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Das Mitnehm-Hotel

Mit dem Laurichhof entsteht am Hauptplatz in Pirna-Copitz eine ziemlich einzigartige Herberge, die es vor allem mächtig in sich hat.

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© Visualisierung: Seidel Architekten

Von Thomas Möckel

Pirna. Hans-Peter Schwerg, 82, CDU-Stadtrat in Pirna, ist am Freitagmorgen extra noch einmal zum Grundbuchamt gefahren. Es galt, Familiengeschichte zu erforschen. Die beflissenen Mitarbeiterinnen, lobt Schwerg, legten ihm die Akten zum Grundstück Hauptplatz 4 in Copitz vor, einiges kopierten sie ihm. Als er in den Unterlagen recherchierte, fand Schwerg heraus: Sein Großvater Bruno Laurich hatte den ehemaligen Hof am Hauptplatz im Februar 1899 gekauft, seit 120 Jahren ist das Grundstück in Familienbesitz. Inzwischen nun tritt die vierte und fünfte Generation an, um das Gelände, das zuletzt einen heruntergekommenen Garagenhof beherbergte, zu entwickeln. Es soll etwas entstehen, das es in Pirna noch nicht gibt.

Grundsteinlegung in Familie: Hans-Peter Schwerg, Uwe Seidel, Franz Philip Seidel, Peter Paul Seidel und Annette Katrin Seidel (hinten v.l.) sowie Colin Seidel (vorn) legen den Grundstein für den Laurichhof am Hauptplatz in Copitz.
Grundsteinlegung in Familie: Hans-Peter Schwerg, Uwe Seidel, Franz Philip Seidel, Peter Paul Seidel und Annette Katrin Seidel (hinten v.l.) sowie Colin Seidel (vorn) legen den Grundstein für den Laurichhof am Hauptplatz in Copitz. © Daniel Schäfer

Annette Katrin Seidel, Schwergs Tochter, will dem Familiengrundstück mithilfe ihres Sohnes Franz Philip neues Leben einhauchen. In den nächsten anderthalb Jahren ziehen Bauleute hier den Laurichhof hoch, ein Suitenhotel, bestehend aus mehreren Gebäuden und geräumigem Innenhof. Am Freitag legte die Familie den Grundstein für das Projekt. Den Namen „Laurich“ entlieh Annette Katrin Seidel ihrer Großmutter, die sie über alles mochte. „Ich habe hier als Kind viele schöne Stunden verbracht“, sagt die Bauherrin, „so ist es jetzt eine Herzensangelegenheit, hier etwas zu entwickeln.“ Ihr Vater übertrug ihr das Grundstück vor zehn Jahren.

Dass auf dem Gelände etwas Neues entsteht, war schon lange Wunsch der Investorin. Früher stand auf dem Gelände der Gasthof „Erbgericht“, im Volksmund „Erbse“, in Copitz einst ein legendäres Lokal. Als alliierte Bomber im Winter 1945 Bomben über Pirnas Stadtbrücke ausklinkten, bekamen auch die Randbereiche heftig etwas ab, mehrere Gebäude brannten nieder. Das Erbgericht wurde infolgedessen abgerissen. Zu DDR-Zeiten entstand ein Garagenkomplex auf dem Grundstück. Doch für Trabant und Wartburg hat es sich nun ausgeparkt.

Die Pkw-Unterstände sind inzwischen abgerissen, nun soll wieder ein Gebäude an dieser Stelle den Hauptplatz prägen. „Diese schöne Ecke muss einfach wieder belebt werden“, sagt Annette Katrin Seidel. Angelehnt an die Historie des Erbgerichts lag es nahe, Gastronomie und Herberge miteinander zu verbinden – allerdings in einer bislang noch nicht da gewesenen Art und Weise. So entstand die Idee eines Suitenhotels, das nicht einzelne Zimmer, sondern ganze Ferienwohnungen, insgesamt 27 Stück, vermietet. Die Wohnungen gibt es unterschiedlichen Größen und mit verschiedener Raumanzahl, die Ausstattung liegt im gehobenen Bereich. Alle Quartiere, sagt die Bauherrin, sind individuell eingerichtet und möbliert, keine Wohnung gleicht der anderen. Und die Unterkünfte haben es in sich.

Prominenter Wechsel

Von Auslandreisen brachten die Bauherrin und ihr Mann Uwe, Architekt in Pirna, eine Idee mit: Das ganze Hotel wird zur Geschäftsauslage. Alles was der Gast in den Räumen sieht, kann er kaufen – angefangen von Accessoires über Möbel bis zur kompletten Innenausstattung. „Wir sind wohl deutschlandweit das erste Hotel“, sagt Annette Katrin Seidel, „aus dem man mehr mitnimmt als nur den Bademantel.“

Weil die Wohnungen noch im Bau sind, gibt es sie in Kürze zumindest schon mal virtuell zu erleben. Fachleute entwickeln derzeit dreidimensionale Ansichten für den Computer. Wer später einmal ein Quartier buchen will, kann es vorher bereits am Rechner durchstreifen.

Seit fünf Jahren schon arbeiten Seidels an dem Hotelprojekt, das unerwartet ein nicht gerade leicht lösbares Problem mit sich brachte. So außergewöhnlich das Konzept war, so schwer war es, Geldgeber dafür aufzutreiben. Sehr zu ihrem Bedauern, sagt die Bauherrin, fand sich niemand aus der näheren Region. Erst die Sparkasse Jena-Saale-Holzland ließ sich vom Konzept der Hotellerie-Quereinsteiger überzeugen. Seidels investieren rund fünf Millionen Euro in den Laurichhof, die Rollen im Haus sind klar verteilt.

Annette Katrin Seidel, von Beruf Innenarchitektin, wird die Geschäfte leiten und strategisch planen. Für den Hotelbetrieb hat sie sich Fachpersonal geholt, insgesamt entstehen acht neue Arbeitsplätze. Dabei gibt es einen prominenten Wechsel: Judith Fichtner, bislang Inhaberin des Hotels „Bernardo Bellotto“ in der Pirnaer Altstadt, wird künftig als Hoteldirektorin den Laurichhof leiten. Ihr bisheriges Hotel gibt sie zum Jahresende auf. Darüber hinaus zeichnet Marcel Bark, Inhaber des Restaurants „Genusswerk“ in Pirna, künftig auch für die Gastronomie im Laurichhof verantwortlich. Potenzielle Gäste müssen sich allerdings noch etwas gedulden.

Ende 2017, sagt Architekt Uwe Seidel, starteten die Bauarbeiten, die Investoren beschäftigen ausschließlich regionale Unternehmen. Allerdings erwies sich der Baugrund als schlecht, die Fachleute mussten den Untergrund zunächst mit wiederaufbereitetem Material stabilisieren. Auch warf der heftige Frost die Arbeiten um etwa drei Wochen zurück. Der Zeitplan soll dennoch nicht wanken. Etwa für September dieses Jahres ist das Richtfest geplant, ab Ostern 2019 eine Art Vorstart. Klappt alles, soll der Laurichhof am 1. Mai 2019 eröffnet werden.