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Das Experiment

Der Lachs kehrt in die Pulsnitz zurück. Allerdings bisher selten freiwillig.

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© René Plaul

Von Nicole Preuß

Königsbrück. Die Lachse kommen in vier großen Bottichen auf einem Pickup. Die Fischzucht Ermisch aus Neustadt hat sie in den vergangenen sechs Monaten aufgezogen, nun sollen sie in die Freiheit entlassen werden. Es ist kalt an diesem Vormittag am Königsbrücker Grünmetzweg an der Pulsnitz. Die Anglerverbände Elbflorenz und Brandenburg setzen 15 000 Lachse in den beiden Bundesländern in den Fluss. Die Brücke in Königsbrück ist eine Einsatzstelle.

Die Fische sind noch vergleichsweise klein. Ein Lachs kann bis zu einem Meter lang werden.
Die Fische sind noch vergleichsweise klein. Ein Lachs kann bis zu einem Meter lang werden. © René Plaul
Die Fische werden an verschiedenen Stellen in die Pulsnitz gesetzt. Deshalb müssen sie verladen werden.
Die Fische werden an verschiedenen Stellen in die Pulsnitz gesetzt. Deshalb müssen sie verladen werden. © René Plaul

Die sieben bis acht Zentimeter kurzen Fische sollen in den nächsten anderthalb Jahren in der Region wachsen, dann in den Atlantik schwimmen und schließlich in drei bis vier Jahren als erwachsene Fische wieder zurückkehren, um in der Pulsnitz zu laichen. „Ziel ist, dass sich ein selbst erhaltender Lachsbestand etabliert“, sagt Fabian Völker von der Fischereibehörde des Freistaats Sachsen. Der Lachs soll in der Pulsnitz wieder heimisch werden, nachdem er jahrzehntelang in Sachsen verschollen war. 2004 startete das Projekt im Brandenburger Teil der Pulsnitz, 2006 wurde es auf Sachsen ausgedehnt. Der Landesanglerverband Brandenburg setzte jedes Jahr Lachse in den Fluss, auch auf sächsischer Seite. Trotzdem kam es bisher, soweit man nachvollziehen kann, anscheinend nicht vor, dass ein solcher Fisch zum Laichen nach Sachsen zurückkehrte.

Der Mitarbeiter der Fischzucht Ermisch stellt eine Waage auf. Es wird genau abgemessen, wie viele Fische ins Wasser kommen. Vier Teams werden die verschiedenen, festgelegten Punkte anfahren. Lange stimmte die Qualität des Wassers in der Pulsnitz nicht für den Lachs. Nun gibt es noch Schwierigkeiten, weil die Pulsnitz einige Barrieren hat, über die die Fische bei ihrer Rückkehr nicht springen können, sagen die Fachleute. Eine dieser Barrieren war das traditionsreiche Wehr an der Grünmetzmühle, das in diesem Jahr gegen den Willen vieler Königsbrücker abgerissen wurde. Eine Barriere war auch die alte Panzerkettenbrücke auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz, die es nun auch nicht mehr gibt. Der Abriss der beiden Barrieren macht es theoretisch in diesem Jahr zum ersten Mal möglich, dass Lachse zum Laichen bis in die Region aufsteigen können. Deshalb beteiligt sich auch der Anglerverband Elbflorenz zum ersten Mal in größerem Maß finanziell an der Aktion.

Fische gewogen

Es gibt aber auch in Sachsen in der Pulsnitz noch Barrieren. Das Wehr an der Gräfenhainer Mühle ist so ein Beispiel. „Da kommen die Lachse nicht weiter“, sagt der Gräfenhainer Angler und Ortsvorsteher Wolfgang Wächter. Doch die Verantwortlichen wären schon froh, wenn die Tiere auf der Suche nach einem Laichplatz bis dorthin kommen würden.

Der Mitarbeiter der Fischzucht hat die Fische gewogen. 4,5 Kilogramm kommen am Grünmetzmühlenweg ins Wasser. Das wäre eine gute Mahlzeit. Doch diese Fischchen müssen noch wachsen. Lachse können gut einen Meter lang werden, erst vor Kurzem wurde ein Rekordfisch mit 1,41 Meter Länge gefangen. Doch solche Fische angelt man vor allem im Meer. Die Fänge in der Pulsnitz oder der Schwarzen Elster, die noch im 18. und 19. Jahrhundert einen wichtigen Einnahmezweig in der Region ausmachten, kann man heute an einer Hand abzählen. 2007 fing man schon mal einen Rückkehrer am Wehr bei Elsterwerda und 2008 drei bei Lindenau. Die übrigen Lachse sichtete man in der Schwarzen Elster, in welche die Pulsnitz mündet.

Ein Monitoring soll helfen, den Erfolg des Projekts einzuschätzen. Doch einen Lachs einfach so im Wasser zu entdecken, ist schwierig. Die Tiere tarnen sich gut und sind von den bemoosten Steinen im Wasser kaum zu unterscheiden. Die Mitarbeiter der Fischereibehörde wollen daher mit der Hilfe der Angler versuchen, den Erfolg anhand der Laichnester zu erkennen. Dafür wühlen die Lachse die Flusssohle auf anderthalb bis zwei Metern auf. „Das sind dann helle Flecken auf dunklem Kies“, sagt Fabian Völker. Die Fischereibehörde hat vor, gefundene Fischgelege im Frühjahr zudem zu beproben. So lasse sich feststellen, ob es sich dabei um den Laich von Lachs oder sogar Meeresforellen handelt.

Nur ein Bruchteil kehrt zurück

Die Angler lassen sich die Aktion einiges kosten. 7 000 bis 8 000 Euro zahlen sie für die Setzlachse. Die Angler hoffen, dass sich das irgendwann rentiert. Sie haben das Fischereirecht für die Pulsnitz gepachtet, die Mitglieder der zugehörigen Anglervereine können damit dort angeln. Es ist aber auch erwiesen, dass nur ein Bruchteil der Lachse überhaupt zum Laichen zu ihrer Kinderstube zurückkehrt. Peter Kluß vom sächsischen Anglerverband Elbflorenz hat sich die Wathosen übergestreift, einige Helfer tragen Bottich und Eimer zur Pulsnitz. Vorsichtig wird der schwere Behälter im Wasser gekippt. Fotoapparate klicken. Doch die braun geschipperten Fischchen sind im Wasser schon gar nicht mehr zu sehen. Auf Wiedersehen zur Laichzeit.