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Das besondere Wartburg-Treffen

Steffen Lange und seine Freunde haben ihre Autos 1990 vor der Horkaer Gaststätte postiert. Für Erinnerungsfotos und wegen einer witzigen Idee.

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Von Katja Schlenker

Da werden Erinnerungen wach. Als Steffen Lange den Artikel über die ehemalige Gaststätte Wartburg am Horkaer Güterbahnhof in der SZ liest. „Da bin ich sofort in den Keller runter und habe das Fotoalbum geholt“, sagt er. Denn nicht nur die Biehainerin Erika Mühle, welche die Gaststätte dreißig Jahre lang geleitet hat, verbindet viele Erinnerungen mit dem Gebäude. Vor 25 Jahren haben Steffen Lange und seine beiden Kumpel Harald Kosubek und Thomas Scholz unzählige Bilder an der beliebten Gaststätte gemacht.

Die war damals, im Jahre 1990, schon geschlossen. Aber das Schild mit dem Schriftzug „Wartburg“ und den Symbolen des Konsums stand noch immer davor. Die Idee, dass Wartburg auf Wartburg trifft, fanden die Drei damals cool. Also fuhren sie von Niesky nach Horka und machten ein Photo-Shooting fürs Privatalbum. Da wurden die Autos in Pose gestellt – manchmal mit, manchmal ohne die jungen Kerle. Und los ging die Knipserei. Heute füllen die Bilder fast ein ganzes Album.

Mit der Wende hatte sich Steffen Lange den Wartburg 312 gekauft. Der wurde von 1965 bis 1967 im Automobilwerk Eisenach hergestellt. Das wurde mit der politischen Wende ebenso wie die Gaststätte in Horka geschlossen. Das 312er Modell war ein Zwischentyp zwischen dem Vorgängermodell Wartburg 311 und dem neuen Baumuster 353. „Als Oldtimer ist der Typ 312 beliebt, da er die klassische Karosserie des Wartburg 311 mit dem schraubengefederten, wartungsfreien Fahrwerk des Nachfolgertyps 353 verbindet“, ist im Internetlexikon Wikipedia nachzulesen. 35 868 Fahrzeuge dieses Typs wurden hergestellt. Heute ist der Wartburg eher selten. Nur noch 134 Modelle sind auf den Straßen des Landkreises Görlitz unterwegs. Zum Vergleich: Trabant-Modelle fahren im vorigen Jahr noch 701 durch die Region.

Beide sind noch heute Liebhabermodelle bei den Autofahrern. Um die 500 DDR-Mark bezahlte Steffen Lange für seinen Wartburg 312. Er wollte ihn damals unbedingt haben. Das Modell erinnerte den Nieskyer an das Auto seiner Großeltern. Beide Modelle sahen sich sehr ähnlich. „Da konnte ich nicht Nein sagen“, erklärt Steffen Lange. Stattdessen erlebte er allerhand mit dem Wartburg. Kurze Zeit nach der politischen Wende trat Steffen Lange seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr an. Dafür musste er ins fast 200 Kilometer entfernte Berlin fahren. Aber auch das ging einwandfrei mit dem dreißig Jahre alten Wartburg. Ebenso fuhr das Auto seinen Besitzer brav zum Trabi-Treffen in der Nähe von Jena.

Nur einmal sorgte der Wartburg für Probleme. Mitten auf der Tour kam Steffen Lange plötzlich die Motorhaube entgegen. Die war nicht richtig eingerastet, weil der Schlossträger vorne am Auto fehlte. Das hätte böse ausgehen können. Ging es aber nicht. „Sonst ist alles gut gelaufen“, meint der Besitzer rückblickend. Schließlich gibt Steffen Lange das Schmuckstück an seine damalige Freundin in Uhyst ab. Sie ist weiter mit dem Wartburg gefahren. Bis nach Leipzig zur Uni.