährige Wierandt begleitete Moritz, wenn er im Auftrag des Kaisers mal wieder auf Kriegspfad war. So sahen sie die unterschiedlichsten Befestigungsanlagen. Das Schutzsystem, welches die Norditaliener entwickelt hatten, gefiel ihnen wohl am besten. Und so wurde um Dresden zwischen 1545 und 1555 eine „Bastionärbefestigung“ errichtet. Ihre Vollendung erlebte Kurfürst Moritz nicht mehr. Er starb 1553.

Wie so eine Bastion aussah, wird in der Broschüre „Festung Dresden – Rundgang“ von Eva Papke beschrieben: „Unter einer Bastion versteht man eine mit Geschützen bestückte vorspringende Anlage im Hauptwall eines größeren Wehrbaus ... Gewaltige Wälle sollten Kanonenkugeln widerstehen. Die in Schussweite voneinander gebauten Bastionen sprangen wie kleine Pfeile aus diesem Wall ...“ Dresden war als erste deutsche Stadt mit einem zwar teuren, dafür aber wirkungsvollem geschlossenen „Bastionärsystem“ umgeben. Dies wurde mit den Jahren erweitert und umgebaut. Unter anderem durch Oberzeug- und Baumeister Paul Buchner, nach dessen Plänen vor 425 Jahren ein Ausbau der Kleinen Bastion in Richtung Osten erfolgte. In den folgenden drei Jahren entstand eine neue Bastion in neuitalienischem Stil als Erweiterung vorhandener Bauten. Dafür war viel harte körperliche Arbeit nötig. Zu den neuen Bauwerken gehörte die heute noch bestehende Jungfernbastei, die ihren Namen nach einer an der Spitze aufgestellten Figur bekam. Die heute noch sichtbaren Mauern der Bastion reichen mehrere Meter unter das jetzige Geländeniveau. Sie sind etwa vier Meter dick. Im Inneren der Bastion entstanden drei große Kasematten, die durch einen Gang verbunden waren. In den Kasematten wurden Waffen gelagert, auch waren hier die Soldaten zu Kriegszeiten sicher untergebracht. Und natürlich konnte man aus der Bastion die Feinde beschießen.

Auf der Jungfernbastei befand sich bis 1945 ein immer wieder neu errichtetes Luxusschloss, Belvedere genannt. Das erste Belvedere wurde 1747 durch eine Explosion des darunterliegenden Pulvermagazins zerstört. Danach übernahm Heinrich Graf Brühl die Oberfläche der Festung. Er ließ einen Garten anlegen und ein neues Belvedere bauen, welches den Siebenjährigen Krieg nicht überstand. Das dritte Belvedere gab Fürst Repnin-Wolkonski 1814 in Auftrag, das Vierte entstand 1842.

Das Leben in der Festung war quirlig und nicht frei von Konflikten. Die Chroniken berichten von Wachen, die lieber spielten als Wache schoben. So war dann schon mal ein Erlass wie dieser nötig: „Es sollen auch die Zeugdiener, so sie ein oder andern Spiel antreffen dies melden, die Bretter und andere Spiele wegnehmen und verbrennen, oder in Unterlassung dessen, selbst diese Strafe erwarten.“ Auch getrunken wurde viel, was manchem eine Degradierung einbrachte: „Ist wegen übermäßigen Vollsaufens, in dem er am Heil. Neu Jahres Fest, deswegen nicht mit aufziehen können, in die 3. Rotte gesetzt“. Mit der Rückversetzung, und derer gab es viele, wurde der Sold des Betreffenden geringer.

Mittlerweile ist es schon fast 24 Jahre möglich, die im Inneren der Bastion gelegenen umfangreichen Zeugnisse der Festung Dresden zu besichtigen und damit eine Zeit kennenzulernen, die weit vor dem barocken Dresden lag.

Winterhalbjahr-Öffnungszeiten bis 31. März: Mo bis Fr und So 10 bis 17 Uhr (vom 12. 1. bis 30.1. geschlossen), Sa: Führungen mit dem Verein Brühlsche Terrasse stündlich zwischen. 10 und 16 Uhr