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Das Imperium schlägt zurück

EU und USA wollen Russland mit neuen Sanktionen zum Einlenken in der Ukraine zwingen. Moskau sieht sich zu Unrecht am Pranger. Dreht der Kreml jetzt Europa den Gashahn zu?

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© dpa

Von Ulf Mauder und Wolfgang Jung

Moskau. Trotz Moskaus Warnungen vor einem „Bumerang-Effekt“ bestrafen die EU und die USA russische Energiefirmen und Politiker. Kremlchef Wladimir Putin beteuert wiederholt, er tue alles Mögliche für Frieden in der Ostukraine. Doch dem Westen ist das zu wenig. Nun drohen russische Gegenmaßnahmen. Einige Fragen im Überblick:

Wie wird Russland auf die neuen Sanktionen von EU und USA reagieren?

Die Russen lassen unter Druck nicht gern mit sich reden. Sie halten die Strafmaßnahmen für unrechtmäßig und haben den Westen immer wieder vor einem „Bumerang-Effekt“ gewarnt. Aus russischer Sicht schaden die EU und die USA auch ihrer eigenen Wirtschaft. Details dazu, mit welchen Sanktionen Russland genau antwortet, waren zunächst nicht bekannt. Die Rede ist in Moskau von einem Importstopp für westliche Autos und einem möglichen Überflugverbot. Westliche Fluggesellschaften müssten dann auf dem Weg nach Süd- und Ostasien das größte Land der Erde umfliegen. Längere Wege verursachen höhere Kosten - wohl auch eine Verteuerung der Flugtickets.

Dreht Russland aus Ärger über die Eskalation Europa den Gashahn zu?

Vor allem die Ukraine schürt solche Ängste vor einem russischen Gaslieferstopp, um Moskau international als unzuverlässig hinzustellen. Russland hat aber immer wieder betont, ein zuverlässiger Energielieferant für die EU zu sein. Auch als es zu Sowjetzeiten im Kalten Krieg schwere Spannungen mit dem Westen gab, lieferte Moskau stets sein Gas. Die Russen haben zudem großes Interesse an stabilen Lieferbeziehungen. Deshalb haben sie auch angesichts früherer Konflikte mit der Ukraine die Ostseepipeline Nord Stream gebaut, um die Versorgung der EU zu sichern. Die Russen hängen von den Milliardeneinkünften aus dem Gasverkauf ab.

Wie hart treffen die neuen Sanktionen Moskau?

Auch im Kreml schätzen leitende Funktionäre die Sanktionen als zerstörerisch ein. Kremlchef Putin selbst spricht nur von Schäden für seine Wirtschaft. Der Rubel schwächelt. Vor allem ist aber das Investitionsklima getrübt. Es herrscht aber die Meinung vor: „Was uns nicht umbringt, macht uns stärker.“ So versucht Russland etwa, seit dem Importstopp für westliche Lebensmittel seine eigene Landwirtschaft zu stärken. Auch ein Einfuhrverbot für Autos dürfte im Sinne Putins sein. Er sieht es ohnehin lieber, wenn die Russen sich in einen Lada setzen - statt im importierten Westauto herumzufahren.

Was sagen die betroffenen russischen Firmen zu den neuen Sanktionen?

Sie geben sich betont gelassen. „Das stört unser laufendes Geschäft nicht“, meint etwa der Rüstungskonzern Oboronprom. Schäden richten die Strafmaßnahmen aber doch an. So musste Russlands größter Ölkonzern Rosneft die Regierung um Milliardenhilfen bitten. Der Westen hofft, dass sich die Stimmung in der russischen Wirtschaft so weit eintrübt, dass die Konzernbosse den Kreml politisch unter Druck setzen. Zuletzt beschloss die Führung in Moskau Subventionen für die Landwirtschaft, um Teuerungen zu verhindern. Die Vereinigung Europäischer Unternehmen (AEB) in Moskau befürchtet bleibende Schäden und fordert alle Seiten auf, eine politische Lösung zu finden.

Können die Sanktionen den Ukraine-Konflikt lösen?

Aus russischer Sicht können die Strafmaßnahmen die Krise nicht beilegen. Im Gegenteil. Die Russen warnen davor, dass die Sanktionen in der ohnehin explosiven Stimmung um den Ukraine-Konflikt nur neue Zündelei seien. Trotz aller Härten für die eigene Wirtschaft will Russland zeigen, dass es sich vom Westen nicht steuern lässt. Frieden in der Ukraine, so betont Kremlchef Putin, ist nur über Verhandlungen der prowestlichen Führung in Kiew mit den prorussischen Separatisten zu erwarten. Der Präsident unternimmt aber inzwischen einige Anstrengungen, sich als Friedensstifter zu inszenieren. Er will am Ende als Sieger dastehen - und das kann er nicht, indem er sich von den Sanktionen des Westens geschlagen gibt. (dpa)