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Das Gesicht der Polizei

Petra Taleiser ist eine von neun Riesaer Bürgerpolizisten. Die SZ hat sie auf Streife begleitet.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Dunkelblaue Hose, hellblaues Oberhemd, blaue Dienstmütze: Petra Taleiser ist von Kopf bis Fuß Ton in Ton gekleidet. Doch trotz Uniform ist die Riesaerin in ihrer Heimatstadt bekannt wie ein bunter Hund. Auf ihrem Streifengang über die Hauptstraße wird sie gefühlt von jedem Zweiten gegrüßt – von Geschäftsinhabern, die gerade Waren entgegennehmen, vom ebenfalls Blauhemd tragenden Mann vom Ordnungsamt, von Passanten mit Einkaufstüten. Manchmal ist es nur ein freundliches Kopfnicken, manchmal ein kurzer Wortwechsel. Kein Wunder: Seit 20 Jahren ist Petra Taleiser Bürgerpolizistin und damit fast täglich in Riesa im Einsatz.

Während ihre Kollegen im Streifendienst mit den blau-silbernen Dienstwagen von Einsatz zu Einsatz fahren, ist die 54-Jährige meist zu Fuß unterwegs. Das ist Absicht: Eine Hauptaufgabe der insgesamt neun Bürgerpolizisten im Riesaer Revier ist die „Kontaktpflege mit der Bevölkerung und den Stadt- und Gemeindeverwaltungen“, so formuliert es Revierleiter Hermann Braunger. Und so führt der erste Gang die Beamtin vom Revier aus meist ins Rathaus zu den Kollegen im Bürgeramt: Wo gibt es Schwierigkeiten? Wo sind welche zu erwarten?

Mit Ladeninhabern an der Hauptstraße oder in der Elbgalerie unterhält sie sich, ob es Ärger mit Ladendieben gibt. Bei Autofahrern legt sie Wert darauf, dass sie keine Feuerwehrzufahrten zuparken. Bei Hundehaltern, dass sie den Dreck der Tiere wegräumen. Am Zebrastreifen achtet sie darauf, dass Fahrradfahrer absteigen. Wer sich vorbildlich verhält, bekommt auch gern mal ein Lob. „Es geht darum, dass sich die Leute an Regeln halten“, sagt Petra Taleiser. Die Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit – auch so eine Aufgabe der Bürgerpolizisten. Das ist nicht erst ein Thema, seit die CDU im Juni im Stadtrat einen Antrag zur „Erhöhung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Riesa“ gestellt hat. Darin ging es unter anderem um zusätzliche Kräfte für die Sächsische Sicherheitswacht. – Konsens dagegen war im Stadtrat, dass man eigentlich mehr „echte“ Polizisten brauche. Solche wie Petra Taleiser. Während die ehrenamtlichen Helfer der Sicherheitswacht kaum besondere Rechte haben, sind die Bürgerpolizisten ausgebildet und ausgerüstet wie jeder Kollege im Streifendienst. Nur der Schlagstock fehlt Petra Taleiser, Pistole, Pfefferspray, Handschellen dagegen hat sie dabei – und natürlich ein Funkgerät.

Manchmal allerdings muss die Bürgerpolizistin auch Akten mit sich führen: Oftmals dann, wenn ein Auto aus Riesa etwa in Brandenburg geblitzt oder in Bayern auf der Autobahn als Drängler in eine Abstandsmessung geraten ist. Dann bekommen die Halter Post mit einem Fahrerfoto. Bezahlen sie, ist alles gut. Ignorieren sie das Schreiben, wird das zum Fall von Petra Taleiser. „Wir unterstützen unsere Kollegen bei Ermittlungsaufgaben“, sagt die Riesaerin. Mit dem Foto des Autofahrers geht sie in die Rathaus-Meldestelle. Kann die Person von Geschlecht und Alter her der geblitzte Autofahrer sein? Oder passt es eher auf Geschwister, Sohn oder Tochter? Damit konfrontieren die Polizisten den Fahrzeughalter – und wenn das nicht klappt, auch die Nachbarn oder den Arbeitgeber. Allerdings nur, wenn es nicht anders geht: Schließlich sorgt das schnell für Gerede, wenn die Polizei nach jemandem sucht.

Ertappte Raser oder Drängler sollen jedenfalls nicht ohne Strafe ausgehen – und am besten auch keine Leute, die eine Fahrerflucht begehen. Ermittlungen bei Parkplatzremplern am Riesapark oder umgefahrene Poller beschäftigen die Bürgerpolizisten ebenso. Da werden Fotos gemacht, Zeugen befragt, Überwachungsvideos ausgewertet. Der Einsatz soll den Kriminaldienst entlasten – damit sich die Spezialisten auf andere Fälle konzentrieren können. Bei Absicherungen von Veranstaltungen wie im Umfeld des NPD-Wahlkampfauftakts kann man unterstützende Bürgerpolizisten genauso treffen wie bei Streifen am Puschkinplatz oder Durchsuchungen in Asylbewerberunterkünften.

Nur der nächtliche Schichtdienst bleibt den neun Beamten erspart. Darüber ist Petra Taleiser nach fast 30 Jahren bei der Polizei auch froh: 1988 hatte sie in Riesa als Polizistin angefangen, damals beim Betriebsschutz der Volkspolizei: Der kümmerte sich etwa darum, dass im Reifenwerk nicht geraucht wurde – und nicht zu viel aus der Produktion verschwand. Später wechselte die Riesaerin in den normalen Streifendienst. Heute ist die Polizeihauptmeisterin meist zu Fuß in der Stadt anzutreffen. Eine Aufgabe blieb über die Jahrzehnte gleich: „Die Leute sollen sich sicher in Riesa fühlen.“