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Schicksal der Schaubäckerei bewegt

Die Supermarktpläne der Stadt und das drohende Aus der Schaubäckerei an der Oststraße bewegen die Kamenzer. Auch auf Facebook,

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© Matthias Schumann

Frank Oehl

Kamenz. Nach wie vor wird in Kamenz die mögliche Ansiedlung eines großen Supermarktes unterhalb der Lessingschule sehr kontrovers diskutiert. Einen weiteren Anlass gaben jetzt die Aussagen der Betreiber der Schaubäckerei Kahre auf der gegenüberliegenden Seite der Oststraße. Nach allem, was sie bisher zum Thema erfahren haben, sollten die Messen längst gesungen sein, heißt es. Bereits seit einem Jahr bemühe sich die Rathausspitze, Kahres zu einem Umzug ihres Geschäftes zu bewegen. Gefragt wird: Organisiert die Verwaltung von höchster Stelle selbst den Verdrängungswettbewerb? Die SZ hat sich umgehört. Zum Beispiel auf Facebook.

Gleich mehrere Stadträte haben sich zum Thema geäußert. So stellt Maik Weise (CDU) klar, dass „nur durch unsere Notbremse“ in der Sitzung vom 4. Mai das Sondergebiet Handel in der Bebauungsplanung noch einmal behandelt werde. „Das Thema ist nicht vom Tisch. Es gibt momentan nur eine Sperre für die Umsetzung. Es lohnt sich also weiterzukämpfen.“ Offenbar werde hinter den Kulissen nach wie vor am Supermarkt gearbeitet.

Volker Johne (Linke) hätte sich gewünscht, dass Familie Kahre direkt an die Stadträte herangetreten wäre. „Ich möchte die Sache gern von Familie Kahre selber hören, denn die Zeitung nimmt sich auch gerne die Freiheit, einige Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen.“ Wenn dem aber so sein sollte wie geschildert, hätte alles einen bitteren Beigeschmack. Marco Peltzer (fraktionslos) hingegen lobt die Stadtverwaltung ausdrücklich. „Die Damen und Herren dort leisten einen überaus engagierten Job. Wir sollten vielleicht mal Danke sagen für die Einsatzbereitschaft und das persönliche Engagement vom OB bis zum Mitarbeiter.“

Für mehr Bürgerbeteiligung

Peltzer fordert Torsten Petasch auf, der sich auch auf Facebook zum Thema gemeldet hat, seine Kritik „am besten zur nächsten Stadtratssitzung im Punkt Fragen von Bürgern“ anzubringen. Das müsste dieser aber gar nicht tun, weil er ja selbst berufener Bürger im Stadtentwicklungsausschuss ist. Petasch beklagte nach zwei Ausschusssitzungen dieser Woche, dass von einem angekündigten Aufeinanderzugehen in der Stadt noch keine Rede sein könne. „Schon deshalb bin ich für die Einrichtung eines elektronischen Beteiligungsportals in der Stadt, das vom Innenministerium gefördert wird. Dort könnten viele Fragen aus verschiedenen Richtungen gestellt werden.“ Zum Beispiel: Wie zufrieden ist ein Stadtrat mit der Arbeit der Stadtspitze? Wie zufrieden ist der OB mit der Arbeit seiner Stadträte? Was möchte der Bürger? Wie zufrieden sind Stadträte und berufene Bürger mit der Teilhabe der Bürgerschaft an den Sitzungen? „Da gäbe es schon heute null Punkte. Wir sitzen uns dort für ein Butterbrot den Allerwertesten breit, da wäre eine Teilnahme manchmal wirklich ermutigend und eine Unterstützung.“

Rege Debatte auf Facebook

Auf Facebook jedenfalls nimmt das Volk zum Thema rege teil. Michael Schiewack: „Es wäre schön, wenn ortsansässiges Handwerk erhalten bliebe.“ Katja Walter: „Wir haben schon genug Billig-Bäcker. Ich zahl lieber mehr und hab prima Qualität – auch am zweiten Tag !“ Peggy Seiler: „Eine bodenlose Frechheit! Einheimische Betriebe mit guter, leckerer Ware – die ihren Preis wert ist – werden kaputt gemacht, damit alles billiger und geschmackloser wird?“ Burkhard Thamke: „Scheinbar scheint alles unter Dach und Fach zu sein. Wieso sucht sonst der Neue schon Personal? Wo sind hier unsere Stadträte? Haben die überhaupt noch ein Mitspracherecht?“ Marlies Tietzmann: „Mir fehlen die Worte. Wir wollen die mittelständischen Unternehmen stärken, und hier ist ein Unternehmen, das einfach wegorganisiert werden soll. Es ist unfassbar, dass wir einfach hinnehmen sollen, dass ein Familienunternehmen einem Anbieter von Massenware weichen soll.“ Alexander Maschke: „Also, wenn es wirklich so wäre, dass das Rathaus die Umsiedlung schon öfters versucht hat, wieso wird dies dann jetzt erst gesagt? Wir sind schon länger im Kampf gegen den Einzelhandelsmarkt, aber davon war bisher nichts zu hören. Umso wichtiger ist es, dass wir schnellstmöglich eine sachliche Diskussions- und Informationsplattform bekommen. Das von Peter Sondermann vorgeschlagene Beteiligungsportal wäre nützlich, auch um die Informationen zu Themen zu bündeln, damit das Aneinandervorbeireden aufhören kann.“ Göran Heichel: „Es wäre sehr schade um eine Bäckerei mit immer sehr freundlichen und wirklich kundenorientierten Mitarbeitern und einem gemütlichem Café.“

Die Antwort aus dem Rathaus

Das Rathaus hat auf mehrere SZ-Fragen zu den Vorwürfen der Schaubäckerei bereits am Mittwochnachmittag geantwortet, allerdings ohne die Geschäftsverlagerung von Amtswegen zu bestätigen. Da sich die Wirtschaftsförderin aus persönlichen Gründen derzeit nicht im Dienst befinde, könnten die Fragen dazu in der Kürze der Zeit nicht beantwortet werden, so Pressesprecher Thomas Käppler. „OB Roland Dantz bedauert, dass sich Frau Kahre nicht an ihn persönlich gewandt bzw. ihre Fragen auf der letzten Einwohnerversammlung nicht öffentlich gestellt hat.“ Die Verwaltung habe die Schaubäckerei immer unterstützt, schon bei der Ansiedlung, insbesondere bei der Klärung der Parkmöglichkeit direkt vor dem Geschäft. „Auch dadurch konnte die Attraktivität dieser Bäckerei erhöht werden, die sich dank des dort durch die Geschäftsführerin und deren Mitarbeiter angebotenen Services großer Beliebtheit erfreut.“

Grundsätzlich sei es aber so, dass jeder Gewerbetreibende – im Rahmen der geltenden Gesetze und Regelungen – selbst entscheidet, in welcher Form und an welchem Standort er sein Gewerbe ausübt. Es bleibe bei der im Mai-Stadtrat festgelegten Verfahrensweise zum B-Plangebiet Gründerzeit, die eine Beteiligung der Bürger, insbesondere das Einbringen ihrer Ideen und Vorschläge vorsehe.