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Das große Krabbeln auf dem Kopf

Die Zahl der gemeldeten Läusefälle ist deutlich angestiegen. Vor allem Eltern müssen achtsam sein.

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Von Juliane Richter

Dresden. Wenn sich das Kind verstärkt am Kopf kratzt, ist es oft schon zu spät. Denn dann haben sich wahrscheinlich nicht nur Läuse auf der Kopfhaut angesiedelt, sondern diese sind auch schon agiler, geschlechtsreif und bereit für die Reise zum nächsten Kopf. So vermehren sich Läuse vor allem da, wo sich Kinder nahekommen: in Schulen und Kitas.

Eine Kopflaus vom Menschen (Pediculus humanus): Springen können sie nicht.
Eine Kopflaus vom Menschen (Pediculus humanus): Springen können sie nicht. © dpa
Tote Nissen, die zwischen den Haaren kleben, kämmt man mit einem Spezialkamm aus.
Tote Nissen, die zwischen den Haaren kleben, kämmt man mit einem Spezialkamm aus. © dpa

Dort tritt das große Krabbeln seit einigen Wochen wieder verstärkt auf. Allein seit dem Schuljahresbeginn im August sind dem Dresdner Gesundheitsamt über 550 neue Fälle gemeldet worden. Laut Kerstin Haase, Leiterin des Sachgebiets Infektionsschutz, ist diese Häufung zum Start in ein neues Schuljahr zunächst nicht ungewöhnlich. Allerdings sind die Gesamtzahlen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Während 2014 nur rund 1 160 Fälle bekannt wurden, waren es vergangenes Jahr mehr als 1700. Und auch in diesem Jahr sind bisher bereits 1 367 Fälle gemeldet worden. Die Fälle sind dabei gleichmäßig über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Besonders betroffene Stadtteile gibt es laut Gesundheitsamt bisher nicht.

Als Grund für den Anstieg vermutet das Amt, dass sich Erzieher und Lehrer der Meldepflicht wieder bewusster sind. Früher blieben dem Amt viele Fälle verborgen. Andererseits haben die Familien selbst großen Einfluss auf die Vermehrung der Parasiten. „Alles steht und fällt mit der Achtsamkeit der Eltern“, sagt Kerstin Haase vom Gesundheitsamt. Nur mit Hilfe wöchentlicher Kontrollen könnten Läuse schnell erkannt und bekämpft werden.

So bekämpft man Läuse

Man sagt Läusen nach, dass sie von Kopf zu Kopf springen können. Aber stimmt das eigentlich? „Nein“, sagt Dermatologe Andreas Jesper aus Lüdenscheid. «Springen können Läuse nicht.» Sie krabbeln. Für eine Übertragung müssen Menschen länger Körperkontakt haben - auch mit den Haaren. Weil Kinder eher mal die Köpfe zusammenstecken oder miteinander balgen, sind sie häufiger von Läusen befallen als Erwachsene. Ein typischer Übertragungsweg ist auch der Tausch von Mützen.

Läuse und deren eiförmige Larven (Nissen) lassen sich auf verschiedenen Wegen bekämpfen: Synthetische Silikonöle seien am effektivsten, sagt Jesper, der Mitglied im Berufsverband der Deutschen Dermatologen ist. „Sie verschließen die Atemöffnungen von Läusen.“ Dadurch sterben die kleinen Tierchen ab. Im Gegensatz zu anderen Substanzen gebe es bei diesen Mitteln noch keine Resistenzen unter den Läusen - sie wirken also sicherer. Für Menschen seien diese Öle dagegen nicht giftig.

Mit solchen Mitteln sollte man innerhalb von acht Tagen zweimal den Kopf behandeln, rät Jesper. Denn bei der ersten Behandlung könne man nie sicher sein, ob man tatsächlich alle Läuse und Nissen erwischt hat. Tote Nissen, die zwischen den Haaren kleben, kämmt man mit einem Spezialkamm aus.

Wer Läuse hatte, sollte außerdem die getragene Kleidung waschen und mehrere Tage in geschlossenen Säcken aufbewahren, so Jesper. Damit wird sichergestellt, dass auch alle Parasiten, die auf der Kleidung waren, tot sind. (dpa)

Läusemittel imTest:

››› Stiftung Warentest bewertete 5 Läusemittel (kostenpflichtig)

››› Ökotest nahm 16 Läusemittel unter die Lupe (kostenpflichtig)

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Tritt ein Lausbefall in einer Schule oder Kita auf, werden die Eltern in der Regel mittels eines Aushangs darüber informiert. Dann sollten sie selbst die Köpfe ihrer Kinder kontrollieren. Allein auf die wachsamen Blicke der Lehrer und Erzieher zu vertrauen, reicht nicht aus. Laut Marco Fiedler, Sprecher des Eigenbetriebs Kindertageseinrichtungen, werden die Kinderköpfe in kommunalen Kitas nicht prophylaktisch kontrolliert. „Das wäre mit den Persönlichkeitsrechten der Kinder nicht vereinbar“, sagt er. Nur falls es einen begründeten Verdacht gibt, schauen die Erzieher nach. In Absprache mit den Eltern. Werden dann Läuse festgestellt, müssen die Eltern das Kind sofort aus der Einrichtung abholen. Betroffene Schlafanzüge, Bettwäsche, Handtücher, Haarbürsten und Ähnliches werden dann umgehend ausgewechselt.

Medizinprodukte auf Ölbasis helfen

Um die lästigen Parasiten schließlich wieder loszuwerden, hilft nur der Griff zum Behandlungsmittel. Verschiedene Arzneien töten die Läuse mittels Chemikalien ab. „Dagegen können die Tiere aber resistent werden. Deshalb empfehlen wir eher Medizinprodukte“, sagt Kerstin Haase vom Gesundheitsamt. Diese wirken auf Ölbasis und ersticken die Tiere. Allerdings können auch hier Fehler gemacht werden. Womöglich sind die Haare vorher zu nass, das Mittel wird zu stark verdünnt oder zu wenig davon aufgetragen. Insbesondere bei langen Haaren. „Die Mittel sind nicht billig. Vor allem ärmere Familien versuchen, daran zu sparen“, sagt Haase. So kann es passieren, dass mit einer ersten Behandlung nicht alle Tiere und Nissen abgetötet werden. Diese schlüpfen dann im Verlauf der folgenden Woche. Deshalb empfiehlt das Gesundheitsamt in jedem Fall eine Folgebehandlung nach acht bis zehn Tagen. Nur so könne man sicher gehen. Und: Läusekämme mit langen Stahlzinken sind noch immer am besten geeignet, um die kleinen Krabbler auszukämmen.

Wurde das Kind mit so einem Medizinprodukt behandelt, kann es direkt im Anschluss die Schule oder Kita wieder besuchen. Marco Fiedler vom Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen weist jedoch darauf hin, dass laut Infektionsschutzgesetz das betroffene Kind erst dann wieder in die Kita darf, wenn ein Arzt „seine Unbedenklichkeit erklärt hat“. Oder wenn eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes vorliegt. Bei aller Konzentration auf die Kinder sollten Eltern übrigens auch bedenken, dass Erwachsene nicht resistent gegen Läuse sind. Gerade wer mit seinem Kind gerne und oft kuschelt, kann genauso schnell betroffen sein.

››› Ausführliche Informationen zur Bekämpfung von Läusen findet man unter www.gesundheitsinformation.de.