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Das Lokal mit Bimmelbahnblick

Zwei junge Männer haben einem leeren Geschäft im Osterzgebirge neues Leben eingehaucht – und noch viel mehr vor.

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© Frank Baldauf

Von Mandy Schaks

Kipsdorf. Wer auf der Bundesstraße B 170 durch Kipsdorf fährt, dem fällt sofort auf: Es kommt Farbe in den Ort. Die Fassade vom R 2, einem Café mit Bar, leuchtet in mediterranen Tönen. Inhaber Ricardo Lammel ist dem Vermieter, der Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Altenberg mbH, dankbar, dass dieser investiert hat. Um nicht im Grau in Grau übersehen zu werden, hatte Lammel vorm Haus schon eine Info-Tafel aufgestellt, damit Gäste auch draußen erahnen, wie hübsch es drinnen ist und sie sich guten Gewissens hineintrauen können. „Das sieht nun nach der Renovierung gleich ganz anders aus“, sagt er.

Im Bahnhof in Kipsdorf engagieren sie sich schon …
Im Bahnhof in Kipsdorf engagieren sie sich schon … © Kamprath
… jüngst beim Bahnhofsfest.
… jüngst beim Bahnhofsfest. © Kamprath

Seit der Eröffnung vor zwei Jahren im April ist peu à peu eins ums andere dazugekommen: die rustikale Terrasse, die Imbisshütte im Eingangsbereich und neuerdings noch das Engagement nur wenige Meter von der eigenen Lokalität entfernt im Kipsdorfer Bahnhof. Den hatte die Stadt Altenberg nach der Wende gekauft und zu einem Bürgerhaus umgebaut. Dort bewirtschaftet er seit diesem Jahr auch noch die Kegelbahn und hat im Bahnhof inzwischen bereits eine 90er-Jahre-Party veranstaltet. Vom Erfolg war er selbst überrascht, wie er lächelnd erzählt. Um die 200 Leute waren gekommen – fast so viele, wie im Kurort leben. „Ich hätte nicht mit so vielen Leuten gerechnet“, freut sich der 27-Jährige. Das gibt ihm Mut, mehr zu wagen, Ideen zu spinnen, was man alles noch machen könnte. Ein Bistro vielleicht im Bahnhof? Veranstaltungen am Wochenende mit Kinderkarussell und Zauberer auf dem Bahnhofsplatz? Unterstützt wird er dabei von Freund Raiko Kania. Es ist wichtig, sich gerade jetzt ein paar Gedanken mehr zu machen. Denn die Weißeritztalbahn ist auf dem Weg nach Kipsdorf. „Wir wissen zwar noch nicht, wann sie kommt“, sagt der 35-Jährige. „Aber wir planen jetzt schon mit dem Ortschaftsrat, was wir machen können, wenn die Bahn einrollt.“ Zur Wiedereröffnung nach der Flut 2002 soll auf jeden Fall was los sein auf dem Bahnhof.

Dabei spielte die Bimmel bei den Planungen fürs eigene Lokal gar keine Rolle, erzählt Ricardo Lammel. Der gebürtige Kleinopitzer ist zwar mit der Bahn als Kind auch durch den Rabenauer Grund gerollt. „Aber ich kenne das gar nicht, wie der Zug hier in Kipsdorf einfährt.“ Es war schon immer sein Wunsch, in der Gastronomie zu arbeiten. Er lernte Restaurantfachmann im Hotel Stephanshöhe in Schellerhau und bekam danach die Chance, an der Bar zu arbeiten. Das gefiel ihm. Dann ergab es sich, in die Selbstständigkeit zu wechseln. „Wir wollten versuchen, was Neues zu machen.“

Als Raiko Kania zum ersten Mal den heutigen Gastraum sah, hatte er sich sofort darin verliebt, erinnert er sich. Früher war hier einmal das Kurhauscafé, später ein Textil- und Holzkunstgeschäft, weiß Ricardo Lammel. Dann stand der Laden leer. Aus Erfahrung wusste er: „Nach dem Feierabend hat man hier nichts, wo man noch hingehen kann.“ Hotels und Gaststätten haben meist nur bis 21 oder 22 Uhr geöffnet. Diese Angebotslücke wollte er schließen – mit Café und Bar. Daher verwundert es nicht, wenn zu seinen Stammgästen inzwischen auch Gastronomen gehören. Die Gäste werden bei ihm in der ersten Reihe sitzen, wenn die Weißeritztalbahn einrollt. Das Lokal liegt direkt vis-à-vis der Bahn.