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Das kleine Glück

Sie kommen, um zu bleiben: Mieter der historischen Umkleidekabinen im Zschonergrundbad. Noch sind einige frei.

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© Sven Ellger

Von Nadja Laske

Ein einsamer Schwimmer zieht Freitagmorgen seine Bahnen. Leises Plätschern. Sonst liegt das Zschonergrundbad ganz still. Barbara Kühn liebt diese Ruhe – obwohl sie weiß, wie wichtig möglichst viele Gäste für das Freibad sind. Seit vielen Jahren arbeitet sie im Verein mit. Die wirklichen Schöpfer dieses Idylls seien andere, betont sie, Ehrenamtliche der ersten Stunde, die das verfallene Areal ab Mitte der 1990er-Jahre wiederbelebt haben. „Wir sind nur Kabinenmieter“, sagt Barbara Kühn und nestelt am Vorhängeschloss einer schmalen Holztür.

Sie reiht sich ein in eine Zeile aus 40 Türen, die zu den historischen Umkleidekabinen des Naturbades führen. Insgesamt fünf solcher Bauten stehen seit 1927 am Rand der Liegewiesen. Zwei hat der Naturkulturbad Zschonergrund e.V. schon denkmalgerecht restaurieren lassen. Einen nutzen Schulklassen als offenes Klassenzimmer und lernen dort unter anderem die vielen verschiedenen Pflanzen eines Kräutergartens kennen. Den anderen nutzen Badefreunde wie Barbara Kühn und ihr Mann Friedbert. Zur vergangenen Badesaison wurden die Kabinen eingeweiht. Vermietet sind bisher 30 der insgesamt 40. Der Verein freut sich über weitere treue Badbesucher, die kommen, um zu bleiben.

Die Holztür schwingt auf, dahinter ein winziger Raum. Etwa einen Quadratmeter groß. Hier bewahren Kühns alles auf, was sie an einem Sonnentag brauchen: Klapp-stühle und eine Klappliege, Badeschlappen und Handtücher. Sogar ein Spiegel gehört zur Ausstattung. Am Haken hängt ein großer Strohhut. Etwa eine halbe Stunde Fußweg hat das Paar von seiner Wohnung aus bis ins Zschonergrundbad. Das Auto lassen sie lieber stehen, denn an besonders heißen Tagen sind die Parkplätze ringsum rar. Wie schön ist es da, nichts als ein paar persönliche Dinge tragen zu müssen und trotzdem Annehmlichkeiten parat zu haben. Im eigenen Gartenstuhl sitzt es sich doch bequemer als auf einem Handtuch.

Immer mit dabei sind Kühns, seit sich die Interessengemeinschaft Briesnitz gegründet hat. Sie begann, das Bad zunächst wenigstens sonntags zu öffnen, um es nach jahrelangem Dornröschenschlaf wieder ins Gedächtnis der Dresdner zu bringen. „Manchmal kamen frühere Kabinenbesitzer vorbei, das war richtig rührend“, erzählt Barbara Kühn. Sie steuerten geradewegs auf die Tür zu, hinter der sie einst ihre Badeutensilien verstauten. „Wer eine Kabine hatte, behielt sie, die wurden förmlich vererbt.“ Schließlich gab es weder so viele Autos noch den heutigen öffentlichen Nahverkehr. Badegäste liefen oder fuhren mit dem Rad in die Sommerfrische.

Damals zahlten Badegäste 20 Pfennige Eintritt und auch die Kabinenmiete war entsprechend. Heute kostet der Betrieb eines Freibades Tausende Euro. Die Vermietung der Kabinen hilft wirtschaften, um auch die anderen Kabinen-Zeilen vor dem Verfall zu bewahren und sinnvoll zu nutzen. Für das erste Jahr zahlen neue Nutzer 100 Euro, jedes weitere kostet 50 Euro.

Auf den ersten Blick ist das Zschonergrundbad dort angekommen, wo die Initiatoren es haben wollten. Der zweite offenbart künftige Baustellen. Um Einnahmen zu generieren, vermietet der Betreiber Räume für Feste und Feiern. Die Nachfrage ist groß. Doch die Toiletten für diesen Zweck müssen dringend saniert werden. Ebenso Dach und obere Etage des ehemaligen Hauses der Schwimmmeisterfamilie. Wer mietet, meistert auch das mit.

Kontakt: Telefon 81035079, Merbitzer Straße 61