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Das Kreuz ist abgenommen

Am Turm der Friedenskirche in Radebeul gehen die Arbeiten voran. Vieles sieht der Passant nicht, was jetzt hinter den Gerüsten passiert.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Ganz oben, wo es nicht mehr weiter raufgeht, das Gerüst schmaler wird und der Wind in die Jacke fährt – dort haben an diesem Vormittag vorm Pfingstwochenende Jörn Würfel und Bernhard Lorenz eine komplizierte Aufgabe. Die beiden Männer von der Denkmalpflegefirma Fuchs und Girke aus Ottendorf-Okrilla sollen das fast mannshohe Kreuz der Friedenskirche abmontieren und bergen.

Unter dem Kreuz bargen die Männer eine Kassette.
Unter dem Kreuz bargen die Männer eine Kassette. © Norbert Millauer
Der Turm der Kirche wird bis Jahresende saniert.
Der Turm der Kirche wird bis Jahresende saniert. © Norbert Millauer

Neben dem Altar im Innern des Gotteshauses ist das Kreuz auf dem Turm die Seele, das Herz der Gemeinde. Entsprechend behutsam muss damit in 47 Metern Höhe umgegangen werden. Unter dem Kreuz befindet sich noch eine Kugel. Stabilisiert wird das Gotteszeichen von einer Stahlhalterung. Innerhalb der Kugel befindet sich noch eine zugelötete Kassette mit Zugaben vom Tag, als das Kreuz einst auf den Turm montiert wurde.

Vorsichtig, Stück für Stück, ziehen die Denkmalpfleger das eigentliche Kreuz von der Stahlhalterung. Nur nichts fallenlassen. Die Messingoberfläche zeigt deutliche Verwitterungsspuren. Jörn Würfel und Bernhard Lorenz sind gewohnt, an ungewöhnlichen Stellen ungewöhnliche Arbeiten zu verrichten.

Nikolaus Wagner ist der Bauleiter für die Baustelle Kirchturm Friedenskirche. Seit Ende März hat er hier reichlich zu tun. Etwa drei Wochen brauchten die Gerüstbauer, um den Turm einzurüsten, teils freischwebend über dem Kirchenschiff. Das Sanieren des weithin sichtbaren Teils der Kirche war inzwischen dringend geboten. Der Putz bröckelte. Sandstein hatte das Wetter aus Gesimsen gebrochen. Die Balustrade hat gehörige Schäden. Den i-Punkt, etwas tun zu müssen, hatte der Absturz einer der steinernen Schmuckrosetten in einer stürmischen Januarnacht 2013 gesetzt.

Den Turm zu sanieren, kostet rund eine halbe Million Euro. Weil das Gotteshaus in mehrfacher Hinsicht eine besondere Bedeutung für die Region hat – hier wurde im Dreißigjährigen Krieg der erste Friedensvertrag in Europa geschlossen, sie ist eine der markantesten Kirchen an der Elbe – gibt es auch Geld aus Fördertöpfen. Thomas de Maizière (CDU) hat dafür gesorgt, dass aus Mitteln der Bundesregierung für Kultur und Medien ein Zuschuss von 196 000 Euro kommt. Aus dem Topf der Landesdenkmalmittel fließen 147 000 Euro und die Landeskirche gibt auch Geld dazu, sagt Pfarrerin Annegret Fischer.

Mit der gesicherten Finanzierung geht es jetzt auch ordentlich voran hinter den Schutzplanen. Bauleiter Wagner: „Wir haben zuerst – nachdem das Gerüst stand – alle Schäden noch einmal im Detail aufgezeichnet. Nur direkt am Bau lässt sich erkennen, welche Sandsteinstücke ausgetauscht werden müssen und wo wir was ersetzen können.“ Auch Hohlstellen im Putz lassen sich vom Gerüst aus abklopfen.

Die Fachleute der Denkmalbehörde waren auf dem Gerüst und haben den Einzelheiten am Bau zugestimmt. Jetzt sind die Putzhämmer zu hören.

Zugleich arbeiten die Experten der Firma Schubert an den neuen Sandsteinteilen, die eingesetzt werden sollen. Die Schieferdeckung vom Dach ist runter. Derzeit wird die Schalung neu eingebrettert, damit die Spitze des Turms neu eingedeckt werden kann. Nächste Woche, so kündigt Bauleiter Nikolaus Wagner an, steigen die Dachklempner auf das Gebäude, um erste Blechanschlüsse zu legen.

Vieles geschieht derzeit gleichzeitig am Turm der Friedenskirche. Die Aktion der Männer ganz oben am Kreuz ist da eine ganz besondere – auch, weil sie Symbolik hat. Am Kreuz wurden noch Reste von einer Vergoldung entdeckt, sagt Nikolaus Wagner. Jörn Würfel und Bernhard Lorenz alles sicher zu Boden gebracht. Im Kircheninnern werden Kreuz und Zubehör jetzt sicher gelagert.

In den nächsten Tagen sollen Angebote von Firmen eingeholt werden, die Kreuz und Kugel sanieren wollen. Und, Pfarrerin Annegret Fischer kündigt schon mal was Spannendes an: „Wahrscheinlich werden wir am 17. Juni, zum Gemeindefest, die Kassette aus der Kugel mit einer kleinen Feier öffnen. Mal sehen, was da zutage kommt.“

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