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„Problem ist das schlechte Image“

In der Dresdner Neustadt nimmt die Kriminalität zu. Ortsamtsleiter André Barth zieht Bilanz für 2017.

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© Christian Juppe

Von Sarah Herrmann

Herr Barth, 2016 haben Sie gesagt, dass die Neustädter durchaus Sorgen wegen der Kriminalität haben. Ist daraus Angst oder Sorglosigkeit geworden?

Weder noch. Dass die Neustadt unsicher wäre, wird vor allem von den Medien nach außen transportiert. Damit wird ein Image aufgebaut, das so nicht ganz stimmt. Die Neustadt ist ein beliebter Wohnort sowie ein attraktives Ausgeh- und Szeneviertel. Das ist genau das, was mir auch von den Anwohnern gespiegelt wird. Dennoch ist die Kriminalitätsbelastung, die es vor allem an den Wochenenden nach Mitternacht gibt, nicht wegzureden. Deshalb bleibt es nach wie vor unser Ziel, das einzudämmen.

Anders gefragt: Die kommunale Bürgerumfrage zeigt, dass die Dresdner sich in Prohlis und Gorbitz am unsichersten fühlen. Erst danach kommt die Neustadt. Eine Überraschung?

Für mich ist das keine Überraschung. Das Problem ist vielmehr das schlechte Image der Neustadt. Mir hat mal jemand gesagt, in die Neustadt könne man nicht gehen, weil das zu unsicher sei. Daraufhin fragte ich, ob derjenige schon einmal da war. Er verneinte. Ich denke aber, dass wir auf einem guten Weg sind, was den Ruf der Neustadt angeht. Wir haben in diesem Jahr viele kleine Pflänzchen gesät, die nun wachsen müssen.

Die da wären?

Wir haben die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Sicherheit und Ordnung weitergeführt und dabei so viele konkrete Maßnahmen umgesetzt, wie in keinem anderen Stadtteil. Das habe ich nicht im Alleingang gemacht, sondern immer in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Partnern. Um ein paar Beispiele zu nennen: Ich habe einen Vertrag für die Nutzung des Scheune-Vorplatzes ausgehandelt. Dadurch haben wir dort auch die Reinigung in den Griff gekriegt und haben jetzt einen festen Ansprechpartner für das Areal. Ich denke, das hat wirklich was gebracht.

Außerdem haben wir die Straßenbeleuchtung in diesem Jahr zuerst in der Äußeren Neustadt wieder angeschaltet und auch für Licht auf der Treppe zur Turnhalle der Dreikönigschule gesorgt. Wir haben viele kleine Stadtteilprojekte umgesetzt, zum dritten Mal in Folge die Müllmenge im Alaunpark reduziert, alle Spätshop-Betreiber in die Rücknahme pfandfreier Flaschen eingebunden sowie Pfandringe an den Mülleimern angebracht. Ein großer Erfolg war auch, dass die Stelle der Neustadt-Kümmerin besetzt sowie ein Kontaktcontainer eingerichtet wurde.

Stehen die Leute dort schon Schlange?

Wir haben durchaus noch Kapazitäten. Manuela Möser ist aber auch erst seit 11. September im Einsatz. Bisher kamen Anwohner, Gewerbetreibende, Träger und Institutionen. Wir wollen das Angebot im nächsten Jahr noch bekannter machen. Dazu wird unter anderem gerade ein Beitrag für den neuen Facebook-Auftritt der Stadtverwaltung verfasst.

Mit welchen Anliegen kann man denn zur Neustadt-Kümmerin gehen?

Die Schwerpunktthemen waren bisher Fragen zu Ordnung und Sicherheit. Außerdem wurde ein Bedarf nach Räumen für Veranstaltungen und Projekte deutlich. Dabei zeichnet sich ab, dass eigentlich problematischer ist, dass Ressourcen und Strukturen nicht bekannt sind, um an diese Räume zu gelangen. Unser Ziel ist prinzipiell die Förderung von Eigeninitiative. Wir wollen dabei helfen, dass andere ihre Projekte auf die Beine stellen können.

Und ist das bereits geglückt?

Ein konkretes Projekt konnten wir bereits unterstützen. Es nennt sich „NEUstattTRAUM – NEUSTADT(t)RAUM“ und ist ein Projekt, um Räume in der Neustadt mitzugestalten und die Neustädter für ihren Stadtteil zu aktivieren. Die Initiatoren treffen sich einmal monatlich im Kontaktcontainer, der barrierefrei umgebaut wurde.

Und gibt es schon Pläne für 2018?

Wir planen Aktionen, bei denen wir vor allem die Gäste der Neustadt ansprechen und für Thermen wie Lärm und Sauberkeit sensibilisieren. Außerdem sind verschiedene Dialogveranstaltungen und Diskussionen sowie Fotoprojekte geplant.

Jetzt haben wir viel über Erfolge gesprochen. Was waren für sie denn die großen Flops 2017 in der Neustadt?

Richtige Misserfolge gab es meiner Meinung nach eigentlich nicht. Manchmal bin ich ein bisschen ungeduldig und würde mir wünschen, dass einige Dinge schneller vorangehen. So hatte ich beispielsweise gehofft, dass die Bautzner Straße saniert wird. Das wäre dringend nötig. Allerdings haben dort verschiedene Belange – unter anderem bezüglich des Denkmalschutzes – dazu geführt, dass der Baustart noch einmal ins kommende Jahr verschoben wurde. Auch dass sich die Entscheidungsfindung zum Globus-Areal an der Leipziger Straße so hinzieht, finde ich nicht erfreulich. Und um es vorsichtig auszudrücken: Sicherlich sollte die Anmeldung zur Bunten Republik Neustadt (BRN) 2018 besser gestaltet werden als in diesem Jahr.

Womit wir bei ihren Wünschen fürs kommende Jahr wären.

Die Wohnprojekte an der Stauffenbergallee und am Jägerpark sollten realisiert werden. In der Neustadt werden Wohnungen dringend gebraucht. Natürlich müssen dabei aber auch andere Belange beachtet werden. Stichwort Verkehr: Die Anwohner aus dem Preußischen Viertel befürchten eine hohe zusätzliche Lärmbelastung. Auch bei der Umgestaltung des Königsufers ist es wichtig, dass dies verträglich umgesetzt wird. Mit der Planungswerkstatt haben wir die Bürgerbeteiligung dort auf eine völlig andere Ebene gehoben. Damit soll auch Identität geschaffen werden. Außerdem würde ich im kommenden Jahr auch gerne mal vermelden, dass die Sanierung des Hotels Stadt Leipzig wirklich beginnt. Bisher sage ich immer wieder nur, dass sie beginnen könnte. Und wer weiß: Vielleicht findet sich ja auch eine gute Idee für eine weitere Schwimmhalle im Dresdner Norden.

Diese Wünsche drehen sich vor allem um die bauliche Stadtteilentwicklung. Was ist mit den anderen Themen?

Die Lernbedingungen in den Schulen sollen und werden sich verbessern. Die Sanierung der Dreikönigschule wird fortgesetzt. Das Berufsschulzentrum auf der Melanchtonstraße wird erweitert und erneuert. Auch für die 15. und 19. Grundschule stehen Sanierungen an. Außerdem hoffe ich, dass der Baustart für die neue 148. Grundschule auf dem Drewag-Gelände an der Lößnitzstraße möglich ist. Ansonsten wünsche ich mir natürlich vor allem, dass das Image der Neustadt wieder besser wird und wir aus dieser Problematik des Unsicherheitsgefühls wieder rauskommen. Die Neustadt soll wieder zur alten Neustadt werden. Bunt und laut war sie schon immer. Polizeieinsätze können nicht dauerhaft eine Lösung sein. Auch wenn wir mit der Polizei gut an einem Strang ziehen. Insgesamt wünsche ich uns allen ein wenig mehr Gelassenheit – wenn Probleme auftreten, aber auch untereinander.

Das Gespräch führte Sarah Herrmann