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Das Jeans-Paradies in der Provinz

Auf dem Land gibt es immer weniger Textilgeschäfte. Ein Laden in Sohland trotzt dem Trend. Das hat mehrere Gründe.

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© Steffen Unger

Von Katja Schäfer

Sohland. Jeans über Jeans. Ordentlich gestapelt liegen sie in großen Regalen und auf Tischen, hängen an Ständern und Haken. Hellblaue und Dunkelblaue, Schwarze und Graue. Schmale und Weite. „Das ist unsere Stärke. Wir befassen uns hauptsächlich mit Hosen, in erster Linie mit Jeans“, sagt Sabine Rämisch. Zusammen mit ihrem Mann Steffen führt sie das Geschäft „Jeans & Co“ neben dem Penny-Markt an der Bahnhofstraße in Sohland.

Der Laden liegt abseits des Ortszentrums und ist auch von der nahen Bundesstraße nicht besonders gut zu sehen. Dennoch behauptet sich „Jeans & Co“ – als eins der ganz wenigen Textilgeschäfte, die es im Bautzener Oberland gegenwärtig noch gibt. In Sohland ist es das Einzige. Zwei andere an der Bahnhofstraße und der Schlossstraße wurden in den letzten Jahren geschlossen. Auch in Wilthen machten mehrere Textilgeschäfte dicht. In der Stadt gibt es jetzt noch zwei sowie je eine Filiale der Ketten KiK und NKD, die hauptsächlich mit Textilien handeln. Cunewalde hat nicht ein einziges Textilgeschäft mehr.

Der Laden von Sabine Rämisch und ihrem Mann hingegen läuft gut. „Wir haben viele Stammkunden. Sogar aus Dresden kommen Leute zu uns“, berichtet die 53-Jährige. Angefangen hat alles mit der Wende. Da übernahm sie den ehemaligen Textil-Konsum in ihrem Heimatort Taubenheim. „Ich wollte was Eigenes machen und dachte mir so, verkaufen kann ich bestimmt“, erzählt die gelernte Krankenschwester. Damals sei alles viel einfacher gewesen, erinnert sie sich. „Die Leute hatten ja einen großen Nachholbedarf, weil es zu DDR-Zeiten kaum schöne Bekleidung zu kaufen gab.“ Jetzt hingegen sei der Markt übervoll, schätzt die Händlerin ein, die mit ihrem Geschäft Mitte der 90er Jahre nach Sohland umzog, weil dort die Lage besser und mehr Platz vorhanden ist. „Es werden immer neue Einkaufszentren geschaffen, obwohl genügend Verkaufsfläche da ist und die Leute ihr Geld ja nicht zweimal ausgeben können“, kritisiert sie.

Mit Fachkunde und Beratung gegen die Konkurrenz

Sabine Rämisch und ihr Mann behaupten sich gegen die Konkurrenz mit Fachkunde und guter Beratung. „Ich sehe die Leute an und weiß, welche Hosen für sie infrage kommen. Spätestens die Dritte, die ich in die Kabine gebe, sollte sitzen“, sagt die Taubenheimerin selbstbewusst, die selbst fast ausschließlich Jeans trägt. Ihren Umgang mit den Kunden beschreibt sie als locker, aber auch direkt. „Ich sage auch mal ganz deutlich ,ausziehen’, wenn jemandem was wirklich nicht steht“, berichtet Sabine Rämisch und fügt hinzu: „Ein Verkäufer sollte auch ein Gewissen haben“.

Zum Erfolg des Sohlander Geschäftes trägt aber sicherlich auch bei, dass es nicht nur eine sehr große Auswahl an Hosen bis hin zu Übergrößen bietet, sondern auch an Oberteilen. Die Palette reicht vom ärmellosen T-Shirt bis zur langärmligen Bluse. Dazu gibt es Gürtel, Tücher und Taschen. Alles ist alltagstauglich. „Das Klassische und Festliche ist nicht unsers“, sagt die Taubenheimerin, die mit ihrem Mann auch noch das Geschäft Garcia im Bautzener Kornmarktcenter und drei Läden in Hoyerswerda betreibt. Sie selbst ist aber meistens in Sohland anzutreffen. –

Der Handelsverband Sachsen hat zwar keine konkreten Zahlen dazu vorliegen, wie viele Einzelhandelsgeschäfte in den ländlichen Regionen in den letzten Jahren geschlossen wurden. David Tobias, Leiter der Geschäftsstelle Dresden, bestätigt aber, dass es auf dem Land kaum noch Textilgeschäfte gibt. Er weiß auch warum. „Besonders die Sortimente aus dem mittelfristigen Bedarf, dazu zählen unter anderem Textilien, Schuhe, Spielwaren und Unterhaltungselektronik, verlieren massiv Anteile an den Internethandel“, sagt er. Teilweise liege dessen Anteil am Umsatz schon bei 30 Prozent. „Folglich stehen diese Branchen unter dem größten Druck“, kommentiert David Tobias.

Druck durch das Internet

Diese Entwicklung bekommt auch Sabine Rämisch zu spüren. „Manchmal lassen sich Leute bei uns beraten und probieren Leute bei uns Hosen an, bis sie die passende gefunden haben. Sie kaufen sie aber nicht, sondern fotografieren das Etikett. Da weiß ich genau, dass sie dann im Internet suchen, wo sie das Teil am billigsten bekommen“, erzählt sie. Zum Glück sei das aber die Ausnahme. David Thomas vom Handelsverband animiert Händler, das Internet nicht nur als Konkurrenz zu sehen, sondern „die Chancen und Vorteile der digitalen Möglichkeiten“ stärker zu nutzen. Als Beispiele nennt er ansprechende Internetseiten als virtuelles Schaufenster und die digitale Kommunikation zur Kundengewinnung und -bindung. Um sich am Markt zu behaupten, empfiehlt der Handelsexperte Ladeninhabern, individuellen Service und Dienstleistungen besonders herauszustellen. Sabine und Steffen Rämisch tun das, indem sie sich auf Hosen und besonders Jeans spezialisiert haben. „Wir finden für jeden eine Passende“, weiß die Taubenheimerin aus ihrer jahrelangen Erfahrung.