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Das Mädchen mit der Bienenallergie

Ein Stich wurde für Annemarie Platz gefährlich. Seitdem muss sie die Bienen meiden, obwohl ihre Eltern Imker sind.

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© Steffen Unger

Sylvia Gebauer

Burkau. Den letzten Sommerferientag wollte Annemarie Platz genießen. Doch es kam anders, der Tag endete im Bischofswerdaer Krankenhaus. Die Neunjährige wurde von einer Biene in den Finger gestochen. Vielen ist so etwas schon passiert – ohne Folgen. Aber Annemarie leidet, wie fünf Prozent der Deutschen, an einer Bienengiftallergie, was die Eltern zu diesem Zeitpunkt nicht wussten. Für die Familie war es ein Schock, denn ihre Eltern sind beide Imker im Burkauer Ortsteil Jiedlitz.

Gestochen wurde Annemarie Platz schon einmal, an ihrem Geburtstag. „Ich konnte kaum sprechen, aber Mama meinte nur, ich soll mich nicht so haben“, erinnert sich das Mädchen. Nach kurzer Zeit war alles wieder weg. Vergessen. Dann kam der ereignisreiche Tag im August 2014. Im Hof wurde das Bassin mit Wasser gefüllt. Die Kinder spielten hier mit dem Ball, Wasser spritzte. Der Ball flog heraus. Annemarie wollte ihn holen, und erwischte dabei eine Biene. „Ein Wasserholer, der sich bedroht fühlte“. sagt ihr Vater. Langsam schwollen Nase und Augen zu. Hinzu kamen Husten und Niesen. Annemarie lief zu ihrer Mutter, die den Stachel herausschieben sollte. „Wichtig, wird der Stachel zwischen zwei Finger genommen und herausgezogen, wirkt das wie eine Spritze“, erklärt Imker Jürgen Platz. Komisch kam das Ganze seiner Frau vor, denn die Symptome passten nicht zu einem Stich in den Finger. Notaufnahme. Sofortmaßnahme. Weitere Untersuchungen beim HNO-Arzt im Dresdner Uniklinikum inklusive Test. Der war eindeutig – Bienengiftallergie.

Das Notfallset im Ranzen

Annemarie ist ein fröhliches Kind, aber eine Sache nervt sie tierisch. Seit dem Ereignis muss sie ein Notfallset immer dabei haben. Bestehend aus einem Saft, einer weiteren Flasche, einem Spray und einer Spritze. Dazu ein Zettel, auf dem die Anwendung erklärt ist. „Im Schulranzen nimmt das Set viel Platz weg“, sagt die Neunjährige. Aber sie weiß, im Notfall wird es ihr Leben retten. In ihrer Grundschule wissen alle, was los ist. Ihre beste Freundin aus der Klasse hat Annemarie zur ihrer Retterin bestimmt. Wird sie von einer Biene gestochen, muss ihre Freundin im Ranzen das Notfallset holen. Zum Glück wurde es noch nicht benötigt. Annemaries Geschichte ist damit noch nicht zu Ende.

Seit November 2014 wird sie hyposensibilisiert. In kleinster Dosis wird ihr das Bienengift verabreicht, damit der Körper sich daran gewöhnt. Die erste Dosis war heftig. Drei Tage lang lag Annemarie im Krankenhaus. 15 Spritzen wurden ihr in der Zeit verabreicht. In den nächsten drei Jahren bekommt sie monatlich eine. Schlägt die Therapie nicht an, wird es zwei Jahre verlängert. Ob es funktioniert, wird die Familie nach fünf Jahren sehen. Bei 80 bis 90 Prozent ist die Therapie erfolgreich.

Die Familie ist sensibilisiert. So weit es geht, wird das Risiko für Annemarie minimiert. Barfußlaufen auf der Wiese muss nicht sein. Allen Betroffenen und Interessierten will Jürgen Platz auch deshalb helfen. Am Sonntag öffnet er seinen Lehrbienenstand. Ein Experte spricht über Bienengiftallergie. „Es kann jeden treffen, selbst beim ersten Bienenstich muss die Allergie nicht auftreten“, sagt Imker Jürgen Platz.