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Das neue Haus der Tangotänzer

Eine junge Familie saniert ein Eckhaus in der Görlitzer Altstadt. Oben will sie wohnen. Im Parterre entsteht der „Kulturraum Gö“.

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Von Ingo Kramer

Im Moment führen die Türen im ersten Stock des Altstadthauses beide nach draußen – nach links auf die Terrasse, nach rechts ein bisschen ins Nichts. „Morgen kommen die neuen Balken für das Dach des Anbaus“, sagt Bauherr Alexander Göpfert. Dann führt die rechte Tür nicht mehr an die frische Luft, sondern in den Raum, der mal zum Gästezimmer werden soll.

Das Eckhaus Langenstraße/Sporergasse.
Das Eckhaus Langenstraße/Sporergasse.

Die beiden Türen kann man aber auch als Symbol verstehen für das, was das Haus besonders macht und was man nicht ahnt, wenn man vor dem Eingang an der Langenstraße steht: Nach hinten gibt es, entlang der Sporergasse, einen langgezogenen Anbau, aber auch einen für Altstadt-Verhältnisse gar nicht mal kleinen Garten. Und darüber, im ersten Stock, eine schöne große Terrasse. „Ganz ohne Grün hintendran hätten wir das Haus wohl auch nicht gekauft“, sagt Ehefrau Karen Göpfert.

Die beiden hat es beruflich nach Görlitz verschlagen. Der heute 40-jährige Kontrabassist aus Leipzig war zuerst da, im Jahr 2007. Da hatte er eine Stelle am Theater bekommen. Ein Jahr später fand seine 37-jährige Frau, die ursprünglich aus Wolfen stammt, eine Stelle bei Siemens in Görlitz – und kam nach. Nachdem beide anfangs dachten, dass sie nach ein paar Jahren wieder weg sind, haben sie sich mittlerweile entschieden, zu bleiben. „Irgendwann will man sich ja mal niederlassen“, sagt Karen Göpfert. Ihr Mann, der mittlerweile freischaffend arbeitet, hat sich hier ein berufliches Netzwerk aufgebaut, die beiden Söhne sind schon vier und neun Jahre alt.

Zum Niederlassen gehört für die Familie ein Haus – und das sollte möglichst im Stadtzentrum stehen. „Dieses hier habe ich zuerst im Internet entdeckt“, sagt Alexander Göpfert. Die Vorbesitzer lebten in Bayern, sie hatten es als Einfamilienhaus vermietet. Im Jahr 2012 zogen die Mieter aus, im Januar 2013 kauften es die Göpferts. Und seit Juli 2014 ist es nun eine Baustelle. Seither hat es schon ein neues Dach bekommen, die Fenster folgen demnächst, dann wird die Fassade ausgebessert und hellgrau gestrichen. Das alles soll schon im Oktober abgeschlossen werden.

„Und Weihnachten wollen wir einziehen“, hofft der Hausherr. Erster und zweiter Stock haben insgesamt 115 Quadratmeter Wohnfläche, das reicht für die vierköpfige Familie. In den Anbau kommt ein großes Gästezimmer, aber die beiden Dachgeschosse des Haupthauses bleiben „Kalträume“, sollen also nicht zum Wohnen genutzt werden. Das Erdgeschoss aber wird zum „Kulturraum Gö“. Gö wie Görlitz, Gö wie Göpfert. Dahinter verbirgt sich ein neuer, zusätzlicher Tanzraum für die Görlitzer Tangoszene, in der die beiden aktiv sind. Aber nicht nur das: Alexander Göpfert wird den großen Raum auch für Musikunterricht nutzen. Allerdings wird er erst nächstes Jahr hergerichtet. Dieses Jahr haben die beiden Wohnetagen Vorrang.

Eine Nutzungsänderung müssen die Besitzer nicht beantragen, denn das Erdgeschoss wurde schon immer gewerblich genutzt: Bis zum Zweiten Weltkrieg war es der Gastraum eines Weinlokals, später hatte die Sanitärfirma Hoke hier ihre Ausstellung, ein Büro und hinten im Anbau das Lager. Der Anbau wiederum war ganz früher mal Schmiede, dann Fleischräucherei. „Das war die Zeit, in der die Sporergasse noch Wurstgasse hieß“, sagt Karen Göpfert. Die beiden haben sich schon ein bisschen durch alte Akten gewälzt und dabei diese früheren Nutzungen ermittelt. Das Baujahr des Hauses hingegen haben sie noch nicht herausgefunden. „Wir wissen nur, dass es ein Restauratormeister gebaut hat und dass es 1740 schon stand“, sagt Karen Göpfert.

Umgebaut wurde es zig-mal, zuletzt wohl kurz nach der Wende. Die Grundrisse von damals gefallen den neuen Besitzern: „Da ändern wir nicht allzu viel.“ Allerdings bekommt das Haus jetzt neue Elektrik, Solarpanels in den Garten, eine Holzpellet-Heizung und vieles mehr. Für die Heizungs- und Sanitärarbeiten ist die Firma Hoke noch einmal an ihren alten Sitz zurückgekehrt. Das finden die neuen Hausherren praktisch. „Die kannten alle Schwachstellen des Hauses und hatten gute Ideen, was sich wie lösen lässt“, so Alexander Göpfert.