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Das Millionen-Plus für Großenhain

Beim Verhandeln um mehr Lärmschutz hat die Bahn AG Zugeständnisse von rund 1,3 Millionen Euro gemacht. Die Stadt freut es. Die Bahn auch.

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© Kristin Richter

Von Jörg Richter

Großenhain. Dieser Weiterbildungskurs von Tilo Hönicke hat sich für Großenhain gelohnt. Als vor rund 15 Jahren erstmals bekannt wurde, dass die DB Netz AG in Großenhain eine Riesenbaustelle plant, meldete sich der Bauamtsleiter für das Seminar „Psychologie im Umgang mit der Deutschen Bahn“ an. Und offensichtlich sind die Tipps, der er dort erhielt, für die Stadt Gold wert. „Für uns ist diese Großbaustelle der Bahn ein gravierender Einschnitt“, sagt Hönicke.

Deshalb haben er und seine Mitarbeiter bei allen Verhandlungen und Gesprächen mit der Bahn treu nach dem Motto gehandelt: „Wir müssen für Großenhain das Beste rausholen!“ Und wie sich jetzt zeigt, ist dieses ständige Ringen um Zugeständnisse der Bahn von Erfolg gekrönt. Allen voran die Lärmschutzwände. Den Großteil von ihnen hatte die DB Netz AG schon vorher geplant. Doch die Stadt ist der Meinung, dass sie nicht ausreichen. Sie sollen um insgesamt 370 Meter erweitert werden. Vor allem entlang der Merschwitzer Straße.

Im Zuge der momentanen Baumaßnahmen werden sie zwar noch nicht errichtet. Aber es gibt eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Stadt und der DB Netz AG, wie Großenhains Pressesprecherin Diana Schulze bestätigt. Der Antrag soll durch die Deutsche Bahn bis Ende 2017 eingereicht werden. Die Schallschutzwände sollen dann innerhalb von drei Jahren ab erteiltem Baurecht errichtet werden.

Allein diese zusätzlichen 370 Meter kosten die Bahn 1,2 Millionen Euro. „Lärmschutzwände sind nicht billig“, sagt Klaus Riedel, der Projektleiter der DB Netz AG. Wenn man bedenkt, dass das gesamte Bauvorhaben rund 25 Millionen Euro kostet, sind allein die Mehrkosten für die zusätzlichen Schallschutzwände nicht unerheblich. Das sei für die Bahn billiger, als mit der Stadt in einen jahrelangen Streit zu treten, so Riedel. Dadurch hätte sich womöglich der Ausbau der ICE-Strecke Dresden-Berlin um Jahre verspätet. Daraus resultierende Verluste für die Bahn dürften wohl auch in die Millionen gehen.

Bäckerwiesenweg ist jetzt top

Die Umfahrungsstrecke an der Großraschützer Straße ist auch so eine zusätzliche Vereinbarung, die die Stadt Großenhain durchgesetzt hat und die die Bahn bezahlt. Da sie aber wieder verschwindet, soll sie nicht in dieser Aufzählung der bleibenden Zugewinne für die Stadt aufgenommen werden. Aber dafür eine andere „Baustellenumfahrung“, die nach dem Abzug der Bahnbauer bloß nicht wieder in den Originalzustand zurückversetzt werden soll.

Es handelt sich dabei um den Bäckerwiesenweg. Die ehemalige sandgeschlämmte Schotterdecke wurde komplett asphaltiert. Die Stadt begründete diesen Wunsch damit, dass die Kleingärtner zu ihren Gärten am Stadtpark und die Fußballer zur Jahnkampfbahn gelangen können. Die Bahn stimmte zu. Das kostete sie rund 100 000 Euro. Als Projektleiter führt Riedel die Verhandlungen mit der Stadt. Trotzdem sagt er: „Die Stadt Großenhain ist ein harter, aber fairer Partner.“ Und auch Hönicke betont: „Wir sehen uns nicht als Gegner, sondern als Partner.“

Bei allen Dingen, um die die Stadt mit der Bahn gerungen hat, habe es am Ende stets ein gutes Einvernehmen mit der DB Netz AG gegeben. Das führt Hönicke auch auf Riedel zurück. „Er wohnt in Radebeul und kennt unsere Mentalität“, sagt der Bauamtsleiter und fügt hinzu: „Mit ihm lässt es sich gut und zivilisiert streiten. Das hat Spaß gemacht.“ Und dieses zähe und immer wieder neue Ringen hat letzten Endes der Stadt Großenhain einiges gebracht. „Unterm Strich steht für Großenhain ein ganz großes Plus da“, sagt Hönicke. Ein Plus von 1,3 Millionen Euro zusätzlich der Lärmschutzwände. Diese hätte Großenhain – davon ist Hönicke überzeugt – ohne die ICE-Strecken-Modernifizierung gar nicht bekommen.