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Das Ende einer Ära

Mit Harry Hauck geht jetzt ein wirkliches politisches Urgestein aus Radeberg in Ruhestand.

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© Willem Darrelmann

Von Jens Fritzsche

Großerkmannsdorf. Angedeutet hatte er es ja schon vor der jüngsten Kommunalwahl. Im Frühjahr 2014. Und eigentlich wollte er ja damals auch gar nicht noch mal antreten. Doch er ließ sich überreden und holte in seinem Heimatort mehr als jede zweite mögliche Wählerstimme. Harry Hauck übernahm erneut als Ortsvorsteher die Verantwortung für den Radeberger Ortsteil Großerkmannsdorf – wo er seit 1994 ununterbrochen zunächst Bürgermeister und nach der Eingemeindung 1998 Ortsvorsteher war.

Der moderne Schulanbau in Großerkmannsdorf. Auf den ist Harry Hauck besonders stolz – und der Anbau wird gebraucht.
Der moderne Schulanbau in Großerkmannsdorf. Auf den ist Harry Hauck besonders stolz – und der Anbau wird gebraucht. © Willem Darrelmann
Auch als Hexe beim Hexenfeuer war Harry Hauck viele Jahre unterwegs.
Auch als Hexe beim Hexenfeuer war Harry Hauck viele Jahre unterwegs. © Willem Darrelmann
Großerkmannsdorfs Riesenzelt: aus der alten Schule wurde nach umfassendem Bau das neue Dorfgemeinschaftshaus.
Großerkmannsdorfs Riesenzelt: aus der alten Schule wurde nach umfassendem Bau das neue Dorfgemeinschaftshaus. © Willem Darrelmann

Aber jetzt ist tatsächlich Schluss. Wobei sich wohl niemand im Radeberger Land die politische Bühne ohne Harry Hauck so richtig vorstellen kann. Auch er selbst muss sich wohl erst noch an den Gedanken gewöhnen. „Diese Mitteilung schreibe ich mit etwas Wehmut“, gab Harry Hauck jüngst seine Entscheidung aufzuhören in einem offenen Brief bekannt. Ab Januar wird er all seine politischen Ämter abgeben. Aus gesundheitlichen, „aber vor allem aus Altersgründen“, sagt er.

32 Jahre Kommunalpolitik

Und es ist tatsächlich eine Ära, die damit zu Ende geht. Nicht nur, weil es 32 Jahre sind, die Harry Hauck als Politiker der Freien Wähler auf dem sprichwörtlichen Buckel hat. Er war stets ein streitbarer, aber immer geradliniger Kommunalpolitiker. Ein Blatt vor den Mund zu nehmen, ist für ihn falsch verstandene Diplomatie. „Die Leute müssen wissen, woran sie sind“, machte er regelmäßig klar. Und so scheute er sich vor einigen Jahren auch nicht, im zwischen Großerkmannsdorf und dem benachbarten Ullersdorf tobenden Streit um den Grundschulstandort in einer Einwohnerersammlung im voll besetzten Saal in Ullersdorf aufzustehen und kantig seine Großerkmannsdorfer Sicht klarzustellen. Im Nachgang löste sich der Streit: Ullersdorf behielt die Grundschule – und in Großerkmannsdorf wuchs eine freie evangelische Schule. Und auch der Radeberger OB musste sich von Harry Hauck regelmäßig sagen lassen, dass es ihn nicht wirklich begeistert, dass Großerkmannsdorf nicht wachsen dürfe. Ein neues, großes Wohngebiet, das schwebte Harry Hauck noch vor. Denn der Ortsteil ist bei Bauwilligen derart begehrt, dass schon im Juni 2015 die letzten noch freien 416 Quadratmeter Bauland im Wohngebiet am Heiderand verkauft worden waren. Und auch jede noch mögliche Baulücke ist vergeben. Was natürlich für die Attraktivität Großerkmannsdorfs spricht – und auch dafür, dass Harry Hauck gemeinsam mit seinen Mitstreitern durchaus eine Menge richtig gemacht hat.

Weichen für Sportkomplex gestellt

Erst vor wenigen Monaten stellte er im Ortschaftsrat die Weiche in Richtung eines neuen Sportkomplexes in Großerkmannsdorf, zuvor konnte ein millionenschweres neues Feuerwehrgerätehaus eingeweiht werden – und nicht zuletzt ist aus dem lange Jahre hässlichsten Haus des Ortsteils ein schmuckes Dorfgemeinschaftshaus mit neuer Heimatstube geworden. Harry Hauck hat – durchaus gegen einige Widerstände – auch das Förderprogramm historische Ortsmitte mit auf den Weg gebracht, mit dem unter anderem der neu gestaltete Pfarrer-Weineck-Platz geschaffen werden konnte. Und auch vermeintliche Kleinigkeiten, wie der nervige Dauerstreit um den passenden Standort für die Altpapier-Container, konnten letztlich beigelegt werden.

„Aber ohne das Mitziehen der Großerkmannsdorfer, der Vereine, der Stadt Radeberg geht nichts“, lautete Harry Haucks Credo stets. Und sie zogen mit. Als jüngst das Brückenfest als neues Sommer-Event ins Leben gerufen wurde zum Beispiel oder bei der nun schon zur kleinen Tradition gewordenen Dorfweihnacht. Nicht zuletzt schafften es die Großerkmannsdorfer vor einiger Zeit auch, die Pläne für einen riesigen Funkmast vom Tisch zu bekommen.

Knifflige Pointen

Harry Hauck und die Vereine, in einem Buch über ihn, müsste das unbedingt ein eigenes Kapitel werden. Immerhin 19 Jahre lang stand er beim Großerkmannsdorfer Karneval auf der Bühne. „Und da waren manchmal auch knifflige Pointen dabei“, denkt er zurück. Knifflig, ein Wort, das passt. Denn für Kniffliges war Harry Hauck auch in seinem Leben abseits der Politik verantwortlich. Als gelernter Mechaniker begann er in den damaligen Rafena-Werken in Radeberg, wurde später Produktionsplaner und Technologe. „Dann wollte ich studieren, durfte aber zunächst nicht, weil ich mich nicht freiwillig zur Armee gemeldet habe.“ Also nahm er den Umweg übers Abendstudium an der Ingenieurschule Mittweida, wurde 1972 Konstrukteur für Betriebs- und Rationalisierungsmittel und wechselte 1977 ins Forschungszentrum Rossendorf. In den Wendewirren nahm er ein Ingenieurstudium an der TU Dresden auf, hat seit 1994 den Abschluss als Diplom-Ingenieur für Feinwerktechnik in der Tasche. Auch, wenn er den dann nicht mehr brauchte – denn im selben Jahr wurde aus Harry Hauck hauptberuflicher Politiker: Großerkmannsdorfs Bürgermeister.

Er biss sich durch. Und selbst ein Fischotter konnte Harry Hauck nicht erschüttern, der gleich neben seinem Haus im zum Ortsteil gehörenden Kleinerkmannsdorf den Dorfteich leerfraß, sodass der Dorfteichverein – in dem Harry Hauck ebenfalls aktiv ist – das Abfischen absagen musste. Eine von vielen Anekdoten aus der Ära, die nun zu Ende geht. Auf ein Wort