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Das Kraftwerk für die Hosentasche

Das Dresdner Unternehmen Ezelleron beginnt in diesem Jahr mit der Produktion. Es will die Stromerzeugung revolutionieren.

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© Christian Juppe

Von Bettina Klemm

Sein Kraftwerk ist klein, nicht viel größer als eine Zigarettenschachtel, und wiegt etwa 200 Gramm. Sascha Kühn will seinen Kunden damit eine völlig neue Freiheit bieten. Überall, unabhängig von jeglicher Stromquelle, können sie mit dem Mini-Kraftwerk beispielsweise ihr Handy oder den Laptop laden, Licht für die Fahrradlampe erzeugen oder den elektrischen Rasierapparat in Gang setzen.

Das Ganze funktioniert auf der Basis von Brennstoffzellen. Im Inneren gibt es drei Millimeter starke Keramikröhrchen. Handelsübliches Flüssiggas, beispielsweise wie es für Feuerzeuge genutzt wird, setzt sie zur Stromproduktion in Betrieb. Kühn, ein Werkstoffwissenschaftler, der im Bereich der Hochtemperaturbrennstoffzellen promovierte, hat das meiste selbst entwickelt: 30 Patente von ihm sind bereits veröffentlicht.

Derzeit richtet sein Unternehmen, die Ezelleron GmbH in Dresden, ihre neuen Büros und Fertigungsstätte in Niedersedlitz ein. Ziel ist es, noch in diesem Jahr mit der Produktion zu beginnen. 100 000 bis 150 000 Stück sollen für den Anfang pro Jahr gefertigt werden. Zunächst soll es das Kraftwerk in drei Varianten geben – für den Alltagsgebrauch, für Outdoor-Nutzer und für anspruchsvolle Kunden.

Noch sucht Ezelleron finanzielle Unterstützer. Vor einer Woche haben Kühn und seine Forscher auf der US-amerikanischen Internetplattform www.kickstarter.com die magische Grenze von einer Million Dollar erreicht. Bis zum 6. März will Ezelleron auch noch über eine Crowdfunding-Kampagne Geld für die erste Serienfertigung sammeln. Die ersten Bestellungen liegen bereits vor. Rund 80 Euro zahlen derzeit beispielsweise die Kickstarter-Interessenten. Später im Laden werden es mindestens 130 Euro werden.

Bis zum Produktionsstart war es ein weiter Weg. Der heute 41-jährige Kühn hat an der Universität Saarland in Saarbrücken studiert und promoviert. Später arbeitete er als Forschungsleiter einer europäischen Brennstoffzellenfirma. „Ich hätte auch gute Möglichkeiten gehabt, mich in den USA anzusiedeln“, sagt er. Durch Zufall traf er aber auf den Chef der Wirtschaftsförderung Sachsen, Peter Nothnagel. Dieser arbeitete damals noch im Wirtschaftsministerium. „Ich bin froh, dass ich erkannt habe, dass dahinter nicht nur Blütenträume, sondern eine reale Chance bestanden“, sagt Nothnagel rückblickend. Er lockte Sascha Kühn nach Sachsen. Dazu kamen zwei weitere Wegbereiter: Professor Alexander Michaelis vom Fraunhofer Institut IKTS stellte Kühn Büros und Labors zur Verfügung, ließ ihn am Fraunhofer Institut forschen. Das Wirtschaftsministerium sorgte mit einer Technologieförderung über die SAB für eine finanzielle Unterstützung. 2008 gründete Kühn die Firma Ezelleron, damals mit drei weiteren Mitstreitern. Zurzeit hat das Unternehmen 25 Mitarbeiter. Mit der weitgehend automatisierten Produktion werden zunächst 15 weitere hinzukommen. Auch wenn es schon internationale Interessenten gibt, geht Sascha Kühn davon aus, dass sein Kraftwerk in Deutschland produziert wird.

Er brachte auch viel eigenes Geld ein – bei Freunden, Familie und Verrückten geliehen, wie es bei Gründern üblich sei, sagt Kühn. Er hat alles auf die Karte Erfolg gesetzt, seine Rentenversicherung ist aufgelöst, Rücklagen aufgebraucht. Doch er holte auch Industrieaufträge rein. Rund 13 Millionen Euro sind letztlich schon investiert, bevor es richtig losgeht.

2012 hat Ezelleron den „F-cell-Award“, den wichtigsten deutschen Brennstoffzellenpreis, gewonnen. Es folgten weitere Auszeichnungen. In zwei, drei Jahren, so sieht es das Businesskonzept vor, wird das Unternehmen in den schwarzen Zahlen sein. Kühn rechnet kühn. Schon werden pro Jahr weltweit 1,2 Milliarden Smartphones verkauft. Drei Milliarden Menschen nutzen die mobilen Geräte. „Doch 20 bis 30 Prozent der Menschheit lebt in Regionen ohne konstante Stromversorgung. Da rechnen sich unsere Geräte sehr schnell“, sagt er. China, Indien, später Afrika könnten größere Märkte werden. „Wie einmal das Handy das Festnetz ersetzt hat, so werden wir die Steckdose ersetzen“, sagt er.