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Das Großstadt-Glück

Die Dresdner sind kulturinteressiert, treffen sich gern mit Freunden und verspüren doch manchmal ein wenig Landlust.

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© Christian Juppe

Von Tobias Winzer

Manchmal ist auch Guido Droth regelrecht erschlagen von dem Angebot. „Das ist fast eine Übersättigung“, sagt der 27-Jährige, den man als Theaterenthusiasten bezeichnen muss. Mindestens einmal pro Woche schaut er sich ein Stück im Staatsschauspiel, im Societaetstheater oder in Hellerau an. „Ich könnte an einem Abend in zehn verschiedene Stücke gehen“, sagt der Dresdner. „Es ist Wahnsinn, dass sich eine Stadt wie Dresden so etwas leisten kann.“

Für Droth sind die Theaterabende der perfekte Ausgleich zu seinem Job bei der Sparkasse. „Das öffnet eine andere Welt. Da herrschen andere Regeln“, sagt er. Was macht ihn daran glücklich? Kurzfristiges Glück empfinde er, wenn er einen schönen Theaterabend gemeinsam mit Freunden genießen könne. Langfristiges Glück ziehe er aus den Denkanstößen, die die Stücke lieferten. „Das hilft mir, meine eigenen Handlungen zu reflektieren.“

Erste Erkenntnis: Die Dresdner finden ihr Glück in der Freizeit

Insgesamt haben sich in ganz Ostsachsen 12.700 Leser an der Glücksumfrage der Sächsischen Zeitung beteiligt, darunter 3.700 Dresdner. Ein Ergebnis vorweg: Was das Glücklichsein ihrer Einwohner angeht, rangiert die Landeshauptstadt nicht ganz vorn. So wie Guido Droth sind die Dresdner aber verzückt von den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, einem wichtigen Glücksfaktor. Theater-, Konzert, Museumsbesuche oder Vereinsleben dienen dabei nicht nur einem Selbstzweck, sondern stellen für die Dresdner ein Stück soziale Gemeinschaft her. Das, was im ländlichen Raum das Familienleben ist, wird in Dresden manchmal durch einen eingeschworenen Freundeskreis kompensiert.

Und im Vergleich zum Umland finden die Dresdner ihre Freunde relativ oft bei Freizeitaktivitäten. Sandkastenfreunde oder befreundete Nachbarn gibt es in der anonymen und von Zuzüglern geprägten Großstadt hingegen relativ selten.

Zweite Erkenntnis: Die Dresdner macht Geld zufrieden, aber nicht glücklich

Die Dresdner verdienen am meisten Geld in Sachsen – der mittlere Lohn liegt bei monatlich 2 527 Euro brutto. Das hat eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergeben. Die Glücksumfrage zeigt nun: Zwar sind die Dresdner mit ihrem Einkommen zufrieden, aber so richtig glücklich nun auch wieder nicht. Jedenfalls landen die Dresdner, was die Zufriedenheit mit dem Einkommen angeht, im Mittelfeld. Woran das liegen könnte?

Erstens sind die Einkommen im Durchschnitt zwar hoch, es gibt aber auch eine ganze Menge Dresdner, die ihr Einkommen, obwohl sie voll erwerbstätig sind, als niedrig oder sehr niedrig einschätzen – auf exakt 23 Prozent der Befragten trifft das zu. Zweitens ist das Glücksgefühl immer relativ. Selbst derjenige, der gut verdient, kann unglücklich damit sein, weil der Nachbar eben noch ein bisschen mehr bekommt.

Dritte Erkenntnis: Die Dresdner sind fit und zufrieden mit ihren Ärzten

Neben der Gemeinschaft und dem Geld betrachten Glücksforscher die Gesundheit als eine dritte wichtige Glücksquelle. Und da haben die Dresdner wenig zu klagen. Im Vergleich mit allen Umfrageteilnehmern sind die Dresdner überdurchschnittlich zufrieden mit ihrer Fitness. Sie fühlen sich körperlich gesund, sind relativ selten erschöpft und haben relativ selten Schmerzen. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich die Dresdner vergleichsweise gut von Ärzten umsorgt fühlen.

Sowohl bei der Zufriedenheit mit der Hausarzt- und Facharztdichte (Bewertung 3,8 und 3,3 auf einer Fünfer-Skala) als auch bei der Zufriedenheit mit der Behandlungsqualität (3,6) landet Dresden auf den vorderen Plätzen in ganz Ostsachsen. Auch mit der Terminvergabe (2,8) und der Wartezeit in den Arztpraxen (2,8) sind die Dresdner zufriedener als der durchschnittliche Ostsachse. Kein Wunder: Wer in Dresden beim Arzt zu lange warten muss, kann oftmals einfach zum nächsten wechseln. Auf dem Land ist das schwieriger.

Vierte Erkenntnis: Die Dresdner macht das Landleben glücklich

Die Ergebnisse der SZ-Glücksumfrage spiegeln die typischen Vor- und Nachteile einer Großstadt wider. Auf der einen Seite ist das Freizeitangebot überragend, das Einkommen gut, und es ist relativ leicht, Menschen mit demselben Geschmack und denselben Interessen zu finden. Auf der anderen Seite ist das Familienleben weniger stark ausgeprägt als im Umland. Es gibt mehr Singles, Geschiedene und Verwitwete, worunter auch das Liebesleben leidet. Und das Wohnen ist relativ teuer. So ist es auch nicht überraschend, dass die Menschen dort am glücklichsten sind, wo sich die Vorteile des Stadt- und die des Landlebens miteinander vereinbaren lassen.

So werden in den Nachbarstädten Radeberg, Radebeul und Freital höhere Glückswerte erreicht als in Dresden. Und innerhalb der Stadt liegen die eher ruhigen oder ländlichen Gebiete, wie Loschwitz, das Schönfelder Hochland, Langebrück und Weixdorf sowie die Ortschaften rund um Cossebaude ganz vorn.

›› Alle Analysen und Ergebnisse fassen wir in unserem Glücks-Spezial zusammen.