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Das kleine Geschäft auf dem Striezelmarkt

Toilettenbesucher haben nur drei Möglichkeiten. Wildpinkler zahlen mindestens 40 Euro Strafe.

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© Christian Juppe

Von Christoph Springer

Dresden. Der Toiletten-Sesam öffnet sich im Flüstermodus. 50 Cent müssen in den Geldschlitz des Kassenautomaten geschoben werden, bevor sich die mächtige Sperre in Bewegung setzen lässt. Es ist ein mannshohes Gebilde aus Stahlstangen und Gitterstäben, das an den Eingang eines Atomkraftwerks erinnert. In diesem Hochsicherheitstrakt befinden sich aber keine Kernbrennstäbe. Auf der anderen Seite der Sperre geht’s zu den Toiletten der McDonald’s-Filiale am Altmarkt. Ehemals frei zugängliches Gelände, vor dem sich vor allem in der Adventszeit lange Schlangen bildeten. Schließlich war das jahrelang ein WC-Geheimtipp in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Glühweinständen auf dem Striezelmarkt – gratis, warm und den Umständen entsprechend sauber.

Das ist seit reichlich drei Wochen Geschichte. „Wir sind damit kurz vor dem Striezelmarkt fertig geworden“, sagt Antje Baumann zum Einbau der Personenschleuse. Sie ist Marketingchefin der Willy Dany GmbH, die hinter 30 sächsischen McDonald’s-Filialen steht. 22 000 Euro hat sich das Unternehmen die neue Eingangsschleuse kosten lassen, so Antje Baumann weiter. Für die Benutzungsgebühr gibt’s am Kassenautomaten vor der Sperre einen Wertbon, den der Toilettengast später am Tresen des Burgerladens einlösen kann. Rein und raus geht's durch die neue Schleuse nur einzeln und im Gänsemarsch.

„Der Andrang ist nach wie vor recht hoch“, hat die Marketingchefin aus der Filiale am Altmarkt erfahren. Dank der Rückzahlungsoption mittels Wertbon sind die Toiletten der Burgerbraterei die günstigste WC-Option in unmittelbarer Nachbarschaft des Striezelmarkts.

Gleich vor dem Schnellrestaurant, hinter der Striezelmarkt-Information und neben der mobilen Polizeiwache, finden sich die nächsten Toiletten: mit Berg- und Schneepanoramen verkleidete Container, bei denen die Benutzung ebenfalls 50 Cent kostet. Dort gibt es keinen Wertbon, dafür aber mehrsprachige Benutzungserklärungen. Und Tannengrün, gleich vor der Eingangstür. Besonders günstig gelegen sind die Toiletten direkt unter dem Striezelmarkt. Der Zugang befindet sich etwas hinter der Weihnachtsmarktbühne. Es sind die Treppen und der Lift hinunter zur
Tiefgarage unter dem Striezelmarkt. Vor dem Eingang in das Parkhaus befindet sich eine öffentliche Bezahl-Toilette. Dort werden 70 Cent pro Besuch verlangt. Der
Kassenautomat am Eingang will passendes Geld, meistens stehen Mitarbeiter bereit, die Scheine und Münzen wechseln können.

Die Toiletten der Kreuzkirche sind nicht für Striezelmarkbesucher gedacht. „Die sind nur zu Veranstaltungen offen“, sagt Mira Körlin, Sprecherin der evangelischen Kirche in Dresden. Mit sogenannten Wildpinklern, die ihre Notdurft in einer dunklen Ecke an der Kirche verrichten, gibt es laut ihrer Auskunft keine Probleme mehr.

Die sind auch aus Sicht der Stadtverwaltung kein Thema. Spätestens seit der Eröffnung des Restaurants „Hans im Glück“ im Dezember des vergangenen Jahres sind die Säulen unter den Arkaden auf der Westseite des Altmarkts auch von hinten so hell beleuchtet, dass sich dort kein Wildpinkler mehr hinwagt. Nirgends rings um den Striezelmarkt findet sich noch eine dunkle Ecke, die dazu verleiten könnte, dort seine Notdurft zu verrichten.

Das Ordnungsamt, das wie die Polizei rund um die Uhr auf dem Striezelmarkt präsent ist, hat bisher noch keine Klagen über Menschen gehört, die öffentlich ihre Notdurft verrichten, sagt Rathaussprecherin Anke Hoffmann. Auch bei der Polizei sind bisher keine Wildpinkler-Sichtungen gemeldet worden, so deren Sprecher Thomas Geithner. Sollte den Beamten oder
den Rathausmitarbeitern doch ein Wildpinkler ins Netz gehen, droht ihm eine Geldstrafe. Laut der Polizeiverordnung der Stadt muss er wenigstens 40 Euro Strafe zahlen. Den Gegenwert von 80 Toilettenbesuchen im WC-Container auf dem Striezelmarkt oder im neuen Hochsicherheitstrakt von McDonald's.

Die Toiletten auf dem Striezelmarkt sind im offiziellen Lageplan des Weihnachtsmarktes eingezeichnet. Dieser Plan kann aus dem Internet auf der Seite www.dresden.de heruntergeladen werden. Der Suchbegriff lautet „Striezelmarkt-Programm“.