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Das hat die Bahn in Glaubitz und Nünchritz vor

Während des Ausbaus der Bahnstrecke brauchen Anwohner viel Geduld – dafür bekommen sie endlich einen Lärmschutz.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Die Karten sind begehrt. Glaubitzer und Nünchritzer stehen dicht gedrängt um die Tische in der Aula der Anerkannten Schulgesellschaft (ASG), um ihre Grundstücke auf den Plänen zu suchen. Mehr als Hundert Menschen sind am Donnerstagabend gekommen. Sie wollen von der Deutschen Bahn erfahren, welche Auswirkungen der Ausbau der Eisenbahnstrecke zwischen Zeithain und Leckwitz auf sie hat. Und die sind zum Teil beträchtlich.

Gebaut wird voraussichtlich in den Jahren 2020 bis 2024

Ziel des Ausbaus ist es, dass der ICE mit bis zu 200 Stundenkilometern zwischen Dresden, Riesa und Leipzig fahren und die Fahrzeit damit erheblich verkürzt werden kann. Zwischen Herbst 2020 und 2024 soll dafür der Abschnitt zwischen dem Abzweig Leckwitz und dem Zeithainer Bogendreieck fit gemacht werden. Die größten Einzelmaßnahmen werden laut Projektleiter Klaus Riedel der Umbau der zwei Glaubitzer Bahnübergänge zu Eisenbahnunterführungen sowie die Erweiterung der Gleisanlagen am Bahnhof Weißig sein. Die Bahn rechnet mit Kosten von insgesamt etwa 100 Millionen Euro.

Entlang der Gleise entstehen über vier Kilometer lange Schallschutzwände

Der wichtigste Aspekt für viele Anwohner ist bei dem Projekt aber der Schallschutz. Denn viele Häuser stehen direkt neben den Gleisen – auch während der Informationsveranstaltung sieht man immer wieder Züge vor dem Fenster der ASG-Aula vorbeirauschen. Noch. Denn laut Klaus Riedel werden im Zuge der Bauarbeiten überall dort Schallschutzwände aufgestellt, wo es eine Bebauung gibt. Auf der Elbseite sogar über eine Länge von fast vier Kilometern, beginnend an der Riesaer Straße in Glaubitz.

Auf der anderen Seite der Gleise werden die Alu-Profile entlang der Oststraße, an den Nünchritzer Kleingärten sowie am Bahnhof Weißig errichtet. Die Wände sind dabei jeweils zwischen zwei Meter an den Gärten bis zu fünf Metern an der Nünchritzer Karl-Marx-Straße hoch und werden in der Regel 3,80 Meter von der Gleisachse entfernt aufgebaut.

Die alten Bahnhofsgebäude werden abgerissen

Der Bau braucht Platz. Klaus Riedel kündigte deshalb an, ab Ende des Jahres auf die Eigentümer wegen der notwendigen Grundstückskäufe – vorübergehend oder endgültig – zuzukommen. Gänzlich abgerissen werden unter anderem die Bahnhofsgebäude und der alte Bahnsteig in Weißig sowie das leerstehende Schrankenwärterhäuschen an der Poststraße Glaubitz. Auch der Bahnhof Glaubitz muss weichen. Da der sich aber noch in Privatbesitz befindet, müsse erst noch über den Kauf verhandelt werden. Genau wie über den Abriss von sieben Gartenhäuschen nahe der S 40 in Nünchritz. Die Nähe zu den Gleisen sei auf Dauer sowieso keine gute Lösung für die Laubenpieper, sagte Klaus Riedel, „und wir können auch nicht um jedes Gartenhaus herumbauen.“ Denn im Prinzip benötigt man für den Bau etwa neun Meter zu beiden Seiten der Gleise. In diesem Bereich dürfen auch künftig keine großen Bäume mehr stehen. Unter anderem muss deshalb der selbst gepflanzten Schallschutz entlang der Langenberger und der Oststraße in Glaubitz abgeholzt werden. Dafür soll es laut Bahn aber Entschädigungen geben.

Auf die Anwohner kommen jahrelangen Straßensperrungen zu

„Um Gottes Willen“, murmelte eine Glaubitzerin, als die Bahn die geplanten Sperrungen vorstellte. Denn vor allem die Glaubitzer brauchen während der Bauzeit viel Geduld. Die Bahnübergänge an der Bahnhof- und der Poststraße werden wohl 2020 bis 2023 gesperrt und der Verkehr über die B 98 und Nünchritz umgeleitet. Nur der Übergang Bahnhofstraße wird für Fußgänger passierbar bleiben, für die Sicherheit sorgt dann eine Schrankenanlage.

Die Poststraße aber bleibt dicht, so Klaus Riedel. Da die Bahnstrecke auch während der Bauzeit eingleisig befahren wird und die beiden Übergänge so nah beieinander liegen, ließe sich das anders nicht handhaben. Nach jetzigem Stand soll 2021 das Gleis aus Dresden erneuert werden, 2022 das Gleis nach Dresden. Nach der Kritik vom Glaubitzer Bürgermeister Lutz Thiemig (parteilos) versprach die Bahn aber, eine Lösung für die Schulkinder zu finden, deren Schulweg normalerweise die Gleise an der Poststraße quert. Lutz Thiemig forderte als Kompromiss wenigstens eine Straßenbeleuchtung an der Gartenstraße, damit die Kinder im Winter den Umweg nicht im Dunkeln laufen müssen. „Ich denke, das kriegen wir hin“, so Klaus Riedel.

Für die Bahnfahrer gibt es immerhin eine gute Nachricht: Während der Bauzeit werden die Haltepunkte Glaubitz und Nünchritz bestehen bleiben, sicherte die Bahn zu. Die Züge werden dort also – unabhängig von eventuell notwendigen Fahrplanänderungen – weiterhin in den Orten halten.

Betroffene können in den nächsten Monaten Einwände abgeben

Voraussichtlich im Frühjahr sollen die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren eingereicht werden, bei dem in den kommenden Monaten auch Behörden und Anwohner noch einbezogen werden und ihre Bedenken äußern können. Zuständig dafür sind das Eisenbahnbundesamt sowie die Landesdirektion. Das Genehmigungsverfahren wird voraussichtlich zwei bis zweieinhalb Jahre dauern.