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Das heimliche Thema von Dresden

Eigentlich wollen die G7 über weltpolitische Weichenstellungen reden. Doch der drohende Bankrott Griechenlands ist allgegenwärtig.

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© Reuters

Von Jörn Bender und André Stahl

Die deutschen Gastgeber bemühen sich, das Thema kleinzuhalten. Zum Auftakt seien „nur ganz wenige Sätze“ über die Lage in Griechenland gewechselt worden, hieß es aus Verhandlungskreisen. Doch weil das kleine Euroland – mal wieder – am Abgrund steht, kommen auch die sieben führenden westlichen Wirtschaftsmächte nicht daran vorbei, beim G7-Treffen in der sächsischen Landeshauptstadt den drohenden Staatsbankrott Griechenlands zu thematisieren. Obwohl das Hellas-Drama offiziell nicht auf der Tagesordnung steht, ist Athen in Dresden allgegenwärtig. Krisendiplomatie in den Hinterzimmern des Taschenbergpalais’ liegt allein deshalb auf der Hand, weil sämtliche Geldgeber Griechenlands an die Elbe gereist waren. Eines wird rasch klar: So schnell, wie es die griechische Links-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras glauben macht, wird es keinen Durchbruch geben. „Die griechische Lesart wird hier in Dresden von niemandem geteilt“, sagte ein Verhandlungsführer. Es gebe trotz erster Fortschritte noch keine „handfesten Ergebnisse“ stellte auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, klar. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, man sei in der Sache noch nicht sehr viel weiter gekommen. Ähnlich sieht es auch die Europäische Zentralbank (EZB).

Die Amerikaner, die in Dresden in Person von Finanzminister Jack Lew mit am Verhandlungstisch sitzen, dringen darauf, das Problem endlich aus der Welt zu schaffen. Die USA warnen: Sollte die Rettung Griechenlands scheitern, würde das nicht nur die sozialen Probleme in dem Mittelmeerland verschärfen, sondern könnte auch Gefahren für die europäische Wirtschaft und sogar für die Weltwirtschaft mit sich bringen. Lew fordert in den Verhandlungen mit Athen mehr Flexibilität – allerdings gehören die USA auch nicht direkt zu den Geldgebern Griechenlands, allenfalls indirekt als größter Anteilseigner des IWF.

Von Horror-Szenarien lassen sich die Europäer indes nicht drängen – obwohl sich die Lage zuspitzt: Athen muss allein im Juni etwa 1,55 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen und sucht dafür verzweifelt nach Geldquellen. Doch die Europäer bleiben aus mehreren Gründen hart. Sie pochen darauf, dass nicht erneut nur kurzfristig Finanzlöcher gestopft werden und die Methode Tsipras nicht Schule macht in anderen Euro-Ländern. Es gehe darum, Griechenlands Wirtschaft dauerhaft auf ein solideres Fundament zu stellen und die Währungsunion als Ganzes als stabile Staatengemeinschaft zu erhalten.

Vorsorglich bauen Griechenlands Geldgeber für den schlimmsten Fall vor: „Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt. Falls doch, bin ich überzeugt, dass der Euro das überleben wird“, sagte IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard dem Handelsblatt. „Wir haben untersucht, was passieren könnte, wenn die Krise auf andere Länder übergreift. Die EZB hat die Mittel, um das in den Griff zu kriegen.“

Vor den G7-Beratungen nahm Schäuble in der Dreikönigskirche an einem Gottesdienst teil – eingeladen hatte das Entschuldungsbündnis „erlassjahr.de“. Das Thema: „... wie auch wir vergeben unseren Schuldnern“. Den Organisatoren geht es um einen fairen Umgang mit überschuldeten Staaten. Kaum anzunehmen aber ist, dass Schäuble nach den mahnenden Worten des sächsischen Landesbischofs Jochen Bohl Griechenland jetzt entgegenkommt und weitere Schulden streicht. (dpa)