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Das Görlitzer Café-Geheimnis

Neue Gastronomen haben es mitunter nicht leicht. Ganz viel hängt von fähigem Personal ab. Das zu finden, ist schwer.

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© Nikolai Schmidt

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Alte Möbel, aber neue Gesichter. Das nostalgisch wirkende Café, hat seine Einrichtung behalten, die so ein bisschen an eine Puppenstube erinnert. Geführt wird die im März 2016 eröffnete Kaffeestube im Stadtpark mittlerweile aber nicht mehr von Thomas Seliger. Oliver Liebl ist seit Anfang Juli der neue Chef hier, Stammgästen aber kein Unbekannter. Denn bei Thomas Seliger hatte er schon als Barista gearbeitet. Als einer, der Kaffeespezialitäten zubereitet.

Die Neuen von der Kaffeestube im Stadtpark: Betreiber Oliver Liebl mit seiner Frau Claudia (Mitte), Sohn Moritz und Kellnerin Agnieszka Scheffler. Fünf Jahre Anlaufzeit braucht ein Restaurant oder Café heute, sagt Oliver Liebl. Bei ihm läuft’s gut.
Die Neuen von der Kaffeestube im Stadtpark: Betreiber Oliver Liebl mit seiner Frau Claudia (Mitte), Sohn Moritz und Kellnerin Agnieszka Scheffler. Fünf Jahre Anlaufzeit braucht ein Restaurant oder Café heute, sagt Oliver Liebl. Bei ihm läuft’s gut. © Pawel Sosnowski
Auch sie haben in den vergangenen Monaten ein Restaurant eröffnet: Das französische La Vie von Dorota und Jean-Pierre Holtzweiler auf der Weberstraße läuft.
Auch sie haben in den vergangenen Monaten ein Restaurant eröffnet: Das französische La Vie von Dorota und Jean-Pierre Holtzweiler auf der Weberstraße läuft. © Nikolai Schmidt

Und genau mit diesem Pfund wuchert er. „Wir machen den besten Kaffee der Stadt“, lautet seine kühne Behauptung. Das allein ist es aber nicht, worauf sich seiner Meinung nach der Erfolg des Cafés begründet. Das eigentlich ziemlich ab vom Schuss liegt, zumindest kommt Laufkundschaft hier im Stadtpark eher nicht durch. Sodass sich Liebl und sein Team, das aus Ehefrau und Servicekraft besteht, die Gäste gewissermaßen erarbeiten müssen.

Mit leckeren Kuchen und Torten zum Beispiel. Die macht Liebls Frau selber, auch wenn sie durch Baby Moritz eigentlich schon genug zu tun hat. Den Kuchen kann man natürlich auch bei einer der Themenhochzeiten verzehren, die die Kaffeestube anbietet. Keine allzu großen Partys, denn mehr als 25 Gäste passen nicht hinein. Aber was ganz Spezielles eben. Die Buffets seien kein Standard, sondern genau das, was die Gäste sich wünschen. „Und wir nehmen uns Zeit für die Leute“, sagt Liebl. Das alles funktioniert scheinbar, denn der Betreiber denkt über erweiterte Öffnungszeiten nach, aber erst im kommenden Jahr. „Dafür bräuchte ich aber noch Personal, und das ist schon schwierig.

Diese bittere Erfahrung musste auch Anne-Kirsten Boden machen. Zwar betreibt sie ziemlich erfolgreich das Café 13 in der Altstadt. Jedoch hat ihre neue gastronomische Idee keinen Erfolg gehabt: die Wiesn Schänke auf der Luisenstraße. Einen Biergarten im bayrischen Stil hatte sie vergangenen November eröffnet. Doch obwohl es etwas Vergleichbares in Görlitz noch nicht gibt, hat es nicht funktioniert. „Die Wiesn Schänke ist gänzlich zu, ich möchte die Leute auch nicht zum Narren halten mit zu, auf, zu, auf“, sagt Anne-Kirsten Boden. Deswegen bleibe sie zu. Die Begeisterung der Gäste, die da waren, hat ihr gefallen. Aber viele hätten sich nicht getraut, auf die Luisenstraße zu kommen. „Die Straße selbst hat leider keinen guten Ruf, wogegen ich auch mit ankämpfen wollte. Schade eigentlich, viele fanden das Konzept echt klasse.“ Und sie habe ein weiteres Problem gehabt, sagt die Gastronomin: .„Ich habe leider keinen Koch mehr und ohne wird das nix. Aber einen guten Koch zu finden ist nicht gerade einfach.“

Hier kann normalerweise die städtische Wirtschaftsförderung, um die sich die Europastadt Görlitz/Zgorzelec GmbH (EGZ) kümmert, um Rat und Hilfe gefragt werden. Immerhin organisiert sie Jobbörsen, hat sich dem Thema Fachkräftemangel verschrieben. „Wir versuchen, so präsent und transparent wie möglich zu sein“, sagt Eva Wittig von der EGZ. Allein – in der Gastronomie scheint sich das noch nicht herumgesprochen zu haben. Hin und wieder meldet sich mal ein Gastronom, der sich in der Stadt ansiedeln will und sich von der EGZ begleiten lässt. So wie Jean-Pierre und Dorota Holtzweiler. Nach langer, gemeinsamer Suche mit der EGZ, hatten sie sich für die Weberstraße entschieden. Doch sie sind die Ausnahme: „Es gibt viele Unternehmer, die sich auch mal bei uns melden. Bei den Gastronomen ist das leider nicht der Fall“, sagt Eva Wittig. .Und so konstatiert auch Anne-Kirsten Boden: „Nein, ich hatte keine Unterstützung durch die städtische Wirtschaftsförderung.“ Dabei könnte gerade auch bei der Koch- oder Servicepersonal-Suche ein Jobspeeddating ein so effektives Mittel sein, glaubt Eva Wittig.

Weniger Probleme hat inzwischen Thomas Koch vom Café Rosengarten auf dem Görlitzer Obermarkt. Zu Ostern eröffnet, kann Koch heute sagen: „Es läuft gut an. Wir können die sehr gute Qualität von der Eröffnung bis jetzt halten.“ Inzwischen sei das Angebot um Frühstück erweitert worden. Alleinstellungsmerkmal hier ist aber das preisgekrönte Eis. „Unser Eis hat bei den Europameisterschaften den dritten Platz erreicht, es enthält keine Chemie, wird mit Frischmilch und Sahne hergestellt“, sagt Koch. Bezogen wird es von einer Dresdner Eismanufaktur.

Damit haben sich Thomas Kochs bittere Erfahrungen in Görlitz schließlich zum Positiven gekehrt. Denn er war zuvor auch der letzte Betreiber des Lokals namens Lolos in der Theaterpassage gewesen, nach wenigen Monaten war dort allerdings schon wieder Schluss. „Es gab leider zu wenig Nachfrage, also auch zu wenig Umsatz“, war damals seine Begründung.