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Das lange Warten auf chinesischen Granit

Die Sanierung der Königshainer Kriegsgräberanlage verzögert sich. Die Grabsteine aus Asien sind noch nicht da.

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© nikolaischmidt.de

Constanze Junghanß

So weit vorpreschen wollte Bürgermeister Siegfried Lange wohl nicht. Zwar informierte er im Gemeinderat darüber, dass die Sanierung der Kriegsgräber einige Tage länger dauert als geplant. Grund dafür: Die Steine hat die beauftragte Steinmetzfirma noch nicht geliefert bekommen. Doch als ihm dann herausrutschte, es handelt sich um Granit aus China, ruderte Lange plötzlich zurück und sagte, dies gehöre in den geschlossenen Sitzungsteil. Bei einem solchen müssen Gäste und Presse den Saal verlassen. Ein geschlossener Sitzungsteil war aber gar nicht vorgesehen. Und so beließ es der Bürgermeister dabei, dass Thema mit den Steinen aus Asien nicht mehr anzusprechen und schnell zum nächsten Tagesordnungspunkt zu wechseln.

Es klingt tatsächlich paradox: Ausgerechnet in einer der regionalen ehemaligen Granitabbau-Hochburgen soll nun für die beiden Kriegsgräberfelder der Stein aus dem 9  000 Kilometer Luftlinie entfernten China geholt werden. Der berühmte Königshainer Granit wurde früher zum Beispiel für das Berliner Reichstagsgebäude, den Leuchtturm auf Kap Arkona und die Helgoländer Westmauer verbaut. Der Ort ist immer noch als namhaftes Granitabbau-Gebiet in aller Munde. Insofern scheint es schwer verständlich, dass jetzt für die Kriegsgräber Material von dem so weit weg liegendem Kontinent verwendet wird.

Doch es ist alles eine Frage des Geldes. Die Gemeinde Königshain bekommt eine 100-prozentige Förderung von 92 000 Euro für die Instandsetzung der Kriegsgräber im Schlosspark. Die Landesdirektion Sachsen stellt diese Mittel bereit. Darum hatte sich die Kommune lange bemüht. Das Gräberfeld befand sich in keinem guten Zustand. Die Holzkreuze zeigten starke Verwitterung, Inschriften waren kaum noch lesbar und das Terrain mit Unkraut und Wildwuchs überwuchert. Im Park fanden etwa 300 Menschen ihre letzte Ruhestätte. Das Schloss wurde im Zweiten Weltkrieg als Lazarett genutzt, die Verstorbenen auf dem extra dafür geschaffenen Friedhof beigesetzt. Mittlerweile sind die Kreuze abgebaut. Stattdessen sollen Steine aus Granit an die Beerdigten erinnern.

Der Auftrag dafür wurde vom Gemeinderat an die Greizer Steinmetzfirma Kahnt vergeben. Das war im Mai dieses Jahres. Die Auftragssumme dafür beläuft sich auf 61 080, 56 Euro. Ein Stein wiegt 40 Kilogramm. Insgesamt geht es um 12,5 Tonnen Granit, sagt der Steinmetzbetrieb der SZ. Eigentlich sollte im Juli das Material angeliefert werden. Und zwar per Container nach Deutschland mit dem Schiff. Doch im Juli erhielt die Thüringer Firma eine Nachricht, dass sich die Lieferung verzögert. Der Erfahrung nach dauere es normalerweise um die zwölf Wochen, bis das Material da ist. Nun kommen voraussichtlich vier weitere Wochen dazu. Die Vermutung, warum es zur Verzögerung kommt, hänge mit dem weltweiten Hackerangriff im Sommer zusammen. Davon war offenbar auch die Lieferung betroffen. Der Granit für die Gräber war zwar nicht gänzlich verschwunden, musste aber ausfindig gemacht werden. „Millionen Container waren zu diesem Zeitpunkt weltweit unterwegs“, heißt es vonseiten des Betriebes. Das Steinmetz-Unternehmen hofft, dass der Granit bald eintrifft. Bis zum Volkstrauertag im November soll die Anlage stehen. Dass überhaupt der Umweg über China genommen wurde, habe einen einfachen Grund: Und der liegt im Preis. „Chinesischer Granit kostet weniger als die Hälfte im Vergleich zu einheimischem Material“, heißt es von den Greizern. Zwar wären auch Kostenvoranschläge von einheimischen Anbietern eingeholt worden. Die Materialpreise jedoch waren mehr als doppelt so hoch gewesen.

Hätte die Gemeinde Königshain also auf Regionalität gepocht, wäre die Sanierung der Kriegsgräber bedeutend teurer geworden. Doch das gibt der Haushalt des Ortes nicht her. Und so muss auf die „Billigvariante“ zurückgegriffen werden. Die Qualität braucht deswegen nicht schlechter zu sein. Und die Gräber werden optisch auf alle Fälle aufgewertet. Dafür sorgt nicht nur der Granit. Der Gemeinderat beschloss nun noch einen Nachtrag in Höhe von fast 6 000 Euro, der mit der Förderung abgedeckt ist. Es muss also kein zusätzliches Geld aus der Haushaltskasse fließen. Mit dem Nachtrag können die Liegesteine in ein Kiesbett eingebettet sowie Rindenmulch aufgebracht werden. Das reduziert den Pflegeaufwand. Den kann die Gemeinde aus eigener Kraft nicht mehr stemmen und will nun deshalb mit der Pflege künftig eine Fachfirma beauftragen.