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Das neue Gesicht im Stadtmuseum

Jana Wotruba übernimmt den Job von Dirk Haubold – und in drei Jahren den Chefposten?

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© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Als Jana Wotruba bei einem ihrer vermeintlich ersten Rundgänge durch Riesa auf dem Mannheimer Platz ankommt, steigt eine Kindheitserinnerung in ihr empor. Klar, das apricotfarbene Lichtspielhaus kennt sie – von innen und von außen. Ohne allerdings zu wissen, dass es in Riesa steht. „Ich war früher mit meinen Eltern öfter hier im Kino. Daran kann ich mich auch noch gut erinnern, aber eben nicht an den Ort.“ Aufgewachsen ist Jana Wotruba in Polenz, einem Dorf, das zur Gemeinde Klipphausen bei Meißen gehört.

Um Kindheitserinnerung geht es auch in ihrem neuen Job. Die 31-Jährige ist das neue Gesicht im Stadtmuseum und sozusagen die „Kindheitsbeauftragte“. Jana Wotruba kümmert sich um das Projekt „Mit kleinen Schritten in die große Welt – Kind sein in Riesa im 20. und 21. Jahrhundert“. Höhepunkt wird eine Ausstellung Anfang 2019 sein. Für das zweijährige Projekt hatte das Stadtmuseum im vergangnen Jahr 150 000 Euro von der Kulturstiftung des Bundes eingeworben. Wotruba folgt auf Dirk Haubold. Der ehemalige Kulturwerkchef und Riesaer Stadtrat (Freie Wähler) ist inzwischen Chef eines soziokulturellen Zentrums im Erzgebirge. Er hat sich in einer Dreier-WG eingerichtet, pendelt für die Stadtratssitzung nach Riesa. „Mal sehen, wann die Familie nachkommt“, sagt er.

Jana Wotruba hat ihre Familie schon nachgeholt – ihren Lebensgefährten und die gemeinsame anderthalbjährige Tochter Johanna. Weiterhin zu pendeln, das wäre für sie nicht infrage gekommen. „Das war zwar gut für meine Fahrpraxis. Aber auf Dauer ist es doch zu anstrengend, täglich zwei Stunden in und wieder zurückzufahren.“ Gearbeitet hat sie zuletzt im Senckenberg-Museum für Naturkunde in Görlitz. Dort konnte sie sich schon mal an das Kleinstadtleben gewöhnen. „Vorher waren wir Berlin.“ Dort studierte sie erst Museumskunde und dann Museumsmanagement und -kommunikation. Dem Großstadtleben trauert sie nicht hinterher, zumal mit Kind. „Man hat alles hier, was man täglich braucht, ohne dafür weite Wege zurücklegen zu müssen.“ In Berlin gebe es so viele Angebote. Die könne man gar nicht alle nutzen. „Und wenn man doch mal ins Theater oder in ein großes Museum will, ist Dresden nicht ja weit.“ Das sieht sie ganz pragmatisch. Was die richtige Wohnung angeht, wurde die junge Familie in Riesa allerdings nicht auf Anhieb fündig. „Wir wollten eine schöne Altbauwohnung mit Balkon oder Garten.“ Wahrscheinlich hat Jana Wotruba von allen Museumsmitarbeitern nun den kürzesten Arbeitsweg. Aus den Fenstern des Museumscafés schaut sie geradewegs zu ihrer Wohnung – direkt am Poppitzer Platz. Sie ist froh, dass sie im Haus am Poppitzer Platz so freundlich aufgenommen wurde und sich in Riesa alles so schnell gefügt hat. Auch ein Kitaplatz war rasch gefunden. Ihr Freund hat noch keine Stelle, aber Jana Wotruba ist optimistisch, dass nicht lang so bleiben wird. Informatiker sind schließlich gefragte Leute.

Ein ganz schöner Aufwand für eine befristete Stelle, die im Mai 2019 ausläuft. Doch Wotruba und auch die aktuelle Museumsleitung schielt schon über diese Zeit hinaus. Maritta Prätzel, die aktuelle Museumschefin, geht in etwa dreieinhalb Jahren in Rente. „Das haben wir ihr deutlich kommuniert“, sagt Maritta Prätzel. In dem neuen Gesicht im Stadtmuseum sieht sie „eine gute Chance, eine gut ausgebildete Kraft im Hause zu halten“. Auf die befristete Stelle, die Wotruba letztlich bekommen hat, gab es Dutzende Bewerbungen. „Zum Teil waren die Kandidaten überqualifiziert, promoviert und mit jahrelanger Berufserfahrung“, erzählt Prätzel. Feste Stellen in Museen sind eben rar.

Daher ist Jana Wotruba auch froh, dass die Wahl auf sie gefallen ist. Überglücklich wäre sie über eine Perspektive in Riesa. „Eine unbefristete Festanstellung in dieser Branche ist ein Hauptgewinn.“ Doch zunächst will sie sich auf ihre jetzige Aufgabe konzentrieren. Und dabei arbeitet sie gewissermaßen gegen die Zeit. Nicht einmal ein Jahr bleibt, bis die große Sonderausstellung eröffnet. 100 Jahre Kindheit in Riesa soll die Schau abbilden. „Das ist schon ganz schön sportlich.“ Auch die Riesaer sollen Gegenstände, die sie mit ihrer Kindheit verbinden, besteuern können – als Leihgabe. „Die Leute sollen alte Spielzeuge wiederentdecken und sagen können: Schau, damit habe ich früher auch gespielt.“