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Das Lächeln der anderen

Vor 25 Jahren hat Sabine Kania ihr Dentallabor gegründet. Ein Start mit Sondergenehmigung.

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© Mario Heinke

Von Mario Heinke

Zittau. Am Artikulator kontrolliert Sabine Kania das Modell eines Gebisses. Mit dem Gerät kann sie die Kieferbewegungen des Patienten simulieren oder die Kieferstellung überprüfen. Die Abdrücke des Ober- und Unterkiefers hat zuvor ein Zahnarzt mittels Abformlöffel genommen und somit ein Negativ des Gebisses erstellt. Im Dentallabor in der Löbauer Straße wird aus dem Negativ ein Positiv, ein Modell aus Gips. Das Modell dient den Zahntechnikern als Grundlage für die Maßanfertigung von Zahnersatz, Implantaten, Schienen, Brücken, Kronen oder kieferorthopädischen Apparaturen.

Blick ins Dentallabor

Lehrunterweisung: Holger Hollmann erklärt der Auszubildenden Jessica Fischer die Arbeit.
Lehrunterweisung: Holger Hollmann erklärt der Auszubildenden Jessica Fischer die Arbeit.
Filigrane Handarbeit: Konzentriert gibt Andrea Rötschke dem Zahnersatz den letzten Schliff.
Filigrane Handarbeit: Konzentriert gibt Andrea Rötschke dem Zahnersatz den letzten Schliff.
Die Zukunft hat begonnen: Heike Lobert formt den Zahnersatz virtuell am Bildschirm.
Die Zukunft hat begonnen: Heike Lobert formt den Zahnersatz virtuell am Bildschirm.

„Zahntechnik ist eine Kunst“, sagt Sabine Kania und meint, dass auch eine Portion Talent zu diesem Handwerk gehöre. „Wir legen viel Wert auf den ästhetischen Aspekt“, sagt die Zahntechnikermeisterin. Das beginne bei der Bestimmung der Zahnfarbe und ende, wenn der Patient sich wohlfühle. Optimal ist das Ergebnis, wenn man es nicht sieht, dass der Patient einen Zahnersatz trägt, so Frau Kania.

An den zahlreichen Arbeitstischen in den Räumen des Dentallabors wird geschliffen, gegossen, geleimt, gefräst und getropft. Die Mitarbeiter leisten filigrane Handarbeit, formen letztendlich das Lächeln der anderen. Gips- und Kunststoffpartikel flimmern in der Laborluft. Die Atmosphäre ist konzentriert, nur Schleifgeräusche und gedämpfte Stimmen sind zu hören.

Völlig anders ist es bei Heike Lobert. Sie sitzt in einem separaten Raum ohne die vielen Werkzeuge. An ihrem Arbeitsplatz ist die Zukunft angekommen. Ihr Werkzeug sind Bildschirm, Maus und Scanner. Sie scannt die Gipsmodelle. Rechner und Software verarbeiten und verwandeln die Daten in dreidimensionale Ansichten, die sie nach Belieben von allen Seiten betrachten und auch überdimensional vergrößern kann. Frau Lobert formt anders als ihre Kollegen den Zahnersatz nicht mit den Händen, sondern virtuell auf dem Bildschirm. Aus den Daten fräst später eine computergesteuerte Maschine im Nebenraum den Zahnersatz. Hochtechnologie zieht im Handwerk ein und wird den Beruf des Zahntechnikers verändern, da ist sich Sabine Kania sicher. „Ohne handwerkliches Können, Geschick, Berufserfahrung, Herzblut und Talent wird es aber auch künftig nicht gehen“, sagt sie.

Diese Einstellung werden die Zahnärzte, die seit vielen Jahren im Unternehmen Zahnersatz fertigen lassen, wohl teilen. Das Dentallabor mit seinen 13 Mitarbeitern und einer Auszubildenden ist Dienstleister für 16 Zahnarztpraxen in der Region. Das hat ganz praktische Folgen für den Betrieb. „Den Terminkalender bestimmt der Kunde“, versucht Frau Kania es auf den Punkt zu bringen.

Seit 25 Jahren bestimmen die Bedürfnisse der Kunden das Leben von Sabine Kania. Sie erlernte zunächst von 1981 bis 1984 den Beruf der Zahntechnikerin in der Poliklinik, wo sie nach der Ausbildung auch arbeitete. Als nach der politischen Wende die Poliklinik aufgelöst wurde, gründete sie im Februar 1992 den eigenen Betrieb, zunächst in den Räumen der Poliklinik in „Hütters Hotel“ in der Bahnhofstraße. Frau Kania befand sich damals noch mitten in der Meisterausbildung, die sie 1991 begonnen hatte. Sie belegte den ersten Meisterlehrgang nach „West-Standard“ in Dresden, konnte aber erst 1993 die Prüfung ablegen. Um die Betriebsgründung dennoch zu ermöglichen, erhielt sie damals eine Sondergenehmigung. Kollegen aus der Poliklinik, fünf Mitarbeiter und zwei Auszubildende folgten ihrem Ruf und wechselten in das private Labor. Ein Hufeisen, das sie vor einem Vierteljahrhundert von einem Schornsteinfeger zur Eröffnung geschenkt bekam, ziert noch heute den Schreibtisch. In den ersten Jahren nach der Existenzgründung lebte Frau Kania mit der Doppelbelastung durch Meisterschule und Selbstständigkeit. In der Zeit des Übergangs war alles neu: Technik, Methoden und Gesetze. Im Herbst 1992 zog sie mit ihrem Betrieb in das Haus auf der Löbauer Straße. „Meine Eltern haben mich bei der Gründung, bei der Suche und dem Ausbau der jetzigen Räumlichkeiten tatkräftig unterstützt“, erinnert sich Sabine Kania an die schwierige Anfangszeit und fügt hinzu: „Ich hatte die Vision, es zu schaffen. Heute bin ich dankbar dafür, dass auch einige Mitarbeiter den Weg gemeinsam mit mir gegangen sind“. Einige Mitarbeiter von damals arbeiten bis heute im Unternehmen und werden voraussichtlich bis zum Ruhestand dabeibleiben.

13 junge Menschen bildete Frau Kania in den vergangenen 25 Jahren aus. Im Jahre 2010 wurde ihr Dentallabor als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb im Handwerk von der Handwerkskammer Dresden ausgezeichnet.