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Das läuft hier nicht

An einigen Tankstellen im Elbland ist der Diesel knapp geworden. Das liegt nicht nur am dünnen Liefernetz.

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© dpa

Von Peter Anderson

Ein Zettel hängt an der Zapf-Pistole für Ultimate Diesel. Die Meißner Tankstelle kann den Premium-Kraftstoff seit mehreren Tagen nicht anbieten. Zeitweise war mit dem Benzin Ultimate 102 ein zweites Premium-Produkt nicht erhältlich. „Wir haben versucht, in erster Linie den Nachschub für die viel gefragten Standard-Kraftstoffe zu sichern“, sagt Pächter Thomas Tyralla. Die Lieferschwierigkeiten mit Ultimate Diesel und Benzin sollten so schnell wie möglich behoben werden.

Neben Aral dürften in Sachsen auch Tankstellen anderer großer Ketten wie Esso oder Shell von dem aktuellen Engpass betroffen sein. Berichten zufolge bekamen Autofahrer dort zeitweise nicht einmal Standard-Kraftstoffe.

Für diesen Mangel gebe es mehrere Gründe, sagt der Sprecher von Aral Deutschland Detlef Brandenburg. Der niedrige Preis habe zu einer erhöhten Nachfrage geführt. Die Herbstferien mit dem schönen Wetter hätten als wichtige Reisezeit den Effekt verstärkt. Die durch den Lokführerstreik bereits gestörten Lieferpläne auf der Schiene seien nochmals unter Druck geraten. Zu unguter Letzt wird an den Tankstellen von Sommer- auf Winterdiesel umgestellt. Dafür müssen die Lager komplett geleert werden. Erst dann darf Winterdiesel fließen. Mischen ist verboten. Ab 15. November – so heißt es in den Vorschriften – muss der winterharte Treibstoff erhältlich sein. Spezielle Zusätze sorgen dafür, dass der Saison-Diesel bis minus 20 Grad Celsius flüssig bleibt. Ohne diese Mittelchen, würde er gelieren.

Vordringliche Problemzonen des Kraftstoff-Engpasses sind nach übereinstimmenden Medienberichten Thüringen, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Vereinzelt soll es Fälle in Niedersachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen geben. Wie Shell-Sprecherin Cornelia Wolber gestern mitteilte, könne ihr Konzern insbesondere für Mitteldeutschland mittlerweile Entwarnung geben. Aral-Sprecher Brandenburg zufolge arbeitet sein Unternehmen ebenfalls mit aller Kraft daran, die Lieferketten zu stabilisieren. Die Tankstellen sollten nicht länger „von der Hand in den Mund“ leben müssen. Polster müssten aufgebaut und sämtliche Sorten angeboten werden.

Reserven in den Lagern schmelzen

Die Lieferschwierigkeiten sind nicht auf die Tankstellen beschränkt, sondern haben zusätzlich die großen Tanklager erfasst. Die Reserven seien knapp, bestätigte gestern Petrotank-Vertriebsleiter Roman Blechschmidt. Das Mineralölunternehmen betreibt in Bodenbach bei Nossen den größten Umschlagpunkt von Kraftstoff und Heizöl in Sachsen. Bis zu 5 600 Tonnen treffen hier täglich über Bahngleise in Kesselwagen ein. 100 bis 170 Tankwagen wiederum verlassen jeden Tag das Gelände.

Zwei Dinge seien zusammengekommen, sagt Vertriebschef Blechschmidt. Auf der einen Seite habe sich durch die Streiks auf der Schiene die Zufuhr verringert. Auf der anderen Seite sei deutlich mehr verkauft worden. Das macht sich trotz einer Kapazität von 186.000 Kubikmetern negativ bemerkbar.

Die Herbstkrise an den Zapfsäulen führt vor Augen, wie dünn das Liefernetz gestrickt ist. Besonders wenn sich Schwierigkeiten häufen, kann die exakt abgestimmte Lieferkette reißen. Größere Reserven sind offenbar kaum vorhanden.

In den vergangenen Jahren traten die Probleme allerdings hauptsächlich in den Wintermonaten auf. Im eisigen Februar 2012 durfte so das Tanklager bei Nossen mehrere Tage kein Heizöl ausliefern. Ursache waren die hohen Kältegrade. Es wurde befürchtet, dass nach dem Abfüllen in die Tankfahrzeuge beim Heizöl Paraffin ausflocken würde. Die Paraffin-Kristalle können Heizungsleitungen verstopfen und die Ölzufuhr unterbrechen. Das Lager in Bodenbach gilt als anfällig für Kälte. Eisige Winde lassen die Temperaturen in der Vorerzgebirgs-Gegend tief fallen.

Wegen Glätte auf den Straßen wiederum hatten mehrere Lieferanten Mitte Dezember 2010 keinen Kraftstoff mehr an verschiedene Tankstellen im Elbland geliefert. Damals blieben einige Autofahrer auf dem Trockenen sitzen.