Die momentan 10. Spielewochen im Elbsandsteingebirge sind eine gute Idee, sagt ein Spiel-Experte. Denn Spielen ist wichtig.
Teilen
Folgen
Carina Brestrich
Dippoldiswalde. Dieses Jahr kann es nur eine Glückszahl geben: die Nummer 10. So oft haben die Spielewochen schon kleine und große Fans ins Elbsandsteingebirge gelockt. Auch dieses Jahr wird in den Winterferien wieder gewürfelt, gereizt und geschmissen. Unter dem Motto „Hier spielt sich was ab!“ treffen sich vom 31. Januar bis 21. Februar zahlreiche einheimische und auswärtige Spielefans. Warum Spielen so wichtig ist und ob Brettspiele noch beliebt sind, darüber hat die SZ mit Dr. Thomas Markert gesprochen. Der Sozialpädagoge ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Wohlfahrtswissenschaften der TU Dresden.
Die Lieblingsspiele der SZ-Redakteure
Herr Markert, was spielen Sie als Spielexperte am liebsten?
Das kann ich gar nicht so eindeutig sagen. Ich besitze mehr als 50 Brettspiele. Jedes Jahr kommen um die drei dazu. Wir spielen in der Familie sehr viel. Und ich kann jedes Engagement, das Spielen fördert, nur begrüßen, so wie die Spielewochen.
Die Höhepunkte der Spielewochen
1. Deutscher Kartenspieltriathlon: Wer hat die besten Karten? Um diese Frage geht es am 21. Februar im Aktiv-Hotel in Pirna. Von 11 bis 17 Uhr treten dort die Gewinner der Qualifikationen im „Ligretto“, „Skull King“ und „Mensch ärgere dich nicht – das Kartenspiel“ an. Die Qualifikationen finden am 20. Februar von 17 bis 21 Uhr statt. An beiden können Zuschauer auch selbst eine Runde spiele. Eintritt (pro Tag): Erwachsene 1,50 Euro, Teilnahme am Turnier und Kinder kostenfrei.
2. Sächsische Meisterschaft im „Mensch ärgere dich nicht“: Etwa einhundert Spieler treten am 31. Januar, ab 10 Uhr, in der Marie-Curie-Oberschule in Dohna an. Schirmherr ist Kabarettist Uwe Steimle. Startgebühr für Erwachsene: 8 Euro.
„Das magische Labyrinth“ in Lebensgröße: Fans des beliebten Schiebespiels können im Irrgarten des Elbefreizeitlands in Königstein auf die Jagd gehen und knifflige Fragen beantworten. Termine: 5., 12. und 19. Februar, jeweils von 13 bis 18 Uhr. Eintritt (pro Tag): Erwachsene 1,50 Euro, Kinder frei.
Großer Spieletag mit Benjamin Blümchen: Spielspaß für die Kleinsten: Benjamin Blümchen kommt am 14. Februar ins Nationalparkzentrum nach Bad Schandau. Von 11 bis 16.30 Uhr können Kinder mit dem sprechenden Elefanten spielen. Bereits am Vortag können Besucher von 11 bis 16.30 Uhr mehr als 100 Brettspiele kennenlernen und ausprobieren. Höhepunkt des Tages ist ein Quiz zum Thema Nationalpark Sächsische Schweiz. Eintritt (pro Tag): Erwachsene 2 Euro, Kinder 1 Euro.
Großer Spiel- und Puzzletag: Alle, die Puzzle lieben, sind am 6. Februar im Hotel Erbgericht in Krippen richtig. Von 16 bis 20 Uhr gibt verschiedene Puzzle-Wettbewerbe für Kinder und Erwachsene. Spielerklärer zeigen die neusten Spiele der Firma Schmidt Spiele. Eintritt: Erwachsene 1,50 EUR, Kinder frei.
Carcassone-Fan-Treffen: Hinter den Mauern der Festung Königstein treffen sich am 7. Februar zahlreiche Fans des Legespiels. Spieler aus Deutschland, Tschechien und Polen kämpfen von 11 bis 16.30 Uhr um den Titel des Carcassonne-Meisters. Eintritt: Erwachsene 8 Euro, Kinder 6 Euro, Familien 21 Euro (inkl. Festungsbesuch).
Lesung mit dem Carcassone-Erfinder: Klaus-Jürgen Wrede liest am 6. Februar, um 14 Uhr, auf der Festung Königstein aus seinem ersten Thriller „Das Geheimnis des Genter Altars“. Die Geschichte basiert auf tatsächlichen Ereignissen und führt quer durch Europa. Eintritt: im regulären Festungseintritt enthalten: Erwachsene 8 Euro, Kinder 6 Euro, Familien 21 Euro.
Quelle: Tourismusverband Sächsische Schweiz
1 / 7
Spielen die Leute heute etwa weniger als früher?
Zahlen sind mir dazu keine bekannt. Grundsätzlich aber bin ich da optimistisch eingestellt. Ich glaube auch nicht, dass das Gesellschaftsspiel aussterben wird. Seine Idee hat sich nur weiterentwickelt.
Aber sind heute nicht der Fernseher, das Smartphone oder der Computer eine Bedrohung für die Runde „Mensch ärgere dich nicht“ am Küchentisch?
Nein, ich denke nicht. Es gibt Trends, die kommen und gehen, aber das Ursprüngliche, der Drang nach Geselligkeit, der bleibt. Und so lange Menschen zusammen sind, wird auch gespielt. Neulich erst war ich in einer Spielekneipe, die war rappelvoll. Außerdem beobachte ich, dass das Internet das klassische Gesellschaftsspiel erweitern und fördern kann. Das zeigen zum Beispiel mehrere Internetportale, in denen Brettspiele getestet und erklärt werden.
Und was ist mit den vielen Apps für Smartphones oder Tablets? Inzwischen gibt es da eine ganze Fülle.
Nehmen wir zum Beispiel die Leute, die in der S-Bahn die ganze Zeit mit ihrem Handy beschäftigt sind. Erstaunlich oft spielen diese Leute irgendwelche Spiele. In dem Moment nimmt die Rolle eines menschlichen Gegenübers nur eben ein Gerät ein. Mittlerweile gibt es auch Apps für Spiele, die es bisher nur als Brettspiel gab. Diese Spiele kann man jetzt über die Apps spielen, ohne an einen Ort gebunden zu sein. Manchmal sind die Geräte sogar vernetzt und es spielen Menschen zusammen, ohne am selben Ort zu sein.
Warum ist Spielen für uns so wichtig?
Im Alltag begegnen uns unzählige Spielarten. Verstecken, Theater oder Sport gehören beispielsweise auch dazu. Von Bedeutung ist vor allem eines: Was in der Spielewelt passiert, bleibt ohne Folgen für die Realität. Wenn ich etwa beim „Mensch ärgere dich nicht“ einen Kontrahenten rausschmeiße, dann ist das nicht schlimm. Deshalb bietet das Spielen viele Möglichkeiten, sich auszuprobieren.
Welche Wirkung haben denn Spiele?
Spielen heißt Lernen. Und es hat Folgen für die kognitiven, motorischen, aber auch sozialen Fähigkeiten. Man lernt beim Spielen sehr viel: Strategien auszuprobieren, Hierarchien zu verschieben, Regeln einzuhalten, Misserfolge einzustecken. Vieles davon nehmen wir gar nicht bewusst wahr. Ein Kind, das etwa einen Ball in die Luft wirft, spielt – und lernt ganz nebenbei die Folgen der Erdanziehung kennen.
Manchmal enden Spieleabende auch im Streit. Was macht denn ein schlechter Verlierer falsch?
Wir leben in einer leistungsbezogenen Gesellschaft, in der es ständig darum geht, Dinge zu entscheiden oder zu beeinflussen, und das möglichst ohne dabei Fehler zu machen. Wer spielt, der übernimmt eine Rolle und die versucht er bestmöglich auszufüllen. Wenn das nicht gelingt, dann führt das mitunter zu Frustration.
Haben Sie einen Tipp, was man dagegen tun kann?
Oft ist den Spielenden nicht bewusst, dass bei vielen Spielen auch Glück eine Rolle spielt. Und das kann man eben nicht beeinflussen. Welche Augenzahl der Würfel zeigt, ist in der Regel eine Sache des Zufalls. Vielleicht würde es dem ein oder anderen helfen, sich das vor Augen zu führen. Und das Schöne ist ja: Beim Spiel gibt es immer eine neue Chance – indem man einfach noch eine Runde spielt.
Was denken Sie als Pädagoge: Wird in der Schule zu wenig gespielt?
Die vorherrschende Meinung ist: Spielen kann jeder. Deshalb wird das Spielen leider noch zu wenig reflektiert. Und das wiederum hat zur Folge, dass die Spielpädagogik in der Lehrerausbildung leider noch zu wenig eine Rolle spielt. Dabei finden Kinder übers Spielen einen Zugang zu vielen Themen oder Lösungsansätzen. Ein Kind kann man über Spiele viel besser motivieren.