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Das falsche Grün

Bei der Sanierung der Kunnersdorfer Kirche bekam auch die Uhr einen neuen Anstrich. Die Farbe gefällt nicht jedem.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Constanze Junghanß

Kulturdenkmale werden in der Regel von den strengen Augen der Unteren Denkmalschutzbehörde unter die Lupe genommen. Vor allem, wenn Sanierungsarbeiten anstehen. Die Liste an Maßnahmen, die genehmigungspflichtig sind, ist lang. Wie die Fenster oder Türen ausgewechselt, Dächer gedeckt, Wärmedämmung angebracht und viele andere Dinge mehr gemacht werden dürfen, entscheidet die Behörde. Das soll letztendlich das historisch wertvolle Bild unterstreichen. Schließlich geht es darum, Geschichte zu bewahren und zu erhalten. Nur ist das manchmal schwer möglich. Dafür ist die frisch sanierte Kunnersdorfer Kirche in Schöpstal ein Beispiel. Die Fassade vom Gotteshaus strahlt in weit leuchtendem Gelbton. Der 42 Meter hohe Kirchturm ist neu eingedeckt worden und ebenso das Dach vom Kirchenschiff. Dafür flossen Fördermittel aus dem Sonderprogramm Denkmalpflege des sächsischen Freistaats in Höhe von fast 125 000 Euro. Auch die Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz unterstützte das Projekt mit 30 000 Euro. Dazu kamen 20 000 Euro vom Kirchenkreis und Spendengelder.

Im Zuge der Sanierungsarbeiten bekam auch die Kirchturmuhr einen frischen Anstrich. Ein kräftiges Grün mit magentafarbener Umrandung ist jetzt zu sehen. Im Sommer waren die Bauarbeiten erledigt. Das Gerüst wurde abgebaut. Doch irgendetwas schien anders als zuvor. Das fiel zumindest Renate Gühne auf. Die Kunnersdorferin ist Restauratorin mit entsprechend geschärftem und fachmännischen Blick. Und sie stellte fest: „Der neue Grünton auf der Uhr ist der Falsche.“ Nun liegt Renate Gühne der kirchliche Zeitmesser besonders am Herzen.

Anfang der neunziger Jahre legte sie da nämlich selbst Hand und Pinsel an. Das war im Zusammenhang mit den ersten Dachsanierungsarbeiten 1991, bei denen die Uhr gemalert wurde. Nach entsprechenden Untersuchungen mischte die Restauratorin damals in ihrer Schöpstaler Werkstatt die Farbe, die nach ihren Erkenntnissen eine Art graugrüne Kolorierung gewesen ist. Die neue magentafarbene Umrandung sei in seinem Ursprung ein Himbeerrot gewesen. „Zur Entstehung der Uhr passt die nun verwendete Farbe nicht“, lautet ihre Einschätzung. Doch wie kann es passieren, dass bei einem historischen Gebäude wie einer Kirche nicht der Denkmalschutz ganz genau drauf schaut?

Ein böser Wille jedenfalls steckt von keiner der Seiten dahinter. „Wir haben bei der Denkmalpflege im Vorfeld angefragt, ob für die Uhr eine sogenannte Farbtonkarte vorhanden ist“, erklärt Falk Babick, der beauftragte Bauingenieur. Eine solche gab es nicht. Unterlagen waren nicht vorhanden. Das bestätigt Friederike Vialon-Rüdrich, Mitarbeiterin von der Unteren Denkmalschutzbehörde mit Sitz in Niesky, der SZ. Und so führte ein Maler die Befunduntersuchung für die Uhr durch, um anhand der entsprechenden alten Pigmente die richtige Farbwahl zu treffen. Das ist nicht unüblich. Auch Renate Gühne hatte damals für ihre Restaurierung einen Maler zur Farbprüfung hinzugezogen. Nur kamen beide Maler offensichtlich auf unterschiedliche Ergebnisse. Frau Gühne meldete sich mit ihren Bedenken hinsichtlich des ziemlich modern ausgefallenen Farbtons bei der Behörde und gab dieser ihre eigenen Farbangaben durch. Erst jetzt konnte die Denkmalpflege darauf zurück greifen. „Wir wurden daraufhin angefragt, ob man die Farbe an der Uhr noch ändern kann“, schildert Falk Babick die Situation. Das Problem dabei: Die güldenen Ziffern der Uhr waren bereits gestrichen. Und jetzt ist es sowieso zu spät. Das kostenintensive Baugerüst wurde längst abgebaut. Und ohne Gerüst ist an die Uhr kein Herankommen möglich.

Friederike Vialon-Rüdrich sagt auch, dass der neue Anstrich vermutlich nicht der richtige Farbton sein. Allerdings habe die Behörde Spielräume. „Die Farbe, die nun auf der Uhr ist, ist trotzdem geeignet“, sagt sie. Denn das Farbspektrum sei passend. Falk Babick denkt, dass die neuen Farben so oder so mit der Zeit verblassen werden. Beschwerden hinsichtlich der Farbe landeten bisher nicht auf seinem Tisch. Und auch beim Schöpstaler Bürgermeister Bernd Kalkbrenner sowie dem Gemeinderat sind keine kritischen Stimmen zur grünen Uhr laut geworden.