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„Es war an einem Sonntagmorgen“

Der Leipziger Fotograf Bertram Kober hat in Riesa Industriekultur festgehalten – und ist dafür mitunter früh aufgestanden. Jetzt sind seine Arbeiten im Stadtmuseum zu sehen.

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© Bertram Kober

Riesa. Das Mischfutterwerk, die Zündholzbude, die Seifenfabrik – wie fotogen Industriegebäude sein können, ist bis zum 19. November in der Ausstellung Industriearchitektur in Sachsen im Stadtmuseum zu sehen. Die SZ sprach mit dem Fotografen Bertram Kober über seinen fotografischen Streifzug durch Riesa.

Bertram Kober wurde 1961 in Leipzig geboren. Bis 1990 studierte er an der HGB in Leipzig. Seit dem arbeitet er als freier Fotograf in Berlin und Leipzig.
Bertram Kober wurde 1961 in Leipzig geboren. Bis 1990 studierte er an der HGB in Leipzig. Seit dem arbeitet er als freier Fotograf in Berlin und Leipzig. © Bertram Kober

Herr Kober, wann und wie lang waren Sie in Riesa unterwegs?

Mehrere Tage in diesem Jahr, zu verschiedenen Jahreszeiten. Manche Gebäude verschwinden im Sommer hinter Laub. Das ist zum Fotografieren nicht optimal.

Dann fotografieren Sie am liebsten im Winter?

Der Winter eignet sich gut zum Fotografieren. Nicht nur wegen des Laubs. Im Winter steht die Sonne auch besser, tiefer. Dadurch wirken Gebäude plastischer.

Haben Sie eigenständig einen Streifzug durch Riesa unternommen?

Nein, dies ist ja eine Auftragsarbeit. Die Ausstellung Industriearchitektur in Sachsen wandert durchs Land. An den Orten, an denen sie zu sehen ist, wird die Ausstellung mit lokalen Beispielen angereichert. Dafür bin ich zuständig. Ich war zum Beispiel in Chemnitz, Freiberg oder Zittau unterwegs. Die Auswahl der Motive treffen die Akteure vor Ort und der Kurator. Ich bekomme eine Liste, die ich abarbeite. Trotzdem habe ich Spielräume. Ich kann etwa die Perspektive bestimmen und Details festhalten.

Sind die historischen Hintergründe der Gebäude für Sie entscheidend?

Ich bekomme diese Informationen, aber ich interessiere mich nur bedingt dafür. Für mich ist das Gebäude das entscheidende. Vor Ort schaue ich es mir ganz genau an. Der Fotografenspruch: „Die besten Bilder macht man mit den Füßen“ kommt nicht von ungefähr.

Mit einmal hinfahren und draufhalten ist es demnach nicht getan?

Ganz und gar nicht. Das ist kein lockerer Spaziergang mit Kamera. Bevor ich losfahre, kundschafte ich die Umgebung im Internet aus, überlege mir, welche Sichtachse die beste ist. Und dann beobachte ich den Wetterbericht. Wenn auch der Sonnenstand stimmt, geht’s los. Dann muss ich nur noch Glück haben, dass nicht zu viele Autos im Weg stehen. Sonst muss ich noch mal wiederkommen. Das Mischfutterwerk habe ich übrigens an einem Sonntagmorgen um 7.30 Uhr fotografiert.

Welche Bilder aus Riesa sind bei Ihnen hängengeblieben?

Beeindruckend fand ich das Wohngebäude des Elektrizitätsverbandes. Schade, dass es verfällt. Ich habe auch mit der Drohne ein Bild gemacht. Von oben sieht der Komplex aus wie ein sterbender Schwan. Mich berührt das. Das ist ein trauriger Anblick.

Sie sind also auch selbst Verfechter für den Erhalt von Industriekultur?

Von Denkmälern generell. Ich habe mich schon in meiner Abschlussarbeit mit Jugendstil beschäftigt. Wenn ich für die Industriearchitektur-Ausstellung arbeite, sehe ich mich nicht als Künstler, sondern eher als Kunsthandwerker mit gesellschaftlichem Anliegen. Der Untertitel der Ausstellung heißt ja: erhalten, erleben, erinnern. Das finde ich auch persönlich wichtig. Trotz der Ausstellung sind Gebäude, die wir zeigen, inzwischen unwiederbringlich verschwunden.

Fotografieren Sie lieber Gebäude als Menschen?

Ich interessiere mich eher für das, was Menschen hinterlassen. Das hat auch etwas mit Talent zu tun.

Das Gespräch führte Britta Veltzke.