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Das große Loch von Groitzsch

Regenwasser vom Gewerbegebiet flutet einen alten Kalksteinbruch – das Oberbergamt dringt auf Abhilfe, doch die kostet viel Geld.

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© Udo Lemke

Von Udo Lemke

Klipphausen. Der Weg führt steil bergab wie in ein Tal. An dessen Grund blinkt Wasser, und darüber ragt eine steile Felswand auf. Was auf den ersten Blick fast wie eine Idylle anmutet, entpuppt sich auf den zweiten als ein ausgewachsenes Problem für die Gemeinde Klipphausen. Denn hier am rund fünfeinhalb Hektar großen Gewerbegebiet in Groitzsch befindet sich ein altes Kalkbergwerk, und hier läuft das Regenwasser vom Gelände der vier Firmen hinein. Das tut es schon seit vielen Jahren. Doch, was bislang kein Problem war, ist nun eines.

Das für die Hinterlassenschaften des Bergbaus zuständige Sächsische Oberbergamt mit Sitz in Freiberg will nicht mehr, dass Regenwasser aus dem Gewerbegebiet in den alten Kalksteinbruch fließt. Der Grund: „Es besteht die Notwendigkeit zur Unterbindung der Regenwassereinleitung in den Tagesbruch, um erhebliche Gefahren aus dem vorhandenen Altbergbau durch unkontrollierbare Brüche der Tagesoberfläche zu verhindern“, erklärte Martin Herrmann, der zuständige Abteilungsleiter beim Oberbergamt.

Der Tagesbruch, also das große Loch von Groitzsch, war nämlich einst der Eingang zu einem unterirdischen Kalkbergwerk, worauf noch ein Höhleneingang über der Wasseroberfläche hinweist. „Im Kalkbergwerk Groitzsch wurde bis Juli 1956 Kalk abgebaut. Ab 1956 erfolgte die Stilllegung. Das Kalkbergwerk besitzt fünf untertägige Abbausohlen, die aus dem Tagebau heraus aufgefahren wurden“, heißt es dazu aus Freiberg.

Wenn nun Regenwasser in das Tagebaurestloch fließt und wieder versickert, ergeben sich schwankende Wasserstände, die am weichen und porösen Kalkstein arbeiten, sodass die Gefahr bestehen könnte, dass Teile des alten Bergwerks einstürzen, erläutert Dieter Schneider, der Bauamtsleiter der Gemeinde Klipphausen. „Das Oberbergamt hat hierzu die Gemeinde aufgefordert, eine Regenwassereinleitung direkt in den Tagesbruch zu unterbinden“, heißt es noch einmal bekräftigend seitens der Behörde. Geschehen könnte das über die alte Rösche, die es am Kalkbruch gibt.

Eine Rösche wird eine Rinne zur Wasserableitung im Bergbau genannt. Sie leitet das Wasser vom Tagebauloch weg in den Dorfbach. Allerdings ist sie teils verschüttet, denn Teile des Tagebaulochs wurden später als Abfalldeponie benutzt. „Wir haben schon mehr als 100 000 Euro zur Sanierung der Rösche aufgewendet“, erklärt Bauamtschef Schneider. Und das, was das Oberbergamt will – „möglich bleibt voraussichtlich eine geordnete Einleitung in das Tagebaurestloch und anschließend in die Rösche zur Ableitung in die Vorflut“ – würde die vollständige Sanierung der Rösche erfordern. „Mit 200 000 bis 250 000 Euro wäre die Gemeinde bestimmt dabei“, sagt Bürgermeister Gerold Mann.

Und das ist noch nicht alles, denn das Oberbergamt bemängelt noch einen weiteren Punkt: „Die Rösche ist nur ein Teil eines Regenwasserableitungskonzeptes für das Gewerbegebiet. Darüber hinaus besteht auch die Notwendigkeit zur Unterbindung einer ungefassten Regenwasserableitung frei über die Böschungen in das Tagebaurestloch. Die schon eingetretenen und sichtbaren Schäden an den Böschungen zeigen Ausspülungen, Rutschungen und tiefgreifende Erosionsrinnen. Neue Lösungen der Regenwasserableitung sind erforderlich um die weitere Destabilisierung der Böschungen aufzuhalten“, so der Abteilungsleiter Hermann.

Für Bürgermeister Gerold Mann steht fest, dass es nur mit den Firmen – der Agro GmbH Burkhardswalde, der Großbäckerei Bäko Ost und dem Metallbauunternehmen Grasdorf-Räder-GmbH – nicht gegen sie eine Lösung geben kann. Man sei froh mit dem Groitzscher Gewerbegebiet keines auf der grünen Wiese, sondern ein historisch gewachsenes zu haben. Außerdem hätten sich die Firmen auf die Jahr für Jahr erteilten wasserrechtlichen Genehmigungen verlassen, und auch deshalb könnten sie jetzt nicht alleingelassen werden. Zwar teilte das Oberbergamt mit, dass ihm „keine Förderprogramme für die Umsetzung von Sicherungsarbeiten bekannt sind“. Aber die Gemeinde prüft derzeit nun Fördermöglichkeiten, so Bauamtschef Schneider.