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Geheimnisvolles Mittelalter-Holz

Mit Röntgenscanner untersuchen Wissenschaftler Dippoldiswalder Altbergbaufunde. Davon hat sogar die Klimaforschung etwas.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Die Dippser Stadtgeschichte und die Bergbaugeschichte profitieren von den seltenen Funden, die in Dippoldiswalde unter Tage gemacht wurden. Das leuchtet jedem ein. Aber eine ganz andere Forschungsrichtung kann aus diesen Funden auch Nutzen ziehen: die Klimaforschung.

Denn die Hölzer bieten Informationen, die sonst nicht zu bekommen sind. Johann Friedrich Tolksdorf vom Landesamt für Archäologie erklärt, warum die Dippser Hölzer für die Wissenschaft besonders interessant sind. Sie tragen Informationen aus früheren Jahrhunderten, als es noch keine moderne Wetteraufzeichnung gab. Diese reicht rund 200 Jahre zurück. Die Dippser Hölzer sind vor 800 Jahren gewachsen. Manche Klimaveränderungen zeigen sich aber erst in Zeiträumen von mehreren Jahrhunderten. Das lesen die Wissenschaftler aus den Veränderungen der Jahresringe ab. Solche Klimaveränderungen zu erkennen, hilft uns auch zu verstehen, was wir in der Zukunft zu erwarten haben. Dabei untersuchen die Forscher auch, ob es Jahre gab, in denen es den Bäumen sehr schlecht ging. Das ist dann an sehr dünnen Jahresringen zu erkennen. Für solche Auswertungen gibt es Spezialisten in dendrochronologischen Labors, wie Thorsten Westphal und Karl-Uwe Heußner, welche die Dippoldiswalder Hölzer analysieren. Bei dieser Forschung arbeitet das Sächsische Landesamt für Archäologie jetzt mit der Universität Greifswald, dem Zentrum für Archäometrie mit Sitz in Mannheim und dem Deutschen Archäologischen Institut in Berlin zusammen.

Bei den derzeitigen Untersuchungen wird zum ersten Mal auch die Dichte des Spätholzes gemessen. Das ist der äußere Teil der Jahresringe, der sich zwischen Juni und August bildet. Die Dichte hängt sehr stark von den Temperaturen in dieser Jahreszeit ab. Bisher haben die Wissenschaftler nur die ganzen Jahresringe betrachtet und so erfahren, wie das gesamte Jahr für den Baum war. Mit der neuen Analyse des Spätholzes können die Wissenschaftler erkunden, wie warm oder kalt die Sommer im Mittelalter im Osterzgebirge gewesen sind.

Seltener Glücksfall in Dipps

Für diese Untersuchungen setzt Tobias Scharnweber an der Universität Greifswald einen sogenannten Itrax-Multiscanner ein. Der kann die Hölzer mithilfe von Röntgenstrahlen durchleuchten und sie bis auf einen Fünftelmillimeter genau untersuchen. Davon erwarten sich die Wissenschaftler einen Baustein für die Klimageschichte im Mittelalter, sagt Jitka Hrickova von Archaeomontan. Dieses internationale Wissenschaftsprojekt wird zum großen Teil von der Europäischen Union finanziert und untersucht parallel die Bergbaugeschichte im böhmischen und im sächsischen Erzgebirge. Für die Forscher ist es ein seltener Glücksfall, dass die alten Hölzer in Dippoldiswalde überhaupt so lange erhalten geblieben sind. Normalerweise verfault Holz im Boden sehr schnell. In Dipps blieb viel erhalten, weil es unter Wasser lag. Hier erwarten die Wissenschaftler Erkenntnisse, warum genau sich das Holz so gut erhalten hat. Außerdem wollen sie verstehen, wie sich die Bedingungen in den Dippoldiswalder Gruben entwickelt haben, nachdem sie aufgegeben wurden.

Die Archäologen werden auch untersuchen, welche Stoffe die Hölzer über die Jahrhunderte womöglich aufgenommen haben. Damit können sie bei der Konservierung der seltenen Stücke gezielter vorgehen und diese besser erhalten. Das wird späteren Generationen zugutekommen, wenn diese die Zeitzeugen aus dem alten Dippoldiswalder Bergbau auch in vielen Jahren noch analysieren können.