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Das Bilz-Monopol

Die Stadtbäder GmbH hat sich überraschend die Rechte gesichert und vermarktet den berühmten Naturheilkundler.

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© Arvid Müller

Von Ines Scholze-Luft

Radebeul. Dass da vorher noch niemand drauf gekommen ist. Eine Idee – so einfach wie genial. Warum nicht mit dem Namen eines bekannten Radebeulers Geld verdienen, sagte sich die Stadttochter Stadtbäder und Freizeitanlagen GmbH (Sbf). Wo doch Gesundes und Regionales jetzt so hoch im Kurs stehen. Kürzlich hat sich das Unternehmen die entsprechenden Rechte gesichert, vermarktet den Naturheiler und Lebensreformer nun unter dem Warenzeichen Bilz Naturheilanstalt Radebeul.

Da schaut Friedrich Eduard Bilz (Büste am Eingang des Lößnitzbads in Radebeul) ganz genau hin, wenn Stadtbäder-Geschäftsführer Titus Reime aktuelle und geplante Bilz-Produkte zeigt.
Da schaut Friedrich Eduard Bilz (Büste am Eingang des Lößnitzbads in Radebeul) ganz genau hin, wenn Stadtbäder-Geschäftsführer Titus Reime aktuelle und geplante Bilz-Produkte zeigt. © Arvid Müller

Zu Friedrich Eduard Bilz hat Titus Reime (38) ein ganz spezielles Verhältnis. Nicht erst, seit er neben Radebeuls Rechts- und Ordnungsamtsleiter Michael Karlshaus einer der beiden Sbf-Geschäftsführer ist. In Reimes Büro im Sportkomplex auf der Steinbachstraße ist der Naturheilkundler allgegenwärtig. Im Regal hinterm Schreibtisch steht sein wohl bekanntestes Werk: Das neue Naturheilverfahren. Das Buch begleitet Betriebswirt Reime seit Langem. Seit seiner Ausbildung, seinem ersten Job in der Medizin, bei den Johannitern, wie er erzählt. Sein Vater hatte ihm den vierbändigen Wälzer geschenkt.

Was den Geschäftsführer daran besonders fasziniert: die sehr anschauliche Darstellung der menschlichen Anatomie. Reime nimmt seinen Bilz gleich mal zur Hand, blättert in der altehrwürdigen Ausgabe, zeigt die Klappseiten mit Herz, Lunge und Leber. Bilz wissenschaftlich. Aber er war auch ein sehr geschickter Verkäufer und Vertriebler, sagt Reime, selbst Marketingfachmann. Arbeitete er doch vorm Job bei den Stadtbädern und zuvor im Rathaus als OB-Büroleiter für den Johanniter-Landesverband im Marketing.

Als er beim Amtsantritt im Sportstättenbetrieb wieder auf Bilz stieß, entstand die Vermarktungsidee. Aus mehr als einem Grund. Mit Bilzbad samt Wellenmaschine besitzen die Stadtbäder das einzige noch bestehende Objekt aus dem Schaffen des Naturheilkundlers, sagt Reime. Was zwar nichts an der finanziellen Lage des Sportstättenbetriebs ändert. Der ist ein Minusgeschäft. Doch Bilz könnte Abhilfe schaffen, so der Gedanke. Wenn es gelingt, die Marke zu beleben. Mit entsprechenden Artikeln. Die Kneipp-Produzenten machen es vor, so Reime.

Auf dem Tisch in seinem Büro liegen Handtuch, Einkaufsbeutel, Handyschale, Tasse und Teepackung: Hier ist Bilz. Im Kräutertee – 70 Gramm für 4,99 Euro – sind Melisse, Zitronengras, Apfelstücke, Orangenschalen. Dazu Ringelblumenblütenblätter, blaue Malvenblüten, weitere pflanzliche Zutaten. Die erste Charge ist durch. Inzwischen gibt es den Tee in Lößnitzstadion und Krokofit, in den Freibädern mit Saisonstart ab 15. Mai. Auf der Vermarkter-Homepage ist er online zu haben.

Die Stadtbäder verantworten den Vertrieb, das Radebeuler Kräuterhaus Wolf das Abfüllen – dort wird der Tee ebenfalls verkauft. Aus Radebeul für Radebeul, sagt Reime. Die Etiketten, abgeleitet von der legendären Bilz-Nymphe, stammen von der Radebeuler Werbefirma Firma Machwerk.

Reime selbst verteilt die Ware für den Verkauf. Noch lässt sich das beherrschen, sagt er. Mit größerem Angebot – so für den Verkauf des geplanten veganen Aufstrichs –, sind weitere Vertriebsstellen nötig, vielleicht auch Rewe. Das entwickelt sich, sagt Reime. Er setzt auf ausreichend Vorlauf, um die Marke zu etablieren. Natürlich seien kleine Mengen wie derzeit noch nicht lukrativ. Immerhin müssen auch Produktentwicklung und Produktion finanziert werden. Nur Hochwertiges soll auf den Markt, ökologisch, Bilz’ Ansprüchen angemessen. Da wird nichts übers Knie gebrochen. Auch nicht beim Badezusatz auf Latschenkieferbasis, der im September fertig sein soll. Wie die Schokolade mit Meersalz. Lößnitzbier und Bilzbrot sind schon im Gespräch.

Das Ziel: Die Marke sachsenweit zu etablieren. Die Erträge fließen direkt in die Stadtbäder. Speziell ins Bilzbad. Das braucht nämlich jährlich mindestens eine höhere fünfstellige Summe als Zuschuss.

Doch ohne die Urkunde mit der Nummer 302015060945 vom Patent- und Markenamt München wäre das alles nicht möglich. Sie schützt die Erzeugnisse der Bilz Naturheilanstalt Radebeul von Nahrungsmitteln bis zu Dienstleistungen.

Reimes Pläne reichen noch weiter. Er denkt auch an Autoaufkleber als Werbung für die Marke. An eine Tomatensuppe nach Bilz in Restaurants der Stadt. Und daran, die Außenseite des Bilzbads herzurichten.