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Das Leben wird immer technischer

Seit 30 Jahren betreiben die Hummitzsch-Männer ein eigenes Geschäft. Das hat sich im Laufe der Zeit extrem verändert.

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© André Braun

Von Cathrin Reichelt

Naußlitz. In der DDR als Privatmann eine Gewerbegenehmigung zu erhalten, war nicht einfach. „Meinen Vater hat es zwar einige Nerven gekostet, aber er hat es geschafft“, sagt Holger Hummitzsch, Inhaber der gleichnamigen Elektroanlagenfirma in Naußlitz. Bevor er diesen Schritt ging, arbeitete Günter Hummitzsch viele Jahre lang bei der PGH Elektro.

„Er war der sozialistischen Mangelwirtschaft überdrüssig“, begründet sein Sohn, weshalb der Vater den schwierigen Neuanfang wagte. Im Jahr 1987 bekam Günter Hummitzsch die Genehmigung und den Großraum Westewitz zugeteilt. Bei der Materialbeschaffung half seine Tochter. Die lebte in Berlin. „Die Bevölkerung in der Hauptstadt hat mehr bekommen als alle anderen in der DDR“, erklärt Holger Hummitzsch. Seine Schwester habe unter anderem ganze Pakete mit Steckdosen geschickt.

Ende der 1980er-Jahre begann Holger Hummitzsch eine Ausbildung zum Elektriker bei der PGH Elektro. „Dort erfolgte für die Region die zentrale Lehrausbildung“, erklärt der heute 44-Jährige. Nach einem Frühstück, irgendwann im Jahr 1990, habe ihn sein Ausbilder vor vollendete Tatsachen gestellt. Er solle seine Sachen packen. Sein Vater habe auch die Berechtigung, ihn auszubilden. „Ich wusste, wo mein Vater an diesem Tag arbeitet, habe mich auf mein Moped gesetzt und bin zu ihm nach Westewitz gefahren“, erzählt er.

Die Wendezeit brachte noch mehr Herausforderungen für das kleine Unternehmen mit sich. „Es gab völlig anderes Material, zum Beispiel ganz neue Schaltsysteme, an die wir uns gewöhnen mussten“, erklärt Holger Hummitzsch. In den 1990er-Jahren gehörten sechs Angestellte zu dem Handwerksbetrieb. Auch drei Lehrlinge wurden ausgebildet.

Die Firma modernisierte viele Häuser, gewann für die nächsten 23 Jahre die Döbelner Firma Autoliv als Hauptkunden und übernahm die Sanierung von deren Gebäuden. „Es war ein sehr loyales Unternehmen“, meint Hummitzsch. Allerdings habe es bereits zehn Jahre vor seiner Schließung kaum noch investiert. „Deshalb mussten wir uns umorientieren.“

Holger Hummitzsch habe sich schon sehr zeitig mit Smartphonelösungen beschäftigt. Vor zehn Jahren wurde er Partner der Firma Sonos, die Sound-Systeme herstellt. „Ich war der erste zugelassene Sonos-Händler in Deutschland“, meint der Elektromeister. Den Abschluss hat er seit 1999 in der Tasche. Inzwischen gehören Cyberport, Porsche in Leipzig und DHL in Leipzig zu den großen Stammkunden der kleinen Naußlitzer Firma. Dazu kommen Reparaturen in Eigenheimen. Dabei beobachtet Holger Hummitzsch schon seit geraumer Zeit einen Trend: Die Technisierung der eigenen vier Wände wird immer größer.

Im Jahr 2005 hat ihm Vater Günter die Firma übergeben, zu der heute drei Mitarbeiter gehören. Lehrlinge bildet Hummitzsch nicht mehr aus. Die Jugendlichen hätten kein Interesse an dem Beruf, meint er. „Ich habe schon seit acht Jahren keine Bewerbung mehr im Briefkasten gehabt.“ Auch mit Praktikanten machte er keine guten Erfahrungen. Trotzdem blickt er optimistisch in die Zukunft. Die Mitarbeiter seien so geschult, dass sie die neue Technik gut beherrschen. „Und ich bin mit Leib und Seele Elektriker. Ich sehe für das Handwerk nicht schwarz. Wer ordentlich und korrekt arbeitet und fair und loyal gegenüber seinen Kunden ist, wird immer Arbeit haben“, ist Hummitzsch überzeugt.